Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik
Schleifheim von Sulsfort zugeschrieben; noch bei Goethe, Lessing und Clemens Brentano wird er als Autor genannt. Erst 1837 entdeckte man, dass das Psyeudonym »German Schleifheim von Sulsfort« nichts anderes als die Umstellung der Buchstaben des Namens Christoffel von Grimmelshausen war. Auch die Erzählfigur des »Simplicissimus«, ein so genannter Melchior Sternfels von Fuchshaim, lässt sich so auflösen.
Die vielen Pseudonyme, die sich Johann Jakob Christoffel von Grimmelshausen im Laufe seiner Tätigkeit als Dichter zulegte, spiegeln seine Begeisterung für das Spiel mit Verkleidungen und Masken wider, ebenso wie das Titelkupfer der ersten Ausgabe des »Simplicissimus«, die im Jahr 1669 erschien und aus fünf Büchern bestand. Auf diesem Bild, das Grimmelshausen vermutlich selbst zeichnete, sieht man einige auf dem Boden liegende Masken, auf denen ein »wercklich Mischmasch«, ein Wesen aus menschlichen und tierischen Elementen mit Fischschwanz und Flügeln, steht. Diese Figur verkörpert die widersprüchliche Einheit des Verschiedenen und die zahlreichen Gestalten, hinter denen sich der Autor selbst verbirgt. Grimmelshausens Botschaft, die er immer wieder verkündete, nämlich dass die unmittelbare Erfahrung und der bloße Augenschein oftmals nicht die Wahrheit wiedergeben, entspricht nicht nur dem Zeitgeist – die Menschen glaubten zu seiner Zeit an Geister und Hexen –, sondern hing auch mit dem Fortschritt der Wissenschaften und den Entdeckungen im Barock zusammen. So erschloss zum Beispiel die Erfindung des Mikroskops ganz neue Welten – sozusagen eine Welt hinter der Welt; jene wahre Welt, von der Grimmelshausen glaubte, dass nur der Dichter sie wirklich entschlüsseln könne.
DER DREISSIGJÄHRIGE KRIEG
Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen wurde im Jahr 1621 im hessischen Gelnhausen geboren. Zu dieser Zeit herrschte seit drei Jahren Krieg in Europa. Dieser Krieg, der 1618 mit dem Prager Fenstersturz begann und 30 Jahre später mit dem Westfälischen Frieden enden sollte, war eine Folge der konfessionellen Gegensätze im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation und des sich verschärfenden Gegensatzes zwischen den Ständen und der Habsburger Monarchie. Da auch außerdeutsche Mächte eingriffen, wurde das Reich Schauplatz eines europäischen Machtkampfes. Der nach dem Prager Fenstersturz eingesetzte Führer der protestantischen Union, Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz, regierte nur einen Winter lang – weshalb er den Beinamen »Winterkönig« erhielt –, bis er von der katholischen Liga und dessen Feldherrn, dem bayrischen Herzog Maximilian, vertrieben wurde. Nach dieser Niederlage versuchten einige norddeutsche Länder die Reformation voranzutreiben und holten den Krieg damit auch nach Norddeutschland. Während sich der schwedische und der niederländische König auf die Seite der Protestanten stellten, erließ der Kaiser 1629 das so genannte Restitutionsedikt, welches auf die Rekatholisierung der protestantischen Gebiete abzielte. Nun mischte sich auch König Gustav II. Adolf von Schweden ein, der bald die Oberhand auf dem Schlachtfeld gewann und 1632 München besetzte. Als Gustav Adolf in der Schlacht von Lützen im Kampf gegen den habsburgischen Feldherren Wallenstein fiel und sich die spanischen Habsburger in die Streitigkeiten einmischten, schien sich das Blatt wieder zugunsten der Katholiken zu wenden. 1635 entschied sich Frankreich jedoch, auf der Seite der Protestanten zu kämpfen. So dauerte der Krieg noch weitere 13 Jahre. In der Folge wurde die Konfessionszugehörigkeit in Deutschland dahingehend geregelt, dass sich die Untertanen dem Konfessionswechsel ihres Landesherrn nicht anschließen mussten.
Der Dreißigjährige Krieg, einer der längsten und grausamsten, die je auf europäischem Boden ausgetragen wurden, reduzierte die deutsche Bevölkerung um etwa ein Drittel. Plünderung, Mord, Vergewaltigung und Hunger waren an der Tagesordnung. Die Armeen hatten kein eigenes Nachschubsystem, sondern bedienten sich rücksichtslos bei den Bauern. Truppen wurden bei der Bürgerschaft einquartiert, von der die Militärverwaltung zudem hohe Abgaben forderte. Der einzelne Soldat verlor durch die damals übliche Kriegführung in kleinen Einheiten oft den Überblick, sodass der Krieg vielen Beteiligten als ein einziges Hin und Her erschien. Die Unbeständigkeit, das monatelange Etappenleben, die ständige Angst und die Anstrengungen ließen die Moral der Truppen oft verwildern. Zwischen
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