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Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)

Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)

Titel: Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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praktizieren
die Menschen etwas Ähnliches. Santeria. Die Rituale sind mit denen des Voodoo nicht
identisch, wirken aber eng verwandt«, erzählte Peter Nachtigall und verzog unwillig
das Gesicht, als würde er nicht gerne daran erinnert.
    Doch Skorubski ließ nicht locker. »Dein
Freund hat also an diese Zauberei geglaubt? Wie heißt der Freund denn – wahrscheinlich
kenne ich ihn doch auch?«
    »Ja, natürlich hast du ihn gekannt – aber
du bist ihm immer aus dem Weg gegangen.«
    »Oh – Pablo!« Skorubski nickte nachdenklich.
Ja, es stimmte, er hatte sich von Pablo ferngehalten, diesem unheimlichen jungen
Mann, dessen brennender Blick sich so tief in die Augen seines Gegenübers senkte,
dass er das Gefühl hatte, Pablo könne alle Geheimnisse in seiner Seele lesen. Er
fröstelte unwillkürlich und zog die Schultern hoch.
    »Was ist eigentlich aus ihm geworden?«
    »Er kam kurz nach Beendigung seiner Ausbildung
zum Mechaniker ums Leben.«
    »Wie tragisch. Bei einer Messerstecherei
vermutlich.«
    »Durch einen Puppenzauber.«
     
    Madeleine Treschker wohnte am Rande von Maiberg.
    Sie öffnete schniefend die Tür und ließ
die beiden Ermittler zögernd eintreten.
    »Frau Treschker, es tut mir wirklich leid,
Sie ausgerechnet jetzt mit Fragen zu quälen, aber wenn wir den Mörder ihrer Nichte
fassen wollen, müssen wir mehr über Claudines Leben erfahren.«
    Die große Frau nickte, führte ihre Besucher
ins Wohnzimmer und bot ihnen an, auf der schwarzen Ledercouch Platz zu nehmen, während
sie selbst sich in einen der Sessel schob.
    Bunte Kissen und ein leuchtend orangefarbener
Teppich sorgten für Fröhlichkeit und Leichtigkeit, zumal auch das Wandregal schwarz
glänzte.
    »Wollten Sie nicht eine Freundin bitten,
zu Ihnen zu kommen? Es ist bestimmt nicht gut für Sie, jetzt allein zu sein«, meinte
Nachtigall besorgt und warf einen prüfenden Blick in das Gesicht der Tante.
    »Ja. Sie kommt auch. Ihr Chef lässt sie
nicht eher gehen – sie kommt nach Dienstschluss.«
    »Dann wird auch Ihr Mann hier sein?«
    Frau Treschker nickte.
    »Was soll ich Ihnen sagen?«, sie putzte
sich die Nase und wischte rasch ein paar Tränen von den Wangen. »Claudine war ein
freundliches, fleißiges Mädchen. Sie hat ernsthaft studiert und keine Ablenkung
zugelassen, um den Abschluss möglichst zügig und besonders gut zu machen. Sie hat
ihre Zeit nicht auf sinnlosen Partys vergeudet. Jeden Abend haben wir miteinander
telefoniert.« Sie sah den Hauptkommissar aus verschleierten Augen an. »Deshalb habe
ich ja auch sofort gewusst, dass ihr etwas zugestoßen sein musste. Sie ist immer
so zuverlässig«, sie stockte und jammerte dann laut: »War.«
    »Hatte Claudine Freunde oder Freundinnen?
Zum Beispiel an der Uni?«
    »Mit mir hat sie meist über ihr Studium
gesprochen. Da gab es natürlich Meinert. Der war in sie verliebt. Und noch einen
Kirk und einen Norbert – das müssen Freunde aus dem Studiengang gewesen sein. Eine
Beate, eine Heide, eine Kristina. Wahrscheinlich auch Kommilitoninnen.«
    Frau Treschker nestelte an ihrer Jacke und
zog ein frisches Taschentuch hervor.
    »Was soll ich nur ihrer Mutter sagen? Wie
kann ich meiner Schwester erklären, dass ihre Tochter direkt unter meinen Augen
ermordet wurde?« Sie schluchzte haltlos.
    Nach einer Unterbrechung, die Frau Treschker
nutzte, um sich zu beruhigen und Tee zu kochen, fragte Skorubski, der nicht glauben
konnte, dass eine so junge Frau nicht regelmäßig auf Partys ging:
    »Was unternahm Ihre Nichte denn in Ihrer
Freizeit?«
    »Arbeiten. Lernen. Studieren«, beharrte
die Tante, schenkte den aromatischen Tee ein und reichte mit zitternden Händen die
Tassen weiter.
    »Wir brauchen natürlich die Adresse, unter
der wir die Eltern Claudines erreichen können. Gibt es eine Telefonnummer?«
    »Ich schreibe Ihnen alles auf. Aber die
Post dauert ewig, und zuverlässig ist sie nicht. Die Telefonverbindung ist fast
immer schlecht, und Claudines Eltern sprechen kein Deutsch. Am geschicktesten ist
es, wenn man versucht, einen Polizeibeamten zu erreichen, der hinfährt. Das Dorf
liegt ziemlich weit außerhalb von Port-au-Prince.«
    »Wir haben am Tatort keine Tasche gefunden.
Trug Ihre Nichte in der Regel eine Handtasche oder einen Rucksack bei sich?«, wollte
Nachtigall als Nächstes wissen.
    Frau Treschker überlegte und antwortete
dann mit tränenschwerer Stimme: »Sie nahm den Rucksack nur, wenn sie zur Uni ging.
Sonst war es eine bunt gestreifte, gewebte Umhängetasche. Ungefähr

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