WoW 01 - Aufstieg der Horde
kamen. Hier fand ich eine neue Heimat für unser umherziehendes Volk. Einen Ort des Friedens und eine heilige Stätte, wo wir wieder zu uns finden und uns erholen können.
Meine Heimat ist jetzt nach meinem Vater benannt: das Land Durotar.
Durotan hob den Kopf und schnupperte in den Wind. Der Geruch, der seine Nüstern füllte, schmeckte nach Staub und Trockenheit, aber da war auch ein beißender Gestank – nicht der Geruch von etwas Verbranntem, aber es war nahe dran. Drek'Thar hätte diesen Geruch damals erkennen können, aber diese Tage waren vorbei. Er war kein Schamane mehr, sondern ein Hexenmeister. Die Luft würde ihn nicht kühlen, wenn er sie darum bat, oder Botschaften übermitteln, als wären sie auf Pergament geschrieben. Noch schlimmer aber war, dass Drek'Thar und die anderen Hexenmeister des Frostwolf-Clans dies nicht im Geringsten zu kümmern schien.
Es hatte seit einiger Zeit nicht mehr geregnet, und der Sommer schien heißer als sonst. Es war schon der zweite Sommer in Folge, in dem der Regen knapp gewesen war, und aus einer Laune heraus kniete sich Durotan nieder und grub seine Finger in den Boden. Einst war es fruchtbarer Lehm gewesen, dunkelbraun und von einem vollen erdigen Geruch. Nun aber gruben sich seine Finger mit Leichtigkeit durch den Staub, der weder Gras noch Getreide noch irgendetwas anderes nährte. Er rieselte wie Wasser durch Durotans Finger.
Er spürte, dass Draka kam, drehte sich aber nicht zu ihr herum. Ihre Arme griffen von hinten um seine Taille, und sie presste sich an ihn. Für einen langen Moment blieben sie einfach so stehen, dann, mit einem letzten Seufzen, ließ sie ihn los und ging um ihn herum. Durotan klatschte sich den Staub von den Händen.
»Wir haben uns ohnehin nie wirklich auf den Ackerbau verlassen«, sagte er leise.
Draka sah ihn mit ihren wissenden dunklen Augen an. Ihm schmerzte das Herz, wenn er sie ansah. Sie war so viel besser als er. Aber sie war die Gefährtin des Häuptlings, nicht der Häuptling selbst, und sie musste nicht die Entscheidungen treffen, die er zu fällen hatte.
»Wir haben uns stattdessen auf die Jagd verlassen«, antwortete sie. »Aber die Tiere, die wir jagen, leben von dem, was die Erde gibt. Alles ist miteinander verbunden. Die Schamanen wussten das.«
Sie verstummte, als einer der jüngeren Hexenmeister vorbeischritt, ein kleines hüpfendes Wesen an seiner Seite. Als sie an ihnen vorbeikamen, drehte sich das kleine Ding um, sah Draka an, lächelte und zeigte dabei einen Mund voll spitzer Zähne. Draka konnte einen Schauder nicht unterdrücken.
Durotan seufzte und gab ihr eine Schriftrolle. »Ich habe gerade dies hier erhalten. Wir müssen uns auf einen langen Marsch vorbereiten. Wir müssen unser Land verlassen.«
»Was?«
»Befehl von Schwarzfaust. Er lebt jetzt in dieser neuen Zitadelle, die extra für ihn gebaut wurde, und er will seine Armee dort haben. Es reicht nicht mehr, dass wir uns immer nur für einen Angriff zusammenschließen. Wir müssen zusammenleben und allzeit bereit sein, Schwarzfaust sofort zu folgen.«
Draka schaute ihn ungläubig an, dann richtete sie den Blick auf die Rolle, die er ihr hinhielt. Sie überflog die Botschaft, rollte das Pergament dann zusammen und gab es ihm zurück.
»Wir bereiten uns besser vor«, sagte sie leise, drehte sich um und ging zurück zu ihrem Zelt. Er sah ihr nach und fragte sich, was genau bei diesem Anblick sein Herz brechen ließ.
Die Zitadelle war noch nicht fertig. Aber als sie in Durotans Blickfeld geriet, blieb er beeindruckt stehen. Neben ihm erklang Gemurmel.
»So mächtig!«
»So groß!«
»Eines Kriegshäuptlings würdig!«
Durotan sagte nichts, aber er dachte:
Blasphemisch! Eine Verschandelung der Landschaft. Ohne jede Harmonie!
Der reisende Frostwolf-Clan war immer noch mehrere Meilen weit entfernt, aber die Zitadelle am Horizont erschien ihnen wie ein lauernder Bussard. Nichts wies auf orcische Bauart hin. Diese Struktur, dieser architektonische Albtraum, diese Beleidigung von Auge und Geist wich noch mehr von jeder orcischen Baukunst ab als jedes Draenei-Gebäude. Durotan wusste natürlich, warum das so war. Die Zitadelle musste derart gigantisch sein, wenn dort auf Dauer eine Elitetruppe orcischer Krieger untergebracht werden sollte. Trotzdem hatte er etwas anderes erwartet.
Statt der sanften, glatten Linien, die die Gebäude der Draenei auszeichneten, wirkten die Mauern der Festung scharf und gezackt. Anstatt sich in die
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