Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)
vielleicht käme sie ja morgen mit diesem
hübschen schwarzen Studenten ins Gespräch, mit dem Claudine sie immer verkuppeln
wollte.
»Hilf mir halt ein bisschen!«, bat sie flüsternd.
»Ich bin nicht wie du.«
Ein kurzer Blick auf die Uhr ließ sie zusammenfahren.
Schon so spät!
Wenn sie sich jetzt nicht sputete, kam sie
noch zu spät zu ihrer Schicht.
Sie hängte Jeans und Bluse auf einen Bügel
und schlüpfte in bequeme, fahrradtaugliche Kleidung. Im Vorbeigehen schaltete sie
gleichgültig den Fernseher aus. Hätte sie auf den Bildschirm gesehen, wäre ihr womöglich
aufgefallen, dass Meinert Hagens Foto hinter dem Nachrichtensprecher eingeblendet
worden war.
39
»Gute’ Morge’!« Michael Wiener saß schon gut gelaunt hinter
seinem Computer.
»Guten Morgen. Habt ihr heute schon Zeitung
gelesen?«, fragte Peter Nachtigall die Kollegen.
»Nein, heute nicht. Haben wir wieder eine
schlechte Presse?«, wollte Skorubski wissen.
»Heute findet eine Trauerfeier für Claudine
Caro statt. Natürlich werden wir hinfahren. Ich könnte wetten, wir treffen dort
auch unseren Täter. Denn wenn er bisher nicht genau gewusst hat, wer zum Freundeskreis
von Claudine gehörte, ist es ihm spätestens nach dieser Trauerfeier klar.«
»Michael, hast du diese Freundin Heide inzwischen ausfindig
machen können?«
»Nein, ich weiß nur, dass sie bei ›Burger
King‹ arbeitet. Aber immer, wenn ich g’komme’ bin, war sie nicht da. Offensichtlich
leidet das Personal unter der Grippewelle, und so springt sie zwischendurch mal
hier, mal dort ein und ist unregelmäßig anz’treffe’.«
»Du hast dir doch sicher die Adresse geben
lassen?«
»Ja. Auch die Telefonnummer. Aber bisher
konnte ich sie nicht erreichen.«
»Und Namen sowie Adressen von seltsamen
Kunden? Hast du auch danach gefragt?«
»Ja. Ich hab die Adresse’ von drei Kunde’,
die auffällig g’wese sin’. Ich find’s komisch, dass das Personal sogar von den Kunde’
solche Daten hat. Woher wisse’ die denn, wie ich heiß’, wenn ich dort einen Burger
kauf’?«
»Frag sie doch mal – mich würde das auch
interessieren.« Nachtigall lachte leise. »Wir teilen uns auf. Albrecht und ich besuchen
Heide – wie war der Nachname?«
»Fischer!«
»Also Heide Fischer und einen der seltsamen
Kunden. Du die anderen beiden. Dann kommen wir hier zusammen und werten aus, bevor
wir zu dieser Trauerfeier fahren.«
»Gut. Ich informiere Emile, damit er zur
Besprechung hier ist oder uns zu der Trauerfeier begleitet«, erbot sich Michael
Wiener, während er die Adressen auf einen Zettel schrieb, den er in der Mitte durchriss.
Nachtigall reichte er die eine Hälfte, die andere schob er in seine Gesäßtasche.
»Na, dann.«
»Wohin fahren wir zuerst?« Albrecht Skorubski sah sich
die Adressen an.
»Der junge Mann wohnt an einer Ecke zur
Straße der Jugend. Wir fragen erst bei ›Burger King‹ nach Heide Fischer«, entschied
Nachtigall. »Wenn sie nicht dort ist, fahren wir erst zu – wie heißt der Mann? –
Leisebub? Siegfried-Uwe Leisebub?«
»Der hat sicher als Kind viel Spott einstecken
müssen. Man kann sich seinen Namen eben nicht aussuchen«, antwortete Skorubski mitfühlend.
Zügig erreichten sie den Mehringdamm und
bogen in die Stadtmitte ab.
»Ich halte in der Burgstraße und lege einen
Zettel hinter die Scheibe, für die Damen vom Ordnungsamt.«
»Und was schreibst du da drauf? Bitte keine
Knöllchen für Kollegen?«
»Nein!«, Skorubski zwinkerte dem Freund
zu. »›Polizeieinsatz‹.«
Heide Fischer, erklärte ihnen der Leiter
der Filiale, dessen Namensschild ihn als Johannes Pauk identifizierte, sei nicht
hier, käme heute auch nicht, da sie für diesen Tag freigenommen habe. »Wegen einer
Trauerfeier«, empörte sich der gestresste Mann. »Wo doch hier jede Hand gebraucht
wird.«
Aufgrund der Erkältungswelle seien so viele
Kollegen ausgefallen, er wisse ohnehin nicht, wo ihm der Kopf stünde, lamentierte
er weiter, und dann kämen die gesunden Mitarbeiter nicht, weil sie private Termine
wahrnehmen wollten, und die anderen würden ermordet. Unhaltbare Zustände. Er habe
gleich gesagt, man solle sich impfen lassen, aber darauf wollten die Kollegen nicht
hören. Doch bei dem häufigen Kundenkontakt. Da musste man ja krank werden.
Schnell verließen sie das Fast-Food-Restaurant
und überließen den Filialleiter seinen Organisationsaufgaben.
»Du liebe Zeit! So ein Gejammer!«, stöhnte
Skorubski, als er die Autotür
Weitere Kostenlose Bücher