Wortstoffhof
umfasste? Dass sie sich bereits ein Trikot anschafften, obwohl sie nicht mal zu einem Trainingslager geladen waren? Wie soll man das werten? Zeichen bedingungsloser Einsatzbereitschaft? Oder doch etwas wie Realitätsferne?
Jedenfalls: Kauflaune.
Reicht es nicht, dachte ich, dass es so schlimm-unwägbare Dinge wie »saisonal bedingte Arbeitslosigkeit« gibt? Was das Kaufen angeht, dachte ich: Es war doch nie eine Frage der Laune in Deutschland. Dieses Land ist mit Schlussverkäufen groß geworden. Mit langen Schlangen, die inbitterer Kälte auf die Öffnung der Kaufhaustüren warteten. Mit knallhartem Einsatz am Wühltisch. Vergessen wir nicht die deutsche Hausfrau, die noch jede Konkurrentin um ein Sonderangebot abgrätschte, wenn es sein musste! Unsere Eltern haben nie zu Hause gesessen und auf Erzeugung irgendwelcher Launen gewartet, sie sind hinausgegangen in die Fußgängerzonen und haben gekämpft . Und es sind die tristen Tage gewesen, an denen sie zur großen Form aufliefen und konsumierten, was der GfK-Index hergab.
Kauflaune, dachte ich dann, das mag etwas für Brasilianer sein. Konsumklima, Verbraucherstimmung, Anschaffungsneigung – ha! So dachte ich: Kaufen darf in diesem Land nie eine Frage der Laune sein. Kaufen ist Kampf, wir müssen aus der Defensive heraus unseren Kauf machen, dachte ich, anders ist es nie gewesen, vergesst die deutschen Tugenden nicht!
Kauflaune, Blödsinn.
KEINPROBLEM
Ich möchte für die allgemeine zwischenmenschliche Kommunikation zwei Änderungen vorschlagen.
Erstens: Was ich sehr gerne eine Weile nicht mehr hören würde, das ist die Wendung Keinproblem.
Keinproblem ist an sich kein schlechtes Wort. Nehmen wir an, mein Computer würde nicht mehr funktionieren oder die Waschmaschine wäre kaputt oder die Balkontür würde nicht mehr schließen … Da würde man einfach gern irgendwo anrufen, einem Menschen am anderen Ende der Leitung sein Problem schildern. Und wie schön wäre es, dieser Mensch würde mit leichter Stimme Keinproblem sagen. Und das Problem durch irgendeine Maßnahme erledigen.
Das geschieht aber nicht. Stattdessen hören wir am Telefon Musik, wir werden verbunden, es sind gerade alle Serviceberater im Gespräch, es sind diese Woche keine Reparaturtermine mehr frei, die Ersatzteile sind im Moment gerade nicht zu beschaffen, wir müssten von 8 bis 14 Uhr daheim bleiben, um auf den Mechaniker zu warten, der aber erst um 16 Uhr kommt, und drücken Sie bitte Taste eins, wenn Sie mit der Aufzeichnung des Gesprächs einverstanden sind, und sprechen Sie jetzt laut und deutlich Ihre Kundennummer – was, Sie wissen Ihre Kundennummer nicht? Oh. Diese Sachen. Lauter Probleme dort, wo wir gern Keinproblem hätten.
Stattdessen höre ich Keinproblem zehn Mal am Tag, wenn tatsächlich gar kein Problem vorhanden ist. Ich setze michim leeren Café von einem Tisch an einen anderen, weil es am ersten Tisch zieht, erkläre das der Kellnerin – und? Keinproblem, sagt sie. Ich probiere im Laden einen Pullover, probiere noch einen zweiten, sage dann, ich würde doch lieber den ersten nehmen – was spricht die Verkäuferin? Keinproblem. Ich stehe in der Metzgerei, kaufe dieses, kaufe jenes und sage am Ende, jetzt hätte ich gerne noch drei Weißwürste. Keinproblem.
Ja, warum auch? Warum sagt man mir dauernd, wenn meilenweit Keinproblem zu sehen ist, dass dies Keinproblem sei, während, wenn ich mitten in den Problemen stecke, niemals einfach jemand Keinproblem sagt.
Das geht so nicht weiter.
Zweitens: Seit einer Weile melden sich, wo immer ich anrufe, am Telefon Menschen etwa so: »Guten Tag, hier ist die Firma Soundso und Sowieso, mein Name ist Kürzenich-Hintermeier, was kann ich für Sie tun?«
Ehrlich, darauf kann ich verzichten. Das ist mir zu kompliziert, zumal ich den Firmentitel und den Namen meiner Telefonpartnerin oft sowieso nicht verstehe, weil die Dame schon selbst weiß, dass der Satz, den sie zweitausend Mal pro Tag sagt, viel zu lang ist, weshalb sie ihn so schnell ausspricht, dass … Klar. Sie startet full speed mit »Gntg, hrst Frma Soso’ndSoso, mn Nme st Krznch-Hntrmr«, um dann mit erschöpftem »Was kann ich für Sie tun?« über die Ziellinie zu hecheln. Ich selbst melde mich seitdem am Telefon seit Kurzem nur folgendermaßen: »Grüß Gott, mein Name ist Hacke, was können Sie für mich tun?«
Schluss mit alledem! Ich hätte stattdessen gerne (nur ein einziges Mal!), dass die Dame in der Bäckerei, in der ich alle paar Tage morgens Semmeln
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