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Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik

Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik

Titel: Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brockhaus
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bewegte er sich in den vornehmsten und geistig führenden Kreisen. Vier Monate lang besichtigte er Rom, die Hauptstadt der ihm verhassten »Papisterei«, die durch die Papstherrschaft und ihre Ideologie geprägt war, eine Stadt, die er aber aufgrund ihrer Vergangenheit und künstlerischen Größe bewunderte. In Neapel war er Gast von Giovanni Battista Manso, dem Marchese de Villa, einem alten Freund des berühmten Spätrenaissance-Dichters Torquato Tasso und Förderers des Dichters Giambattista Marino. Italien sowie die Poesie und Kunst der italienischen Renaissance erlebte der 30-jährige Engländer damals wie in einem glücklichen Rausch. Doch allzu schnell endete diese schöne Zeit.
    EIN DICHTER IM BÜRGERKRIEG
    Von nun an bestimmten die politischen Ereignisse Miltons weiteren Lebensweg. In Italien erreichten ihn Nachrichten von drohenden Unruhen in England und bewogen ihn zur vorzeitigen Rückkehr nach London. Die Route führte über Venedig, Mailand und Genf. Schnell spitzte sich die Lage in der Heimat zu. 1642 kam es zum offenen Bruch zwischen den Parteien, wobei nicht zuletzt religiöse Auseinandersetzungen zwischen der anglikanischen Staatskirche und den Puritanern sowie den schottischen Presbyterianern den Konflikt verschärften. Der Bürgerkrieg, der zwischen der Krone in Gestalt des Stuartkönigs Karl I. und dem Parlament ausbrach, wurde durch den puritanisch gesinnten Oliver Cromwell und seine gefürchtete Reiterarmee in der Schlacht von Marston Moor 1644 zugunsten des Parlaments und der Idee des Commonwealth entschieden. Mit Streitschriften griff Milton, der seine dichterische Mission ganz zurückstellte, in die öffentlichen Kontroversen ein und unterstützte im Namen der Freiheit die antiroyalistischen und gegen die Vorherrschaft der Anglikaner gerichteten Bestrebungen der Puritaner. Er schrieb Traktate gegen das Kirchenregiment der Bischöfe und für eine Erziehungsreform. 1643 plädierte er in der Schrift »The Doctrine and Discipline of Divorce«für fortschrittliche Scheidungsgesetze, die allerdings ebenso wenig realisiert wurden wie die 1644 von ihm in dem Traktat »Areopagitica« postulierte grundsätzliche Meinungs- und Pressefreiheit. 1649 forderte er in »Of the Tenure of Kings and Magistrates« eine konstitutionelle Monarchie, die in England indessen gleichfalls noch lange auf sich warten ließ.
    ›Wer gewaltsam triumphiert, hat seinen Feind nur halb bezwungen.‹
    John Milton
    Als Karl I. 1649 hingerichtet wurde, rief der Königsmord im Ausland große Empörung hervor. Ihr gab auch eine angeblich vom König eigenhändig verfasste Rechtfertigungsschrift »Eikon Basilike« Nahrung, die den Exekutierten als Märtyrer einer gerechten Sache erscheinen ließ. Milton, der unter dem neu gebildeten parlamentarischen Staatsrat nunmehr als Lateinischer Sekretär für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig war und somit gleichsam als Chefpropagandist der Cromwell-Regierung fungierte, antwortete noch im gleichen Jahr mit der Gegenschrift »Eikonoklastes«, in der er die frühere Tyrannei des enthaupteten Stuartherrschers herausstrich.
    Bis zur Restauration, der Wiedereinführung des Königtums 1660, verteidigte Milton den freiheitlichen Anspruch des Commonwealth, wie sich die neue Regierung bezeichnete, und des cromwellschen Protektorats. Seinem Dienstherrn galt Milton bald als zu eigensinnig. Deshalb kündigte man ihm auch eine Dienstwohnung in Whitehall und kürzte sein Gehalt drastisch. Als Ideologe der Commonwealthpolitik hatte er 1660 ausgedient. Unter Karl II. galt Milton als »Königsmörder«. Auch sein schlimmes persönliches Schicksal, nämlich die seit 1652 zur vollständigen Erblindung führende Augenkrankheit, werteten seine Gegner als gerechte Gottesstrafe. Er selbst hingegen, der jetzt zum Vorlesen und Schreiben nach Diktat auf Bediente, Freunde, später auch seine Töchter angewiesen war, veranschlagte als Ursache seiner Blindheit voller Stolz das unermüdliche Schreiben »zur Verteidigung der Freiheit«. Und der Erblindete nahm das Recht in Anspruch, sich mit dem berühmtesten antiken Dichter, mit dem blinden Homer, zu vergleichen. Milton zog sich aus der Welt zurück und nahm erneut sein literarisches Schaffen auf, vor allem den lange gehegten Plan eines großen Epos suchte er umzusetzen.
    DER »FUNDAMENTALISTISCHE« PURITANISMUS
    Die Puritaner wandten sich seit etwa 1570 gegen katholisierende Tendenzen in der anglikanischen Kirche und plädierten für eine biblisch-strenge, vom

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