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Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)

Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)

Titel: Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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zuzog.
    »Aber Zeit für sich und die Pflege seines
Körpers bleibt noch – trotz des Stresses. Hast du bemerkt, dass er lackierte Fingernägel
hatte?«, fragte Nachtigall amüsiert.
    »Nein! Rot?«
    »Quatsch – farblos. Aber eindeutig lackiert.«
     
    Das orangefarbene Haus in der Joliot-Curie-Straße machte
einen unfreundlichen und seelenlosen Eindruck.
    Das Klingelschild war bis auf zwei Namen
leer. Offensichtlich waren all die anderen Wohnungen nicht bezogen.
    »Warum ist denn hier so ein Leerstand? Wurde
der Komplex nicht gerade erst renoviert?«, wunderte sich Nachtigall, als er an dem
Gebäude hochsah.
    »Ja, vor zwei oder drei Jahren. Aber dieses
Haus stand von Anfang an teilweise leer. Vielleicht wurde nicht auf einen wirkungsvollen
Lärmschutz geachtet – immerhin fährt direkt die Straßenbahn dran vorbei.«
     
    Siegfried-Uwe Leisebub stand in der geöffneten Tür seiner
Wohnung und erwartete die Besucher mit argwöhnischem Blick.
    »Kriminalpolizei Cottbus. Mein Name ist
Nachtigall, dies ist mein Kollege Skorubski.« Sie zeigten ihre Ausweise vor, und
der magere junge Mann kontrollierte sie sorgfältig.
    »Das wird aber auch Zeit!«, antwortete er
dann zur Verblüffung der beiden Beamten und zerrte sie am Ärmel in den Flur.
    Nachtigall signalisierte seinem Freund abzuwarten.
    »Wissen Sie, wie lange ich schon auf Sie
warte?« Ächzend schob Leisebub eine Kommode vor die Tür. Raus kamen sie nun nicht
mehr, dachte Nachtigall, und war gespannt darauf zu erfahren, warum der junge Mann
auf die Polizei gewartet hatte.
    »Schon vor Wochen habe ich angerufen. Aber
die Streife war nicht bereit, mir richtig zuzuhören. Die haben nur einmal kurz in
den Keller geguckt und sind wieder verschwunden. Aber sie wurden selbstverständlich
beobachtet – und deshalb konnten sie auch nichts finden.«
    Hastig schob er seine Besucher in die Küche
und schloss die Tür hinter ihnen.
    »Die sind nämlich schlau, wissen Sie?«
    Nachtigall und Skorubski wurden genötigt,
am Tisch Platz zu nehmen.
    »Aber ich wohne im obersten Stock. Das ist
günstig. Mit diesem Fernrohr entdecke ich sie schon lange bevor sie hier sind. Dann
schalte ich den Mechanismus ein. Nur wenn ich nicht zu Hause bin, dann kann ich
nichts unternehmen.«
    »Wer kommt denn?«
    »Es sind Verwandelte. Sie können beinahe
jede Struktur annehmen – deshalb ist es so schwer, sich vor ihnen zu schützen. Wenn
ich die Tür abschließe und die Kommode davorschiebe kann ich nicht verhindern, dass
sie unter der Tür hindurchwehen oder hereinfließen.«
    »Ja, das ist sicher ein Problem. Man erkennt
sie dann ja kaum«, bestätigte Nachtigall verständnisvoll.
    »Genau! Aber mich können sie nicht so leicht
täuschen. Deshalb versuchen sie, mich zu vernichten. Damit ich die Menschheit nicht
warnen kann«, berichtete der junge Mann mit brennenden Augen und lebhaft gestikulierend.
    »Und woran erkennen Sie die?«
    »Sie sind schwarz.« Triumphierend hob er
den Kopf.
    »Von außen? Ihre Haut ist schwarz?« Nachtigall
beugte sich vor.
    »Ja. Ich weiß natürlich, dass es auch Menschen
gibt, deren Haut schwarz ist – aber bei denen ist es anders. Sie glitzern. Wie mit
Goldstaub gepudert. Ich finde es immer heraus, wenn sie da waren. Sie hinterlassen
eine Staubschicht in der Wohnung. Wenn man es wegwischt, ist es grauschwarz. Aber
mich können die nicht täuschen. Oh nein! Möchten Sie vielleicht einen Kaffee? Oder
einen Saft? Ich gehe nämlich in zwei Stunden zur Arbeit, da brauche ich noch ein
bisschen Kaffee vorher.«
    Nachtigall nickte. »Kaffee wäre prima, danke.«
    Albrecht Skorubski führte seine Magenprobleme
an und lehnte dankend ab.
    »Wo arbeiten Sie denn?«
    »Ich bin Gebäudereiniger. Heute ist Grundreinigung
bestellt. In einem Café. Da putzen wir von den Fenstern über die Böden und Tische
wirklich alles. Selbst die Wände! Aber die Kunden möchten natürlich nicht in einem
verdreckten Café sitzen, ist ja klar.« Er bereitete die Kaffeemaschine vor und füllte
Wasser ein.
    »Und wenn Sie unterwegs sind – treffen Sie
die dann auch manchmal?«
    »Ja – die sind ja geschickt. Manchmal bedienen
sie dich sogar an einer Theke, und du merkst es nicht.«
    »Wo ist Ihnen denn das schon mal passiert?«
    »Oft. Überall! Aber ich warte dann immer,
bis das Licht so tangential in die Gesichter fällt. Dann kann ich den goldenen Schimmer
entdecken und weiß, dass ich mich vorsehen muss. Bei ›Burger King‹ ist auch eine,
bei der kann man sich nicht sicher

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