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Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik

Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik

Titel: Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brockhaus
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Transzendentalphilosophie und Silbenmaßen sprechen … Dabei tönen aus jedem Haus Gitarren und Geigen.« Treffpunkt war das von August Wilhelm und Caroline Schlegel bewohnte Haus, in dem neben vielen anderen Tieck und der Dichter Novalis verkehrten. Die beiden besuchten oft den in Weimar lebenden Jean Paul. In diesem Kreis trug man einander aus neuesten Arbeiten vor. Tieck las dort etwa aus seinem Schauspiel »Leben und Tod der heiligen Genoveva« (1800 erschienen), von dem Friedrich Schlegel an einen Bekannten schrieb: »Es ist nicht nur die größte Fülle von Poesie und eine ganz neue Variation seiner Manier, sondern auch mehr Nachdruck und Ernst darin als noch in irgendeinem seiner Werke. Er ist in der schönsten Zeit und hat in der Tat ein ungeheures Talent.«
    1797 kamen die »Volksmährchen« von Ludwig Tieck unter dem Pseudonym Peter Lebrecht heraus; sie enthalten erzählende und dramatische Werke, darunter »Ritter Blaubart« und »Der gestiefelte Kater«. 1798 veröffentlichte Tieck schließlich sein Hauptwerk, den Fragment gebliebenen Roman »Franz Sternbalds Wanderungen«, der den Geniekult der »Sturm-und-Drang«-Periode in die Romantik hinein fortsetzte. In ausführlichen Gesprächen über die Kunst spiegelt sich eine dem Mittelalter huldigende Grundhaltung der Romantik. Mit diesem in zwei Bänden publizierten Roman knüpfte Tieck an Wackenroders »Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders« an, zu denen er den »Brief eines jungen deutschen Malers in Rom an seinen Freund in Nürnberg« beigesteuert hatte, der die Keimzelle des »Sternbald« darstellt. Ein dritter Teil seines Hauptwerkes blieb unausgeführt; ein 1954 wieder aufgetauchtes Manuskript enthält allerdings den Anfang der geplanten Fortsetzung des »Sternbald«.
    DER KÜNSTLERROMAN
    Ludwig Tieck gilt mit seinem Buch »Franz Sternbalds Wanderungen« (1798) als einer der Begründer des Künstlerromans – Wilhelm Heinses »Ardhinghello« (1787), das als erstes Werk dieses Gattung angesehen wird, besitzt bei weitem nicht die dichterische Reife und Geschlossenheit des Meisterwerkes von Tieck.
    Im Künstlerroman steht die Figur eines bildenden Künstlers, eines Schriftstellers oder eines Musikers im Mittelpunkt. Mit der Geniezeit des 18. Jahrhunderts einsetzend, ist der Künstlerroman in der Folge in unterschiedlichen Ausformungen in vielen europäischen Literaturen anzutreffen. Neben Tiecks Sternbald zählen Friedrich Schlegels »Lucinde« (1799) und Novalis’ »Heinrich von Ofterdingen« (herausgegeben 1802) zu den ersten Werken dieser Romanform.
    Im Unterschied zum Künstlerroman, der vielfach die Form des biografischen Entwicklungsromans bevorzugt, steht die Künstlernovelle, die meist anhand einer charakteristischen Episode die Künstlerproblematik exemplarisch darstellt. Beispiele sind etwa E.T.A. Hoffmanns »Das Fräulein von Scuderi« (1819) oder Eduard Mörikes »Mozart auf der Reise nach Prag« (1856).
    Dem Maler Philipp Otto Runge, der den Roman mit Begeisterung gelesen hatte, vermittelte Tieck Ideen des Mystikers Jakob Böhme, mit dem er sich damals intensiv beschäftigte, sowie ästhetische Anschauungen von Novalis. Runge revanchierte sich und zeigte Tieck als einem der Ersten 1803 die Zeichnungen seiner »Tageszeiten«, deren romantische Haltung und Kraft diesen zutiefst berührten. Auch sie versammelten, was im »Sternbald« begegnet: Seelenlandschaften, eine zauberische, symbolisch wundersame Welt.
    EINE ZEIT DER VERÄNDERUNGEN
    1798 heiratete Tieck Amalie Alberti, die Tochter des Hamburger Theologen und Lessingfreundes Julius Gustav Alberti. Diese hatte er im Haus ihres Schwagers Reichardt kennen gelernt, in dem sich seit 1794 vor allem die Dichter der frühen deutschen Romantik versammelten – neben Tieck Novalis, Clemens Brentano und Achim von Arnim. Doch dieses Jahr wurde auch überschattet durch den Tod seines besten Freundes Wackenroder. 1801 starb Novalis, dessen Nachlass Tieck zusammen mit Schlegel herausgab. In dieser Phase durchlitt Tieck eine schwere Lebenskrise, ein erster heftiger Gichtanfall kündete von seinem sich zunehmend verschlechternden Gesundheitszustand. 1802 übersiedelte Tieck mit seiner Ehefrau und den beiden Töchtern Dorothea und Agnes nach Ziebingen bei Frankfurt an der Oder auf das Gut seines Freundes Wilhelm von Burgsdorff, das dann 1807 von einem Gönner, vom Grafen Karl Finck von Finckenstein, übernommen wurde. Unterbrochen von zahlreichen Reisen – etwa nach Rom und Florenz

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