Working Mum
der Hacke um, gehe zu meinem Schreibtisch, ziehe die Jacke mit Fleck aus und stopfe sie in die unterste Schublade. Unglaublicher Krach vor dem Fenster. Auf dem Sims haben die Tauben beschlossen, zusammenzuziehen. Das Männchen sitzt mit einem Zweig im Schnabel da und sieht ein bisschen töricht aus. Den Gesichtsausdruck erkenne ich wieder. So guckt Richard, wenn ich ein flaches Paket Regalbretter zur Selbstmontage mit nach Hause bringe. Das Weibchen ist indessen emsig damit beschäftigt, einen Haufen kleiner Stöckchen zu einer Art tellergroßem Floß zusammenzubauen. Na klasse, jetzt bauen sie ein Nest.
«Guy, haben Sie der Firma mit dem Habicht-Mann Bescheid gesagt? Die verdammten Tauben machen hier eine Zucht auf.»
Mit dem Handspiegel suche ich meinen Hals nach Benbissen ab – nein, alles klar. Dann stolziere ich cool in eine Konferenz mit Robin Cooper-Clark und anderen Führungskräften und beginne mit meiner Präsentation. Es läuft bemerkenswert gut. Alle Augen kleben an mir, besonders die von dem Scheißkerl Chris Bunce. Offenbar fange ich an, ernsthaft Eindruck zu machen. Die Taktik, sich wie ein Mann zu verhalten, nie ein Wort über die Kinder zu verlieren und so weiter, macht sich wirklich bezahlt.
Als ich vom Dia zum Overheadprojektor wechsele, fällt mir plötzlich ein, dass ich die einzige Person im Raum bin, die keinen Penis hat. Kein guter Gedanke im Augenblick, Kate. Können wir es vielleicht unterlassen, in einer Versammlung von siebzehn Männern an Schwänze zu denken? Aber, wo wir gerade beim Thema sind: Müssen die mich eigentlich so intensiv anstarren? Schaue an mir runter. Trage unter weißer Seidenbluse roten Agent-Provocateur-Halbschalen-BH, den ich um 4 Uhr 30 im Halbdunkel aus der Kommode gezogen habe. Guter Gott, ich sehe aus wie Pamela Anderson bei den Oscars.
11.37: Sitze im Damenklo, die Wange gegen die Kabinenwand gedrückt, um die brennende Röte zu lindern. In schwarzem Marmor gefließt und mit weißen Sternen gesprenkelt, ist die Wand wie eine Karte des Universums. Ich fühle mich, als ob ich in den Weltraum hinausgesaugt werde, und ich habe ganz und gar nichts dagegen. Wie traumhaft, für ein paar Millionen Jahre in einem Schwarzen Loch zu verschwinden, bis die Erinnerung an die öffentliche Demütigung verblasst ist. Früher habe ich hier drinnen geraucht, wenn es nicht mehr auszuhalten war, seit ich aufgehört habe, singe ich leise: «I am strong. I am invincible. I am Wo-man.»
Das ist ein Helen-Reddy-Song von damals, als ich noch zur Schule ging. Ich fand es toll, dass sie denselben Namen hatte wie ich, und sie klang so, na, einfach so überzeugend, so voll Vertrauen darauf, dass Frauen mit allem zurechtkommen konnten, was das Leben ihnen vor die Füße warf. Wenn Debra und ich uns im College zum Ausgehen fertig machten, spielten wir diese Platte wieder und wieder, um uns aufzuputschen. Wir tanzten durchs Zimmer und spielten Fangen mit Debs Action Man. (Als sein Bein abbrach, sagte Deb, wir müssten ihn nun Inaction Man nennen, «nach all unseren nutzlosen Typen».)
«Oh, yes, I am wise,
But it’s wisdom born of pain,
Yes, I’ve paid the price,
But look how much I’ve gained!
I am strong. I am in-vin-ci-ble.
I am Woman.»
Ob ich an die Chancengleichheit der Geschlechter glaube? Ich bin mir nicht sicher. Ich hab mal dran geglaubt, mit all der leidenschaftlichen Sicherheit eines jungen Menschen, der absolut alles und daher überhaupt nichts weiß. Gleichheit, die Idee war so schön, so nobel, so unwiderlegbar gerecht. Aber wie zum Teufel sollte das funktionieren? Sie können einem gute Jobs und Mutterschaftsurlaub geben, aber so lange sie es nicht schaffen, einen Mann so zu programmieren, dass er bemerkt, dass kein Klopapier mehr da ist, ist das Projekt zum Scheitern verurteilt. Frauen tragen das Zusammenspiel des Familienlebens in ihren Köpfen herum, das ist einfach so. Jeden Abend, wenn ich auf dem Heimweg von der City bin, beobachte ich Frauen, die im Laternenlicht durch die Straßen huschen und den Aktenkoffer auf der einen Seite mit den Einkaufstaschen auf der anderen ausbalancieren, oder die an Bushaltestellen herumzucken wie überdrehte mechanische Spielzeuge.
Vor gar nicht langer Zeit hat meine Freundin Phillippa mir erzählt, dass sie und ihr Mann ein Testament aufgesetzt hätten: Phil wollte eine Klausel einfügen, die Mark im Fall ihres Todes das Versprechen abverlangte, den Kindern die Nägel zu schneiden. Er dachte, sie mache Witze. Es war kein
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