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Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)

Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)

Titel: Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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Wetterphänomenen angeht. Einige halten die Schwankungen, die
wir im Augenblick erleben, für ganz normal.«
    »Normal! Normal! Was für ein Quatsch! Schon
vergessen, dass wir seit Jahren weder einen richtigen Winter noch einen echten Sommer
hatten?«, schimpfte der erste zurück. »Der Mensch ist schuld an den Veränderungen.
Wir bringen uns grade global um die Ecke!«
    »Ach ja? Und was ist mit der Theorie der
Erwärmung durch tektonische Bewegungen? An denen kann der Mensch nur schwer schuld
sein.«
    »Nun hört schon auf!«, griff der dritte
schlichtend ein und schob seine Brille zurecht. »Euer Essen wird kalt. Globale Eiszeit
auf dem Teller – igitt!«
    Die Kontrahenten starrten sich noch einen
Moment giftig an, dann setzte sich doch der Hunger durch, und sie vertagten die
Diskussion auf einen späteren Zeitpunkt.
    Nachtigall trat an den Tisch heran und fragte:
»Sie studieren Ökologie?«
    Drei Augenpaare schielten misstrauisch zu
dem Riesen auf.
    »Wer will das wissen?«
    »Kriminalhauptkommissar Peter Nachtigall.«
    »Kripo? Okay – wir waren’s nicht! Wir haben
die Klimakatastrophe nicht verursacht«, beteuerte der Lockige und griff sich mit
der Schwurhand zum Herzen. Die anderen beiden feixten.
    »Das sollten Sie besser nicht so absolut
behaupten. Immerhin essen Sie gerade Rindergulasch. Denken Sie an all das Methan,
das dieses Rind bis zu seinem Tod produziert hat. Und bestimmt enthielt Ihr Deo
früher Treibgas, und Ihre Eltern kühlten die Milch noch nicht mit einem FCKW-freien
Kühlschrank. So gesehen ist keiner frei von Verantwortung.«
    »Oho – Sie sind im Bilde?«, fragte der Lockige
nun wesentlich zurückhaltender.
    »Ja, vielleicht. Aber deswegen sind wir
nicht hier.«
    Nachtigall stellte die Kollegen vor. Sie
zogen Stühle heran und setzten sich zu den Studenten, die bereitwillig zur Seite
rutschten.
    »Kennen Sie Claudine Caro?«
    Nervöse Blicke wurden ausgetauscht.
    »Warum will die Kripo das wissen? Hat sie
irgendetwas ausgefressen?«
    »So würde ich das nicht nennen. Neigte sie
denn dazu, etwas auszufressen?«
    »Nein, entschieden nicht!«, legte sich der
Streitschlichter fest. »Claudine tut nie etwas Verbotenes! Sie hat viel zu große
Angst, wieder nach Hause geschickt zu werden.« Nachtigall bemerkte, wie sich das
Gesicht des jungen Mannes vor Zorn rötete.
    »Wieso ›neigte‹?« Dem Lockigen war das Präteritum
aufgefallen.
    »Claudine Caro wurde ermordet.«
    Die drei angehenden Ökologen lehnten sich
auf ihren Stühlen zurück und starrten schweigend vor sich hin.
    »Sind Sie sicher?«, fragte der Streitschlichter
dann im Flüsterton.
    »Ja. Wir sind sicher. Kannten sie Claudine
näher?«
    »Näher? Wenn Sie damit mehr als eine platonische
Beziehung meinen, dann ich nicht. Ansonsten besuchen – besuchten – wir eben einige
Vorlesungen gemeinsam und arbeiteten auch zusammen an ein paar Projekten.« Der Lockige
war nun sehr ernst geworden und schielte zu seinem Gegenüber.
    »Und Sie?«, wandte sich Nachtigall nun an
den Brillenträger.
    »Wir waren, nun ja, also Claudine und ich«,
er stockte, schluckte hart und sprach erneut. Seine Stimme klang rau. »Wir wollten
heiraten.« Er schob seinen Stuhl zurück und sprang auf.
    Michael Wiener folgte ihm in einigem Abstand,
als er aus der Mensa stürmte.
    »Und Sie?«
    »Ich kannte – es fühlt sich seltsam an,
von Claudine in der Vergangenheit zu sprechen, sie war so unglaublich präsent –
ich kannte sie auch nur vom Studium her. Manchmal sind wir alle zusammen zu einer
Party gegangen, ins Kino, auf den Weihnachtsmarkt. Sie war ein nettes Mädchen, etwas
verschlossen, aber immer freundlich.«
    »Sprach sie gut Deutsch?«
    »Oh ja. Sie war sehr sprachbegabt. Es fiel
ihr unglaublich leicht. Und wenn wirklich mal eine Vokabel fehlte, kannte sie das
Wort auf Englisch. Kommunikation war für sie überhaupt kein Problem«, versicherte
der Lockige.
    »Sie kannten Claudine Caro auch?«, wandte
sich Nachtigall nun an den Einzigen der Runde, der bisher spärlich geantwortet hatte.
    »Ja«, lautete die gepresste Antwort.
    »Wir versuchen uns ein Bild von Claudine
zu machen. Wie war sie denn? Zickig, schwierig, lustig, aufgeschlossen?«
    »Claudine war immer freundlich zu jedermann«,
antwortete der bisher schweigsame Student und sah Nachtigall direkt ins Gesicht.
»Nie habe ich erlebt, dass sie mit jemandem gestritten hat. Wir Schwarzen sind manchmal
ein wenig vorsichtig, wenn wir ausgehen wollen, und vielleicht hat Claudine es mit
ihrer

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