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Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik

Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik

Titel: Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brockhaus
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persönlichen Gewissen kontrollierte und vom Staat unabhängige Religionsausübung. Dies brachte sie in Konflikt mit Königtum und Staatskirche, der 1649 zur Revolution führte. Mit dem Sieg Oliver Cromwells erlangten die Puritaner die politische und religiöse Herrschaft in England. Nach der Restauration, 1660, verloren sie zwar ihr politisches Gewicht, beeinflussten mit ihren puritanischen Denkweisen allerdings weiterhin viele Bereiche der englischen Kultur.
    DREI EHEN
    Miltons Eintreten für liberalere Scheidungsgesetze, in denen die Unverträglichkeit der Charaktere ein gewichtiges Argument darstellen sollte, scheint nicht ganz ohne Eigeninteresse gewesen zu sein, sondern wurde vielmehr durch die eigenen bitteren Erfahrungen diktiert. Nach seiner Rückkehr aus Italien hatte er zuerst neben seiner öffentlich-politischen Tätigkeit seine beiden Neffen John und Edward Phillips erzogen und später auch weitere Schüler in seinen Haushalt aufgenommen. Im Juni 1642 ließ sich der gesetzte Mann dann auf ein erotisches Abenteuer ein. Er heiratete die 17-jährige Mary Powell, obwohl diese politisch nicht zu ihm passte, war sie doch die Tochter eines Oxforder Royalisten. Angesichts des enormen Alters- und Temperamentsunterschieds kann die Hochzeit nicht anders als unüberlegt und überstürzt bezeichnet werden. Deshalb verwundert es kaum, dass die frisch Angetraute bereits nach sechs Wochen ihre neue Existenz aufgab und ins elterliche Haus zurückkehrte. Damit war jene erste Ehe jedoch noch nicht zu Ende. Denn im Jahr 1645 nahm Milton Mary wieder bei sich auf. Der zweite Versuch war erfolgreicher und dauerhafter. Mary schenkte dem Dichter drei Töchter, Anne, Mary und Deborah, bevor sie 1652 bei der Geburt der Letzteren starb.
    ›Als »Das verlorene Paradies« von Milton mir in die Hände fiel, loderte das Feuer, das Homer in mir entzündet hatte, zur Flamme auf und hob meine Seele, um die Himmel und die Religion zu singen.‹
    F. G. Klopstock
    1656 heiratete Milton erneut – er war betagt, für damalige Verhältnisse alt, und längst erblindet. Doch auch seine zweite Frau, Katharine Woodcock, starb zwei Jahre später an den Folgen einer Geburt, ebenso das gemeinsame Kind. 1662 schloss der Dichter dann den dritten Ehebund, mit der 25-jährigen Elizabeth Minshull, mit der er bis zu seinem Tod in Bunhill Fields, London, wohnte. Die dritte Gattin sollte ihn um 50 Jahre überleben.
    »DAS VERLORENE PARADIES«
    Nach dem triumphalen Einzug Karls II. in London und der Wiedereinsetzung des Königtums verlor Milton alles, wofür er gekämpft hatte. Alle seine Ideale und politischen Ziele hatten sich in nichts aufgelöst. Er musste für einige Zeit untertauchen und verlor einen Teil seines Vermögens. Allerdings schwebte er nie, wie gelegentlich behauptet wird, in Todesgefahr und war auch nie völlig verarmt. Dennoch hatten sich die Lebensumstände entscheidend gewandelt. Für die Literaturgeschichte war das allerdings ein Gewinn. Denn die erzwungene Zurückgezogenheit nach 1660 brachte Zeit und Muße mit sich – und die wiederum zogen jenen großen literarischen Wurf nach sich, den das monumentale Epos »Das verlorene Paradies« (»Paradise lost«) darstellt. Die gewaltige, umfangreiche Arbeit schritt zwar nur langsam und mühevoll voran, brachte dem blinden Dichter aber nach ihrer Fertigstellung einen wahrhaft legendären Weltruf ein. 1665 war das Opus vollendet. Gedruckt erschien es im August 1667 zum Preis von drei Schilling als »ein Gedicht in zehn Büchern«. Die endgültige, revidierte und in zwölf Bücher eingeteilte Ausgabe kam im Jahr 1674 heraus.
    Inhalt des epischen Gedichts sind die Folgen der Ursünde, die Frage nach dem Sinn des Bösen in der von Gott geschaffenen Heilsordnung. Von vornherein werden Sündenfall und Vertreibung aus dem Paradies gedanklich mit der stolzen Auflehnung jener Engel verbunden, die Luzifer folgten und mit diesem in die Hölle gestürzt wurden. Im Höllenpfuhl sammelt Luzifer beziehungsweise Satan, wie er jetzt heißt, seine dämonischen Heerscharen um sich. Mit ihnen zusammen will er das mit der heidnischen Antike assoziierte Dämonenreich errichten und den Himmel für sich zurückerobern. Er begibt sich auf die Reise durch das Chaos, um seine Ziele auf der eben erschaffenen Erde durchzusetzen. Der grausamen und unerbittlich zerstörerischen Leidenschaft Satans steht der ebenfalls voller Pathos gezeichnete Ordnungswille des Gottessohnes gegenüber. Das Gottesbild, das sich hierin

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