Worte bewegen die Welt
zurückbringt. Der Fortgang der Geschichte ist aus dem »Parzival« bekannt: Schionatulander wird auf seiner Suche nach dem Hund erschlagen, Sigune ergibt sich immer tieferer Trauer, bis auch sie stirbt. Untergangsstimmung, Schmerz und Düsternis durchziehen den gemessen an seiner Länge äußerst handlungsarmen, dafür aber dialogreichen Text, der auch aufgrund seines verrätselten, bilderreichen Stils innerhalb der mittelhochdeutschen Epik allein steht.
DANTE ALIGHIERI
SCHÖPFER DER ITALIENISCHEN NATIONALSPRACHE
Mit der »Göttlichen Komödie« schuf Dante die erste herausragende Dichtung in der italienischen Volkssprache und avancierte so zum Nationaldichter Italiens. Seit seiner Wiederentdeckung durch die deutsche und italienische Romantik wird Dante im gleichen Atemzug wie Shakespeare und Miguel de Cervantes Saavedra genannt
.
Mai oder Juni 1265
Geburt in Florenz
Juni 1290
Tod von Beatrice, seiner »idealen Geliebten«
ab 1295
politische Aktivitäten in Florenz
1302
Verbannung aus Florenz, Todesurteil
ab 1303
Wanderleben
14. 9. 1321
Tod in Ravenna
In Mai oder Juni 1265 wurde Dante als Sohn des Alaghiero degli Alaghieri und der Bella di Durante di Scolaio degli Abati im Zentrum des alten Florenz geboren. Die Mutter starb nur wenige Jahre nach seiner Geburt; der Vater war trotz aller innerstädtischen Auseinandersetzungen politisch desinteressiert. Dante dagegen verstand sich als Florentiner römisch-republikanischer Abkunft und fügte dieser politischen Wesensbestimmung eine religiöse hinzu: Sein Ururgroßvater Cacciguida sei von Konrad III. in den Ritterstand erhoben worden und während des zweiten Kreuzzuges (1147–49) im Kampf gegen die Heiden als Märtyrer gestorben. Kein Dokument belegt jedoch Dantes aristokratische, ritterliche Herkunft. Seine Familie väterlicherseits bestand vielmehr aus Kleingrundbesitzern, die im städtischen Umfeld von Florenz Geldgeschäfte machten – als Wechsler, Verleiher, vielleicht gar Wucherer. 1274, nach Boccaccio am 1. Mai, begegnete Dante zum ersten Mal Beatrice, die historisch vielleicht identisch ist mit jener Bice di Folco Portinari, die später Gattin des Simone di Geri dei Bardi wurde. Beatrice wurde für ihn Sinnbild aller Vergeistigung und zum Idealbild der Geliebten. Im Umkreis einer weiteren Begegnung mit Beatrice im Jahr 1283 dürften seine ersten Dichtungen entstanden sein. Zu diesem Zeitpunkt setzten wohl auch seine Kontakte zu anderen jungen Dichtern ein, zu Guido Cavalcanti, Cino da Pistoia und Lapo Gianni. Der Kreis der »Fedeli d’Amore«, der »Getreuen Amors«, begann sich zu formieren.
Selbstverständlich hat er bis dahin auch bereits Schulunterricht genossen, wahrscheinlich bei den Franziskanern von Santa Croce. Er lernte nach dem üblichen Ausbildungsschema der Zeit die lateinische Grammatik und traf zum ersten Mal auf die Kultur und Literatur der Römer, aber auch des lateinischen Mittelalters. Auf sein Vorbild Vergil, viel zitiert in Beispielsätzen der zu studierenden Grammatiken, dürfte er hier ebenfalls gestoßen sein. Von großer Bedeutung für seine wissenschaftliche Bildung, aber auch für seine Begeisterung für antike Autoren, ist der gelehrte Notar Brunetto Latini, der sich als entschiedener Guelfe während der sechsjährigen ghibellinischen Herrschaft in Florenz von 1260 bis 1266 in Frankreich aufhielt und von hier neue geistige Anregungen in die Stadt am Arno brachte. Dante selbst nennt ihn seinen »Lehrer«.
1287 hielt Dante sich wahrscheinlich in Bologna auf, wo er im Rahmen juristischer Studien erneut mit den praktischen Anforderungen einer stilistisch korrekten Prosa in Berührung gekommen sein könnte, deren Regeln die »artes dictaminis« genannten Lehrbücher enthalten.
Zuvor aber hatte er sich in ganz anderem Zusammenhang bewährt: Er war 1285/86 an einer militärischen Operation gegen die Ghibellinen, die Adelspartei, beteiligt und hat auch 1289 mit einiger Wahrscheinlichkeit auf Seiten der Guelfen, die den Aufstieg des Bürgertums förderten, gekämpft – wie eine perfekte Verkörperung jener von Vergil am Beispiel des Äneas gepriesenen Verbindung von Waffen und Wissenschaften. Am 8. Juni 1290 aber starb Beatrice. In seiner Erschütterung begann Dante kurze Zeit darauf mit der Arbeit an »Das neue Leben«.
»DAS NEUE LEBEN«
Eine intellektuelle Hochstimmung prägte das literarische Florenz der 1280er-Jahre. In diesem Klima von idealistischer Suche und utopischem Aufbruch genügten Dante und seinen
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