World of Warcraft: Jaina Prachtmeer - Gezeiten des Krieges
seine Stimme war scharf und voller Entschlossenheit. „Nein, Jaina. Nichts davon ist Eure Schuld. Macht Euch keine Vorwürfe! Wenn es jemandes Fehler ist, dann meiner – und der meines Schwarms. Schließlich haben wir zugelassen, dass diese verfluchte Fokussierende Iris überhaupt erst gestohlen wurde. Die Explosion – Ihr hättet nichts dagegen ausrichten können. Niemand wäre in der Lage gewesen, das noch zu verhindern. Die Manabombe zehrte von der Energie der Iris. Ich war weiter von der Detonation entfernt als die meisten anderen, aber selbst mich hat die Wucht vom Himmel gefegt. Glaubt mir, es gibt nichts, was Ihr hättet tun können – was irgendjemand hätte tun können.“
Eine starke Hand schloss sich um die ihre, als sie dicht beisammenstanden, und sie klammerte sich daran fest, als wäre sie ein Rettungsring. Vielleicht war sie das auch. Dennoch erkannte sie, was sie nun tun musste.
„Ich werde zurückgehen“, erklärte sie mit belegter Stimme. „Es … könnte Überlebende geben. Vielleicht kann ich ihnen helfen.“
Seine blauen Augen weiteten sich. „Jaina, nein! Bitte! Es ist nicht sicher.“
„Sicher?“ Das Wort barst förmlich zwischen ihren Lippen hervor, und sie wand sich in seinen Armen, als sie versuchte, sich loszureißen. „ Sicher? Wie könnt Ihr von meiner Sicherheit sprechen, Kalec? Das ist – war – mein Königreich. Das waren meine Leute. Ich bin es ihnen schuldig nachzusehen, ob ich vielleicht etwas tun kann.“
„Jaina“, sagte Kalec und trat beschwörend einen Schritt auf sie zu. „Dieser Ort ist von arkaner Magie erfüllt. Ihr konntet zwar entkommen, aber die Kräfte haben Euch bereits …“
„Ja“, schnappte sie. Der Schmerz in ihrem Herzen war inzwischen weit schlimmer als der in ihrem Körper. „Was haben diese Kräfte mit mir gemacht, Kalec?“
Er zögerte, und als er sprach, war seine Stimme völlig ruhig. „Euer Haar ist weiß geworden. Aber eine einzelne blonde Strähne ist noch übrig. Und Eure Augen … sie glühen ebenfalls weiß.“
Jaina starrte ihn an, während sich ihr der Magen umdrehte. Falls die Explosion schon so viele sichtbare Veränderungen bewirkt hatte, was mochten dann erst die unsichtbaren Konsequenzen sein? Einen Moment lang presste sie die Hand über ihr Herz, als könnte sie den verzehrenden Schmerz auf diese Weise von dort verdrängen.
Kalec fuhr fort: „Ich weiß, Ihr wollt etwas unternehmen, Euren Leuten helfen. Aber es ist niemand mehr übrig, Jaina. Ihr würdet Euch selbst nur noch größerer Gefahr aussetzen. Es gibt andere Dinge, die wir tun können. Später, wenn es sicherer ist, werden wir gemeinsam zurückkehren und …“
„Es gibt kein wir , Kalec“, unterbrach sie ihn verbittert. Der Schmerz, der sein hübsches Gesicht bei diesen Worten verzerrte, ließ ihre eigenen Qualen nur noch unerträglicher werden, aber nun begrüßte sie den Schmerz. Sie wollte leiden, denn nur ihr Leid konnte das Gefühl erträglicher machen, dass sie jetzt allein war. Von all den Seelen, die in Theramore gewesen waren, um ihr zu helfen, hatte nur sie überlebt. Auf eine harte, brutale Weise fühlte sich der Schmerz in dieser Situation gut an, reinigend. „Es gibt nur mich – und meine Entscheidungen – und meine Verantwortung für die Leichen dort drüben. Ich werde nachsehen, ob ich vielleicht noch irgendetwas tun kann. Falls ich dadurch auch nur ein einziges Leben rette, ist es das Risiko wert. Und ich werde allein gehen. Ich war schon immer eine Einzelgängerin. Also folgt mir nicht!“
Rasch sprach sie einen Teleportationszauber. Hinter sich hörte sie noch, wie er ihren Namen rief. Aber sie weigerte sich, ihre Tränen zu vergießen.
Sie schmerzten sie mehr, wenn sie in ihrem Inneren gefangen blieben.
Jaina hatte geglaubt, dass sie auf das vorbereitet wäre, was sie zu sehen bekäme. Doch das war ein Irrtum gewesen. Nichts konnte einen gesunden Geist auf das vorbereiten, was die Manabombe in Theramore angerichtet hatte.
Das Erste, was ihr auffiel, war der Turm – oder besser, die Stelle, wo er einst gestanden hatte. Fort war das wunderschöne weiße Steinbauwerk, in dem sich ihre umfassende Bibliothek und ihr gemütlicher Salon befunden hatten. An seiner Stelle befand sich nur noch ein rauchender Krater, der auf grausige Weise der Vertiefung im Vorgebirge des Hügellandes ähnelte. Doch es gab einen Unterschied: Jener Krater war entstanden, als eine Stadt vor dem Krieg floh, dieser hingegen war das Ergebnis von Rhonins
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