Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik
Cambridge erschien sein erster in größerer Auflage veröffentlichter Gedichtband, »Stunden des Müßiggangs«, der das Thema seiner großen späteren Dichtungen vorwegnahm: die Verzweiflung an der Welt, die den hohen Idealen des aufstrebenden Geistes nicht standhält und als einzigen Ausweg die Flucht in die Natur lässt.
Die naive, sentimentale Naturschwärmerei seiner romantischen Zeitgenossen war Byron jedoch ein Gräuel; seine Vorbilder waren vielmehr die großen klassizistischen englischen Dichter des 18. Jahrhunderts, die er der Formvollendung ihrer Werke wegen tief verehrte. Nicht zufällig erreichte er daher sein erstes großes literarisches Publikum mit seiner Satire »Englische Barden und schottische Kritiker«, einer bissigen Abrechnung mit böswilligen Rezensenten seines ersten Gedichtbandes; auch viele seiner Dichterkollegen blieben von Byrons sarkastischem Spott nicht verschont.
Der wichtigste Freund aus der Studienzeit in Cambridge war der später als liberaler Politiker bekannt gewordene John Cam Hobhouse, der trotz aller späteren Skandale des Dichters stets zu ihm hielt, auch wenn dies der eigenen Karriere im öffentlichen Leben nicht immer zuträglich war. Er war es auch, der Byron auf seiner ersten »Pilgerfahrt« begleitete.
BYRONS ERSTE MITTELMEERREISE
Im Jahr 1809 brachen Byron und Hobhouse mit einigen Dienern zu einer Reise durch Südeuropa auf, die zwei Jahre dauern sollte und Byrons Leben von Grund auf veränderte. Nach Aufenthalten in Portugal, Spanien und Malta erreichten sie im September 1809 Griechenland. Von dort reiste Byron nach Albanien, wo er den Herrscher des Landes, Ali Pascha, traf, der ihn wie einen ausländischen Staatsgast empfing –eine Ehrbezeigung, die dem Dichter auch von allen anderen literarischen und politischen Größen, die er auf seinen Reisen besuchte, entgegengebracht wurde.
Byron gelang es, den Hellespont, die Meerenge zwischen Europa und Asien, zu durchschwimmen, eine Strecke von sechs Kilometern. Mit dieser Tat, durch die er Leander, einem Helden der griechischen Mythologie und Legende gewordenen Liebhaber, nacheifern wollte, brüstete er sich bis zu seinem Tod. Am eindrücklichsten jedoch waren seine Erfahrungen in Athen, wo Byron sich während seiner Reise immer wieder länger aufhielt. Hier nahm er erste Kontakte mit der erstarkenden griechischen Widerstandsbewegung gegen die türkische Besatzung auf.
Doch nicht nur sein Geist, wie er aus den großen in Griechenland entstandenen Werken spricht, scheint von der romantischen Umgebung der Ruinen Athens beflügelt worden zu sein. Seinem Freund Hobhouse, der nach etwa einem Jahr nach England zurückgekehrt war, schrieb er im Mai 1811: »Ich hatte eine Reihe griechischer und türkischer Frauen, und ich glaube, die anderen Engländer hatten ähnlich viel Glück, denn wir hatten alle den Tripper.« Im März 1811 verließ Byron endgültig Athen und landete im Juli in Kent, nachdem ihn bei einem einmonatigen Zwischenaufenthalt in Malta ein englischer Armeearzt von seinen diversen Leiden kuriert hatte. Bei seiner Ankunft in der Heimatstadt war die Nachricht vom Tod seiner Mutter die erste Neuigkeit, die ihn erreichte. Trotz aller Auseinandersetzungen, die er mit ihr gehabt hatte, hielt er ihr jedoch zugute, dass sie sein Anwesen zuverlässig und sparsam verwaltet hatte.
LITERARISCHER RUHM UND GESELLSCHAFTLICHER RUIN
Seit seiner Jugend hatte Byron davon geträumt, es den großen klassischen Rhetorikern gleichzutun und als politischer Redner zu Ruhm und Ehre zu gelangen. Mit seiner Jungfernrede im Oberhaus wollte er seine politische Karriere einläuten. Diese war jedoch von Anfang an zum Scheitern verurteilt, da sich sein aristokratischer Hochmut nicht glaubwürdig mit seinen Sympathiebekundungen für unterdrückte Arbeiter vereinbaren ließ.
Über den Misserfolg als politischer Redner tröstete ihn der literarische Erfolg seines ersten großen Werkes hinweg. Die ersten beiden Gesänge von »Ritter Harolds Pilgerfahrt«, des Versepos, an dem er während seiner gesamten Reise gearbeitet hatte, machten ihn über Nacht bekannt. »Childe Harold’s pilgrimage« ist die Geschichte eines jungen Aristokraten, der vor der moralisierenden englischen Gesellschaft flieht. Byron verarbeitete darin nahezu unverschlüsselt seine eigenen Erfahrungen und Reiseerlebnisse. Als Ausdruck von Byrons melancholischem Genie ist Ritter Harold das eindringlichste Dokument des Weltschmerzes seiner Zeit ebenso wie der Enttäuschungen
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