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Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)

Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)

Titel: Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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Menschen
zusammen?
    Falls es der Gedanke an ihren Sohn Meinert
war, so brach das filigrane Gefüge nun in sich zusammen. Bestimmt könnte Professor
Hagen die Pflege seines Vaters nicht selbst in die Hand nehmen, und eine seiner
Studentinnen würde sich wohl kaum all das boshafte Gerede so geduldig gefallen lassen.
Wahrscheinlich käme der Vater in ein Pflegeheim.
    Er seufzte und ertappte sich bei dem Gedanken,
dass es für Frau Hagen wünschenswert sein könnte, den Absprung zu schaffen.
    »Woran denkst du?«, fragte Conny.
    »An die Menschen, die in diesen Fall verwickelt
sind«, blieb er allgemein. Er würde ihr später mehr darüber erzählen. »Hast du eigentlich
auch von dieser Studie gehört, die belegt, dass Menschen mit großem Bauchumfang
ein dreifach erhöhtes Risiko haben, im Alter dement zu werden?«
    »Ja. Erschreckend, nicht? Wenn du bedenkst,
dass es immer mehr dicke Kinder gibt, sieht die zukünftige Entwicklung dieser Gesellschaft
nicht allzu rosig aus.«
    »Wirst du dich um mich kümmern, wenn ich
auch davon betroffen sein sollte?«
    Conny betrachtete ihn kritisch. »Du wirst
nicht betroffen sein.«
    »Aber wenn?«
    »Nein«, entschied sie. »Wenn du dement bist,
ist es dir sowieso egal, wer dich pflegt.« Damit ging sie in Richtung Seilzüge davon.
    Wie vom Donner gerührt, sah er ihr nach.
    Doch dann erkannte er an ihren bebenden
Schultern, dass sie schallend lachte.
    Sie brauchte sich nicht umzudrehen, um zu
wissen, was für ein schockiertes Gesicht er machte.
    »Biest!«, zischte er ihr liebevoll nach
und legte mit den Handkurbeln den Rückwärtsgang ein.
     
    »Also hattest du doch nicht alle Kraft im Studio aufgebraucht«,
murmelte Conny später, als sie sich fest an ihn kuschelte und die Bettdecke bis
zum Kinn zog.
    »Nein – Männer können ihre Kräfte einteilen.
Sie haben den nötigen Überblick.«
    »Oh!«
    »Ja!«, bekräftigte er. »Das ist wie beim
Geld. Während sie immer noch ein Paar Schuhe kauft, spart er lieber fürs Haus.«
    »Uhhh! Ein Mann aus einem weit zurückliegenden
Jahrhundert. Schön, Sie kennenzulernen. So etwas habe ich ja schon lange nicht mehr
gehört«, lachte Conny.
    »Siehst du – es gelingt mir doch immer wieder,
dich zu überraschen. Warte nur, bis wir verheiratet sind«, drohte er amüsiert brummend.
    »Apropos Heirat. Nein, nein – ich will keinen
Rückzieher machen«, beruhigte sie ihn sofort, als sie merkte, wie sein Körper sich
verkrampfte. »Es geht auch nicht um unsere, sondern um Jules. Birgit wird sicher
kommen.«
    »Nein. Wird sie nicht. Jule hat sie eingeladen,
stimmt. Aber Birgit wird wissen, dass sie das nur aus Höflichkeit getan hat.«
    »Peter, Jule wird ihr doch auch von ihrer
Schwangerschaft erzählt haben. Schließlich wird Birgit Oma.«
    »Aber erst in ein paar Monaten. Nicht jetzt.«
    »Ich wollte nur, dass es dich nicht unvorbereitet
trifft. Mach dich einfach mit der Vorstellung vertraut, sie könnte dir über den
Weg laufen.«
    »Nun, das würde mir die Freude an Jules
Hochzeit gründlich vermiesen. Ich geb’s zu.«
    »Aber du würdest nicht so weit gehen und
deine Teilnahme davon abhängig machen?«
    Er streichelte ihren Rücken.
    »Nein. Es sind schließlich noch mehr Leute
da, die ich nicht unbedingt von Herzen liebe. Emile zum Beispiel«
    Conny kicherte.
    »Peter Nachtigall! Du bist so furchtbar
albern! Akzeptiere doch endlich, dass deine Tochter ihn liebt! Wie kann man sich
nur so anstellen?«
    »Ich war gestern mit ihm ein Bier trinken.
Eigentlich einen Wein. Und ich habe ihn ausgehorcht. Habe all die Fragen gestellt,
die ich ihm schon immer stellen wollte.«
    »Und?«
    »Nun kenne ich die Antworten«, murmelte
Nachtigall knapp.
    Conny knuffte ihn schmerzhaft in die Seite.
    »Ja, ja, schon gut! Körperliche Gewalt schon
vor der Ehe«, protestierte er. »Gut – er ist nett. So! Zufrieden?«
    »Nein!«
    »Er studierte Psychologie mit dem Ziel,
Profiler bei der Polizei zu werden, und hat alle Abschlüsse so beeindruckend gut
gemacht, dass er dieses Ziel in unglaublich kurzer Zeit erreichen konnte. Seine
Triebfeder war ein persönliches Erlebnis.«
    »Nun, das wusste ich alles schon. Hat er
nichts Neues erzählt? Was für ein persönliches Erlebnis zum Beispiel?«
    »Ich weiß nicht, ob ich das weitererzählen
darf.«
    »Peter!«
    »Seine Mutter wurde Opfer eines Sexualstraftäters
– eines Serienvergewaltigers. Der Mann war schon seit Monaten in der Gegend aktiv,
aber konnte immer wieder entwischen. Die Polizei hatte nicht die

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