World's End
wenig eingeschüchtert von der Bildung des Yankees, daher entschied er für Crane und erlegte Oothouse eine Strafe von fünf Gulden auf, zahlbar in frischen Eiern, die an Vrouw Van Wart ins obere Gutshaus zu liefern waren – denn rohe Eier waren die einzige Nahrung, die sie zu sich nahm, während sie die Qualen ihrer religiösen Kasteiung durchlitt –, und zwar vier pro Tag.) Danach aßen Vater und Tochter in der großen, kühlen Küche mit den dicken Wänden des oberen Gutshauses Räucheraal, Alsenrogen und Barsch zu eingelegtem Kohl. Später ritten sie zu Jan Pieterse hinüber.
Der Handelsposten bestand aus einem primitiven Korral, einem willkürlich eingezäunten Hühnerstall und einem langen, dunklen Schuppen, in den Licht nur durch je ein schmales Fenster an Vorder- und Rückseite und durch die Tür fiel, die von Mai bis September offenstand. Jan Pieterse, der angeblich zu den reichsten Männern im Tal zählte, schlief hinten auf einer Maisstrohmatratze. Ursprünglich hatte er vor allem mit den Indianern gehandelt – wampumpeak , Messer, Äxte und eiserne Kopftöpfe gegen Felle eingetauscht –, doch als sowohl Biber wie Indianer immer rarer, Buren und Yankees aber ständig mehr wurden, erweiterte er sein Angebot um importierten Stoff, Ackerbaugerät, Angelhaken, Weinfässer und Töpfe mit gepökelten Schweinsfüßen, um so bei der neuen Kundschaft Anklang zu finden. Doch sein Laden war mehr als ein Handelsplatz – so wie die Mühle, die Van Wart ein Stück bachaufwärts errichtet hatte, war Pieterses Posten ein in der ganzen Gegend beliebter Treffpunkt. Oft lungerte dort ein halbes Dutzend Kitchawanken oder Nochpeems herum (es war strikt verboden , an die Indianer Rum zu verkaufen, aber sie wollten nichts anderes haben, also erfüllte Jan Pieterse, immer ein offenes Auge für Notwendigkeiten und ein zugedrücktes für das Gesetz, ihren Wunsch), oder man traf Pastor Van Schaik beim Einsammeln der Kollekte für den Neubau einer Kirche aus Gelbziegeln an der Verplanck Road. Außerdem kamen immer etliche Bauern in selbstgewebten paltroks , spitzen Hüten und Holzschuhen, begleitet von ihren vrouwen und eisern ihre reifen jungen Töchter untergehakt, die die Mode des vorigen Jahrhunderts als letzten Schrei darboten, und natürlich die grinsenden Bauernburschen mit den schwieligen Händen und roten Gesichtern, die an einer Ecke standen und einander in die Rippen boxten.
Als Joost an diesem besonderen Tag seiner Tochter vom Pferd herunterhalf, sah er nur Jan Pieterse und Heyndrick Ten Haer, die auf der Veranda eine Pfeife schmauchten, während weiter oben am Weg ein Wappingerkrieger der Länge nach in einem Giftsumachstrauch lag, voll wie ein Amtmann und mit freigelegten, für jedermann weithin sichtbaren Genitalien. Hinter dem Indianer floß der Fluß glatt und still wie gehämmertes Zinn, und dahinter erhob sich der Dunderberg dunkelblau gegen den Horizont.
»Vader«, bettelte Neeltje, noch ehe sie auf dem Boden stand, »darf ich bitte gleich hineingehen?« Sie hatte von nichts anderem als von Borte, Wollstoff und Samt gesprochen, seit sie am Morgen aus Croton losgeritten waren. Mariken Van Wart hatte die hübschesten Seidenpetticoats und einen Rock aus blauem Satin, dabei war sie erst dreizehn, wenn auch die Nichte des patroon. Und was die für schöne Taftbänder hatte – einfach unglaublich!
Joost half ihr vom Pferd, richtete sich kurz auf und fiel dann wieder in seine gewohnte bucklige Haltung. »Ja«, sagte er leise, »ja, natürlich, geh nur voraus«, und dann schlenderte er zu Jan Pieterse und dem Bauern Ten Haer auf die Veranda, um ein bißchen zu plaudern.
Er hatte ungefähr zehn Minuten lang bei ihnen herumgehockt, gesellig an der Tonpfeife gesogen, eine Zeitlang die sinkende Sonne genossen und wollte gerade Jan Pieterse zu einem Glas Ale einladen, als ihm bewußt wurde, daß seine Tochter im Laden mit jemandem redete. Es fiel ihm eigentlich nur auf, weil er den Laden leer geglaubt hatte. Lediglich zwei Pferde waren davor angebunden – sein eigener jämmerlicher, einäugiger Klepper und die geschmeidige lohfarbene Stute, die er für seine Tochter aus dem Stall der Van Warts rekrutiert hatte –, und der Wagen von Ten Haer stand einsam unter dem Kastanienbaum. Mit wem spricht sie wohl? fragte er sich, aber Heyndrick Ten Haer war gerade mitten in einer Geschichte über Wolf Nysen – ob er nun noch lebte oder nicht, auf jeden Fall war der abtrünnige Schwede zum Schreckgespenst der Gegend
Weitere Kostenlose Bücher