World of Warcraft: Jaina Prachtmeer - Gezeiten des Krieges
geahnt hatte. Rhonin zweifelte nicht daran, dass Garrosh und die anderen einen Weg gefunden hatten, sie alle zu überrumpeln – einschließlich Kalecgos, und ja, auch einschließlich seiner selbst. Es war also doch die Horde gewesen, die das Artefakt gestohlen hatte, und sobald Garrosh die unglaubliche Macht der Iris erst fest in seinen Händen hielte, gäbe es sprichwörtlich nichts, was er nicht damit tun könnte.
Ein Geräusch lenkte ihn von seinen Gedanken ab; zunächst war es noch leise, doch dann nahm es rasch an Lautstärke zu – ein surrendes, hackendes, mechanisches Geräusch. Rhonin hob den Kopf, und einen Augenblick lang blieb sein Herz stehen.
Eine Himmelsgaleone der Goblins kam aus dem Südosten auf die Stadt zu. Ihre unverwechselbare Silhouette verriet das Luftschiff, doch außerdem sah es aus, als wäre etwas unter seinen Bug geschnallt, etwas, das sich nur nach und nach aus den Schatten hervorschälte. Doch dann änderte die Galeone ihren Kurs um ein paar Grad, und Rhonin sah diesen Gegenstand im nachmittäglichen Sonnenlicht aufblitzen.
Eine Manabombe.
Die Blutelfen hatten diese verteufelten Waffen ersonnen – Bomben, mit purer, arkaner Magie gefüllt, die in Sekundenschnelle töteten. Es gab sie in den verschiedensten Größen, aber Rhonin hatte bislang nur Modelle gesehen, die ungefähr so groß wie Menschen waren. Dieser Sprengkörper, der so zerbrechlich wirkte wie ein Glasfasergespinst, erstreckte sich hingegen fast unter der gesamten Länge der Galeone. Und falls er sich wirklich aus der Fokussierenden Iris speiste …
Vereesa …
Trotz des Grauens, das von ihm Besitz ergriffen hatte, spürte er einen Schauder der Erleichterung. Vereesa war schon längst nach Westen unterwegs, und noch hatten sie keine Nachricht erhalten, dass die Suchmannschaften umgekehrt waren. Sie befand sich also außerhalb des Sprengradius. Seine Frau war in Sicherheit.
Das hieß: je nachdem, wo die Horde die Bombe abwerfen würde.
Er wandte sich Jainas Boten zu, die noch immer auf seine Antwort warteten. „Ja, bitte sagt Lady Jaina, dass ich eine Art aktives Hemmfeld aufgespürt habe! Darum funktionieren die Portale nicht. Sagt ihr auch, dass ich sie im obersten Raum des Turmes erwarte! Und sie soll sich beeilen.“
Sie eilten davon, um seine Nachricht zu überbringen, und auch Rhonin zögerte nicht länger. Er rannte auf den vereinbarten Treffpunkt zu, während die Gedanken durch seinen Kopf rasten. Der Turm war durch allerlei Abwehrzauber geschützt worden, eine standhafte Festung, ideal, wenn ein solcher Angriff drohte. Es könnte funktionieren – aber viele, viele Faktoren mussten da zusammenspielen.
Nun, dachte Rhonin, dann würde er eben dafür sorgen müssen, dass sie es auch taten.
Eine Manabombe!
Kalecs Gedanken überschlugen sich, als er erkannte, wobei es sich bei dieser so trügerisch harmlos wirkenden Kugel tatsächlich handelte. Dafür hatten die Diebe der Horde die Iris also gestohlen! Niemals hätte er es für möglich gehalten, dass man eine so gewaltige Bombe bauen könnte. Wenn sie explodierte, würde Theramore förmlich dem Erdboden gleichgemacht werden.
Es sei denn, sie explodierte noch in der Luft …
Natürlich war das ein Selbstmordunternehmen, und einen kurzen Moment lang spürte Kalec einen scharfen stechenden Schmerz, als er sich vorstellte, dass er niemals wieder die anderen blauen Drachen sehen würde, allen voran Kirygosa, die er so liebgewonnen hatte; und auch Jaina Prachtmeer würde er nicht wieder zu Gesicht bekommen. Doch nur durch dieses Manöver konnte er Jaina und ihr Volk noch retten. Falls sein Leben der Preis für das ihre war, dann war es eigentlich gar keine so schwere Entscheidung. Er hatte mit ansehen müssen, wie Anveena sich selbst opferte – er könnte es nicht ertragen, wenn noch jemand starb, den er liebte, obwohl er etwas dagegen unternehmen konnte.
Er war ein Drache – doch das Luftschiff der Goblins würde vermutlich schwer bewaffnet sein, sowohl mit Magiern als auch mit herkömmlichen Waffen. Sein Angriff durfte also nicht nur auf bloßer Gewalt beruhen, sondern musste gut durchdacht sein. Ein paar wertvolle Sekunden schwebte er auf der Stelle und versuchte abzuschätzen, was ihm die Feinde entgegenschleudern würden, doch diese Denkpause wurde jäh unterbrochen, als drei Kanonen das Feuer auf ihn eröffneten.
Jaina war verwirrt und mehr als nur ein wenig aufgebracht, dass Rhonin ausgerechnet jetzt auf einem Treffen beharrte. Die Verwundeten, die
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