Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik
erstmals in deutschsprachiger Form. Diese war auch Grimmelshausen bekannt, als er mit dem »Simplicissimus« den bedeutendsten deutschen Roman des 17. Jahrhunderts schrieb, der zugleich den künstlerischen Höhepunkt des Schelmenromans darstellte.
SCHRIFTSTELLERISCHE ANFÄNGE
1666 veröffentlichte Grimmelshausen unter dem Pseudonym »Samuelis Greifnson vom Hirschfeld« bei dem Leipziger Verleger Georg Heinrich Formmann den »Satyrischen Pilgram« und im selben Jahr den »Keuschen Joseph« bei dem Nürnberger Verleger Wolff Eberhard Felßecker, bei dem von nun an fast alle Werke Grimmelshausens erschienen. Der »Satyrische Pilgram« ist ein christliches, belehrendes Werk mit Thesen und Gegenthesen, dessen Thematik den »Simplicissimus« vorbereitete. Grimmelshausen lässt den Pilger durch Gut und Böse reisen, ohne dass es ihm jedoch gelänge, die Gegensätze zu überwinden. Dem in deutscher Sprache erschienenen Buch war kein Erfolg beschieden. Die moralisch-religiöse Tendenzhaftigkeit der frühen Werke Grimmelshausens findet sich auch in seiner Schrift »Der keusche Joseph«, die in der einfachen und volkstümlichen Sprache des »Simplicissimus« verfasst ist. Obwohl aus Grimmelshausens Werken eine umfangreiche literarische Bildung spricht – er war nicht nur mit der volkstümlichen deutschen Dichtung des 16. Jahrhunderts vertraut, sondern besaß zudem umfangreiche Kenntnisse der europäischen Literatur sowie astrologischer und historischer Werke –, fand er nie Anschluss an das literarische Leben seiner Zeit. Da er über keine formale akademische Ausbildung oder einen entsprechenden Status verfügte, blieb er trotz des großen Erfolgs seines »Simplicissimus« von den Sprach- und Dichtergesellschaften seiner Zeit ausgeschlossen.
GRIMMELSHAUSENS »SIMPLIZIANISCHE SCHRIFTEN«
Der Satyrische Pilgram (1666)
Der keusche Joseph (1666)
Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch (5 Bände; 1669)
Continuatio des abentheuerlichen Simplicissimi … (1669)
Trutz Simplex: oder Ausführliche und wunderseltzame Lebens-Beschreibung Der Ertzbetrügerin und Landstörtzerin Courasche (1670)
Der seltzame Springinsfeld (1670)
Der Ewig währende Kalender (1670)
Des abenteuerlichen Simplicissimi ewig-währender Calender (1671)
Das wunderbarliche Vogel-Nest (1672)
DER SIMPLICISSIMUS
1669 erschien »Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch«, das bis in die Gegenwart lebendig gebliebene, berühmteste Buch des deutschen Barock. In schneller Folge wurden rechtmäßige und unrechtmäßige Nachdrucke veröffentlicht. Grimmelshausen fügte nach dem Erfolg dem aus fünf Büchern bestehenden Roman ein sechstes an und schrieb weitere Werke wie »Des abenteuerlichen Simplicissimi ewig-währender Calender«, »Das wunderbarliche Vogel-Nest«, »Courasche« und den »Springinsfeld«. Doch der »Simplicissimus« blieb das herausragende Werk seiner Zeit, das ungemein erfolgreich war.
Die Hauptfigur Simplicius Simplicissimus, der in der Ich-Form aus seinem Leben berichtet, ist ein Jedermann, keine hoch gestellte Persönlichkeit oder romantischer Held wie in den höfisch-historischen Romanen jener Zeit. Er beginnt seine Lebensgeschichte als einfältiger Knabe auf einem Spessarthof. Dort wächst Simplicissimus zunächst bei einem Bauern auf, den er für seinen Vater hält. In ironischem Ton schildert Grimmelshausen den armseligen Hof, den er zum Palast stilisiert: »Die Tapezereien waren das zarteste Geweb auf dem ganzen Erdboden, denn diejenige machte uns solche, die sich vor alters vermaß, mit der Minerva selbst um die Wett zu spinnen. Seine Fenster waren … dem Sant Nitglas (Nicht-Glas) gewidmet… Anstatt Pagen, Lakaien und Stallknecht hatte er Schaf, Böcke und Säu, jedes fein ordentlich in seine natürliche Lieberei gekleidet.«
SIMPLICIUS SIMPLICISSIMUS
Der Name des Titelhelden von Grimmelshausens bekanntestem Roman »Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch« leitet sich von dem lateinischen Adjektiv »simplex« ab, was schlicht, naiv, ehrlich, arglos, primitiv oder offen bedeutet; »simplicissimus« ist dessen höchste Steigerung.
Einen weiteren Grund für diese Namensgebung mag der heilige Simplicius gegeben haben, der Stadtheilige von Fulda, der 483 n. Chr. in Rom zusammen mit seinen Geschwistern Faustinus und Beatrix den Märtyrertod erlitt. Seine Reliquien wurden vom heiligen Bonifatius nach Fulda gebracht und werden dort bis heute verehrt.
Die Gesellschaftskritik des Romans gab jedenfalls den Ausschlag dafür, dass
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