Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik
über die politische Unterdrückung und kulturelle Verarmung, die der Dichter allenthalben wahrzunehmen glaubte.
BYRONISMUS
Lord Byron zählt zu den bedeutendsten Vertretern der europäischen Romantik zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Doch er war auch Namensgeber für eine eigene Stilrichtung. Die Vertreter des Byronismus, die »Byroniden«, kultivierten Weltschmerz und Zerrissenheit, Einsamkeit und Unabhängigkeit, Individualismus und Skeptizismus, zum Teil auch Pessimismus und Nihilismus literarisch als Ausdruck ihres Lebensgefühls. Anhänger des Byronismus waren vor allem Giacomo Leopardi, August von Platen, Alfred de Musset, Théophile Gautier und Michail Lermontow.
Der literarische Erfolg von »Ritter Harold« machte den Autor zum begehrtesten Junggesellen der Londoner Salons. Er war weiblichen Gunstbezeugungen nie abgeneigt. Die berüchtigtste seiner Affären, die bald zum Stadtgespräch wurde, verband ihn mit der verheirateten Lady Caroline Lamb. Als Byron diese Affäre beenden wollte, sorgte Lady Lamb durch öffentliche Szenen für einen Skandal. In ihrem literarisch fragwürdigen, seiner skandalösen Enthüllungen wegen jedoch sehr erfolgreichen Roman »Glenarvon« verarbeitete sie ihre Beziehung zu Byron und sagte über ihn, er sei »mad, bad and dangerous to know« (»verrückt, schlecht und es sei gefährlich, ihn zu kennen«).
Noch während seiner Affäre mit Lady Lamb lernte er Annabella Milbanke kennen, eine behütete Tochter aus wohlhabendem Haus, mit philosophischen, literarischen und mathematischen Interessen. Ihre Keuschheit und Naivität weckten Byrons Eroberungsdrang. Im Oktober 1812 machte er ihr den ersten Heiratsantrag, den sie jedoch ablehnte. Im Juni 1813 zog Byrons Halbschwester Augusta Leigh nach London. Byron, der sie bis dahin nur flüchtig gekannt hatte, fühlte sich sofort zu ihr hingezogen. Sie war fünf Jahre älter, nicht gerade eine Schönheit, hatte aber das byronsche Profil und das gleiche lebhafte Temperament. So entwickelte sich eine Beziehung, die mehr als nur geschwisterlich zu sein schien.
Die Gerüchte, die über diese Beziehung in London kursierten, schädigten sein gesellschaftliches Ansehen schwer. Nicht zuletzt um sich zu rehabilitieren, verstärkte Byron seine Bemühungen um Annabella Milbanke, die nach langem Briefwechsel schließlich in die Heirat einwilligte. Während dieser Zeit war Byron nie frei von Zweifeln, was die Wahl seiner Braut sowie seine eigene Bindungsfähigkeit betraf. Die Hochzeit am 2. Januar 1815 fand im kleinen Kreis statt und passte gar nicht zu Byrons schillernder Persönlichkeit und seinen rauschenden Festen. Als Einziger seiner Freunde nahm Hobhouse an der Zeremonie teil. Am selben Tag schrieb dieser: »Ich fühlte mich, als hätte ich einen Freund begraben.«
›Wenn ich ein Dichter bin, dann hat mich die griechische Luft dazu gemacht!‹
Lord Byron
Schon auf der Hochzeitsreise, die das Brautpaar auf den Landsitz der Familie Milbanke führte, zeichnete sich ab, dass diese Verbindung nicht glücklich werden konnte. In seinem übersteigerten Individualismus konnte Byron seine Frau nicht lange in seiner Nähe ertragen. Er litt an Depressionen, wozu sicherlich auch seine drückenden Schulden von über 30000 Pfund beitrugen. Als sie im März zusammen für einige Tage Augusta besuchten, schlug Byrons schlechte Laune in beißenden Zynismus um. Er versuchte, so oft wie möglich mit seiner Schwester allein zu sein. Augustas Weigerung, die Intimitäten wieder aufzunehmen, brachte ihn dazu, beide Frauen zu verletzen, indem er wiederholt auf seine frühere inzestuöse Beziehung zu Augusta anspielte. Nur etwa ein Jahr lebte Byron mit Annabella zusammen. Während dieser Zeit pflegte er Kontakte zu diversen anderen Frauen. In diesem Jahr wurde sein einziges legitimes Kind, seine Tochter Ada, geboren. Sie sollte sich als naturwissenschaftlich begabt erweisen und wurde später eine bekannte Mathematikerin. Byron hatte an ihrer Erziehung keinen Anteil, denn kurz nach der Geburt des Kindes flüchtete seine Frau mit dem Säugling zu ihren Eltern. Sie sollte ihren Mann nie wiedersehen.
RITTER HAROLDS PILGERFAHRT
Lord Byrons romantisches Versepos »Ritter Harolds Pilgerfahrt« kann als Byrons poetisches Reisetagebuch gelesen werden: Die ersten beiden Cantos (1812) führen nach Portugal, Spanien, zu den Ionischen Inseln, nach Albanien und Griechenland, Canto 3 (1816) durch Belgien, zum Rhein und nach Genf, Canto 4 (1818) nach Italien. Natur und
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