Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Worte bewegen die Welt

Worte bewegen die Welt

Titel: Worte bewegen die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brockhaus
Vom Netzwerk:
An ihrem Ende steht ein Ausblick auf das Leben von Parzivals Sohn Loherangrin.
    Die beiden Gawan-Partien (Bücher VII–VIII und X–XIV) entfalten die höfisch-politische Welt. Gawan ist von Anfang an ein perfekter Ritter, er unterliegt keiner Entwicklung, keiner Schuld und keiner religiösen Umkehr. Er wird in Probleme hineingezogen, an deren Entstehen er keinen Anteil hatte, steht auf der Seite der Gerechten und trägt entscheidend zur Konfliktlösung bei. An seinen drei Frauengeschichten zeigen sich typische, satirisch dargestellte Konstellationen höfischer Minne, die jeweils politische Konsequenzen haben.
    Gawan und Parzival bewegen sich sowohl zeitlich als auch räumlich synchron. Auch einige ihrer Abenteuer sind analog strukturiert und veranschaulichen gerade dadurch Gemeinsamkeit und Kluft zwischen Ritter- und Gralsgesellschaft, wobei Wolframs Wohlwollen der Letzteren gilt. Dennoch sind beide Gesellschaften erlösungsbedüftig: Parzival erlöst Amfortas, Gawan und Artus den Artuskreis. Verkehrte Formen der Liebe bedrohen die Existenz beider Gesellschaften: Amfortas entflammte in »unreiner« Liebe, Klingsor beging Ehebruch. Die rechte Minne ist in beiden Gesellschaften die bewahrende, treue Minne. Minneleid ist eine Folge fehlerhaften Verhaltens und nicht eines ungnädigen Schicksals.
    Auch Chrétien de Troyes verlieh seinem »Perceval« eine religiöse Ausrichtung, indem er die Einsiedlerepisode und die religiöse Bewährung seines Helden ins Zentrum rückte. Dabei wird sowohl dem Helden als auch dem Leser erst durch spätere Erklärungen klar, worin die Sünde, für die gelitten werden muss, bestanden hat. Wolfram übernahm diese Technik des nachträglichen Erläuterns und vermehrte die Sündenzahl. Welche der Sünden Parzivals die schwerste ist – der Tod seiner Mutter an gebrochenem Herzen, die Tötung Ithers oder sein Gotteshass –, bleibt offen und erschwert die Bestimmung der theologischen Position Wolframs. Am meisten aber wird über den Symbolgehalt des Grals diskutiert, wobei man die Deutung als »Stein der Demut« favorisiert. Doch ist der Gral bei Wolfram auch ein Symbol des Christentums und seiner Kirche schlechthin: Er besitzt eucharistischen Charakter, denn er speist und tränkt in beliebiger Fülle; er weist hinsichtlich der Anspielungen auf Jerusalem, die Kreuzzüge oder den Priesterkönig Johannes in die Heilsgeschichte und die Endzeit; er repräsentiert die Lehre von der Auferstehung durch den Opfertod Christi und bildet das spirituelle Zentrum der Gralsgemeinschaft ebenso wie einen Hort des Willens Gottes in der Welt.
    WILLEHALM
    Auch der »Willehalm«, der in knapp 80 Handschriften aus dem 13. bis 15. Jahrhundert überliefert ist, erfreute sich mit seinen 13 988 Versen außerordentlicher Beliebtheit und fand zuerst in Ulrich von Türheims »Rennewart« (um 1250, 42 Handschriften) seine Fortsetzung. Der »Rennewart« führt die Geschichte Willehalms und Gyburgs bis zu ihrem Tod weiter. Ulrich von dem Türlins »Arabel« (1260–70, 27 Handschriften) ergänzt die Vorgeschichte Willehalms um seine Jugend, seine Gefangenschaft beiden Heiden und die Flucht mit Arabel-Gyburg. Der so entstandene dreiteilige Wilhelm-Zyklus ist als solcher mehrfach handschriftlich überliefert und erhielt im 15. Jahrhundert die Form eines Prosaromans.
    LANDGRAF HERMANN I. VON THÜRINGEN
    (* 1190, † 1217)
    Landgraf Hermann I. von Thüringen, dem Wolfram von Eschenbach in seiner Dichtung »Titurel« einen Nachruf widmete und dem er wohl die Vorlage des »Willehalm« verdankte, wird in den Dichtungen zwar nicht eindeutig als Auftraggeber bezeichnet, doch von der Forschung als solcher angenommen. Er galt als wichtigster Förderer deutschsprachiger Literatur seiner Zeit.
    Auch Graf Poppo (I. oder II.) von Wertheim und die Freiherren von Durne, ein Zweig der Vohburger Markgrafen, eine von Wolfram von Eschenbach unbenannt gebliebene Dame sowie die Grafen von Abenberg und Dollnstein werden als Gönner in Betracht gezogen.
    Daher geht man davon aus, der Dichter habe neben Franken und Bayern auch Thüringen bereist, vielleicht sogar Italien. Der Umfang seines Werkes lässt auf eine mehrjährige Förderung an größeren Höfen schließen.
    ›Ist es Sünde, dass die, die niemals die Botschaft der Taufe gehört haben, wie Vieh erschlagen werden? Ich erkläre es für eine große Sünde, denn sie sind alle Gottes Geschöpfe.‹
    Person des Erzählers im »Willehalm« Wolframs von Eschenbach
    Wolfram von Eschenbachs

Weitere Kostenlose Bücher