World's End
Wassernatter mit einer ganzen Froschfamilie im Bauch.
Was Jeremy Mohonk anging, den dritten Hauptdarsteller in dem sich entfaltenden tödlichen Drama, so zahlte er keine Pacht, hatte nie welche gezahlt und würde es nie tun. Er lebte in einem heruntergekommenen Winkel auf der Farm seines verstorbenen Onkels inmitten eines Gestrüpps von Kürbisranken und Maisstauden, in der Rindenhütte, die er an jenem kalten Wintertag im Jahre ’81 errichtet hatte, und er beanspruchte diesen Winkel als Land seiner Ahnen für sich. Er war schließlich Kitchawanke, zumindest ein halber, und er war mit einer Weckquaesgeek verheiratet. Mit der Mutter seiner drei Söhne und drei Töchter, von denen leider nur der erste Sohn und die letzte Tochter das Säuglingsalter überlebt hatten. An diesem speziellen Tag – dem 15. November 1693, am Tag des ersten, jährlichen Erntefestes – saß er in seiner Hütte am Feuer, rauchte kinnikinnick und zog behutsam einem winterlichen Besucher das Fell ab: einer großen, fetten Bärin, die er praktisch auf der Türschwelle erschossen hatte, als er am Morgen austreten gegangen war. Er rauchte und hantierte geschickt mit dem scharfen Messer. Seine Frau, wie immer sie auch heißen mochte, rührte geschäftig in einem Topf Maisbrei, dessen Duft seine Magengrube mit winzigen Fingern der Vorfreude kitzelte. Er war zufrieden. Die Van Warts und ihr Fest bedeuteten ihm ungefähr soviel wie Wörter.
Wouter und seine Mutter gehörten zu den ersten, die am oberen Gutshaus ankamen; im Hof standen Tische aus langen Bohlen rings um eine große, tiefe Glutgrube, in die die leicht entflammbaren, süßen Säfte zweier Spanferkel tropften. Fünf riesige zugedeckte Kessel – Fleischeintopf, eine Erbsen-Pflaumen-Suppe mit Ingwer, gehackte Ochsenzunge mit sauren Äpfeln und andere duftende Köstlichkeiten – umringten die Spanferkel wie stumme Wachtposten. Auf den Tischen türmten sich Maiskolben, Kohlköpfe und Kürbisse, und es standen Fässer mit Wein, Bier und Apfelmost bereit. »Sehr nett«, gab Neeltje zu, während ihr Sohn ihr vom Wagen herunterhalf und ihre Töchter herantraten, um sich für den großen Auftritt zu sammeln, der bevorstand.
Es war ein wolkenverhangener, kalter Tag, nicht das ideale Wetter für ein Freiluftvergnügen, aber der patroon – vielmehr der Lord, wie es nun hieß – hatte beschlossen, die Pachtentrichtung diesmal zu einem großen, öffentlichen Ereignis zu machen, statt der privaten und oft beschwerlichen Prozedur, die sie so viele Jahre gewesen war. Er gab, so dachte er, den Pächtern auf diese Weise einen kleinen Teil von dem zurück, was sie ihm bezahlten, und das würde ihnen ihr Los erträglicher machen – und außerdem sparte er so seinem Verwalter, der sonst herumreiten und einzeln kassieren müßte, viel Zeit und Mühe. Daher würde es – auch wenn der Himmel aussah, als habe man ihn vom Grund des Flusses gefischt, und es so kalt war, daß die Flaschen mit Apfelmost sich mit einer Reifschicht überzogen – an diesem erhabenen Tag in beiden Gutshäusern Fiedelmusik, gute Laune und ein Festessen geben.
Dies war keineswegs die einzige Neuerung. Seit dem Sommer, als Wilhelm und Maria von Oranien, vertreten durch den Königlichen Gouverneur, den Van-Wart-Besitzungen den Status eines Freiguts eingeräumt und sämtliche Patentkäufe von Stephanus mit dem ursprünglichen, von seinem Vater vererbten Grund und Boden vereinigt hatten, waren in Van Wartville noch weitere Veränderungen eingetreten. Es fing an mit dem neuen Ortsnamen, in dem das holländische »wyck« dem englischen »ville« gewichen war. Man hatte einen Mühlteich gegraben und stromaufwärts von der Kornmühle eine Sägemühle errichtet. Von rotnasigen Yankees, religiösen Eiferern mit Pferdegebiß, waren drei weitere Grundstücke gerodet und in Pacht genommen worden. Am meisten überrascht hatte aber, daß Van Wart seinen Vetter Adriaen aus dem oberen Gutshaus geworfen hatte, um dort seinen ältesten Sohn Rombout einzusetzen. Adriaen hatte, wie vor ihm Gerrit de Vries, seine Sachen packen müssen, ohne auch nur ein Dankeschön zu ernten, und das hatte unter den Pächtern und ihren scharfzüngigen Frauen einen Sturm von kritischen Bemerkungen ausgelöst. Der behäbige, friedfertige, vielleicht sogar ein wenig blöde Adriaen war recht beliebt gewesen. Rombout dagegen war wie sein Vater.
Auf jeden Fall hatte sich um drei Uhr nachmittags die ganze Gemeinde beim oberen Haus versammelt, um die Fuhrwerke zu entladen,
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