World of Warcraft: Jaina Prachtmeer - Gezeiten des Krieges
wiegte sie und setzte sie mit derselben Behutsamkeit am Ufer ab, mit der sie sie zuvor in die Luft emporgehoben hatte. Nicht ein einziger Tropfen des schlammigen Wassers hatte ihre Stiefelspitzen berührt.
Einen Moment später trat er hinter einem Fels hervor, und Jaina erkannte einmal mehr, dass sie sich noch immer nicht an seine neue Erscheinung gewöhnt hatte. Anstatt seiner Rüstung trug Thrall, der Sohn von Durotan, schlichte Roben und eine Kette aus roten Gebetsperlen um den Hals, dazu eine einfache Kapuze, die seinen großen Kopf mit dem schwarzen Haar bedeckte. Die Roben entblößten einen Teil seiner breiten grünen Brust, und seine Arme waren nackt. Kein Zweifel, jetzt war er wirklich ein Schamane und kein Kriegshäuptling mehr. Allein der Schicksalshammer, den er sich hinter den Rücken geschnallt hatte, erinnerte sie noch an den alten Thrall.
Er streckte die Hände aus, und Jaina ergriff sie.
„Lady Prachtmeer“, sagte er, während seine blauen Augen in einem freudigen blauen Schein strahlten. „Es ist lange her, seit wir uns das letzte Mal so getroffen haben.“
„Ja, in der Tat, Thrall“, stimmte sie zu. „Vielleicht zu lange.“
„Ich bin jetzt Go’el“, erinnerte er sie sanft. Sie nickte, wenn auch ein wenig zerknirscht.
„Entschuldige! Dann also Go’el.“ Jaina blickte sich um. „Wo ist Etrigg?“
„Er ist beim Kriegshäuptling, wo er hingehört“, antwortete Go’el. „Ich bin jetzt der Anführer des Irdenen Ringes, dem ich demütig diene. Ich halte mich nicht für besser oder mächtiger als irgendein anderes Mitglied des Bundes.“
Der Hauch eines amüsierten Lächelns umspielte ihre Lippen. „Es gibt nur wenige, die einen ganz normalen Schamanen in dir sehen würden“, meinte sie. „Und ich gehöre nicht dazu. Oder sind die Geschichten, dass du dich mit vier Drachen-Aspekten verbündet hast, um Todesschwinge zu besiegen, nur Märchen?“
„Es war eine Ehre und eine Lektion in Demut, der Welt so zu dienen“, entgegnete Go’el. Bei jedem anderen wären diese Worte nichts als höfliche Bescheidenheit gewesen, aber Jaina wusste, dass er es tatsächlich so meinte. „Ich habe lediglich den Platz des Erdwächters eingenommen. Wir alle, die wir gemeinsam gekämpft haben – die Drachen ebenso wie die tapferen Vertreter aller anderen Rassen dieser Welt – haben den Sieg errungen. Der Tod dieses gewaltigen Monsters ist das Verdienst vieler.“
Sie suchte seinen Blick. „Dann bist du also mit allen Entscheidungen, die du getroffen hast, zufrieden.“
„Das bin ich“, sagte er. „Hätte ich mich nicht zurückgezogen, um dem Irdenen Ring beizutreten, ich wäre nicht bereit gewesen, zu tun, was das Schicksal von mir verlangte.“
Sie dachte an Anduin und seine Ausbildung, die ihn weit von seiner Familie und seinen Lieben fortgeführt hatte. Da geschieht gerade so viel in der Welt, woran ich teilhaben möchte – aber ich weiß, dass ich hierbleiben muss. Fast jeden Tag lerne ich etwas Neues.
Und ihm hatte sie gesagt, dass er genau da war, wo er sein sollte. Jetzt sagte Go’el mehr oder weniger dasselbe, und ein Teil von ihr wollte ihm auch zustimmen. Die Welt war ganz sicher ein besserer Ort, ohne dass Todesschwinge und der Zwielichtkult das Land verwüsteten und terrorisierten! Und dennoch …
„Alles hat seinen Preis, Go’el“, meinte sie. „Du hast einen Preis gezahlt, um dein Wissen und deine Fähigkeiten zu erwerben. Der … der Orc, dem du deinen Platz auf dem Thron überlassen hast, richtete in deiner Abwesenheit großen Schaden an. Ich habe gehört, was in Orgrimmar und Eschental vor sich geht, und ich bin sicher, du ebenfalls!“
Seine Miene, die bislang so friedlich gewesen war, verdüsterte sich nun. „Natürlich habe ich davon gehört.“
„Und … du willst nichts unternehmen?“
„Früher bin ich einem anderen Pfad gefolgt“, erklärte Go’el. „Du hast ja gesehen, wohin dieser Pfad geführt hat. Ich habe eine Gefahr heraufbeschworen, die …“
„Go’el, ich weiß das, aber diese Herausforderung liegt nun hinter uns. Garrosh versucht, einen Streit zwischen der Allianz und der Horde zu schüren – einen Streit, den er allein heraufbeschworen hat. Ich kann schon verstehen, dass du ihn nicht öffentlich bloßstellen möchtest, aber – vielleicht können wir beide zusammenarbeiten. Wir könnten eine Art Gipfel einberufen. Bitte Baine, sich uns anzuschließen; ich weiß, dass er nicht mit Garroshs Plänen einverstanden ist. Und ich könnte
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