WoW 12 - Die Nacht des Drachen
leise knurrte: »Sie ist weg.«
»Ich muss hier raus«, antwortete Kalec sofort. »Korialstrasz braucht mich...«
»Ist das der andere? Ist er ein... Freund?«
»Ja«, antwortete der blaue Drache. »Und er könnte auch dir helfen. Du willst doch von hier weg, oder? Du willst frei von ihr sein. Es wäre das Beste, wenn Korialstrasz dir auch helfen würde.«
Dargonax dachte darüber nach, dann antwortete er: »Ja... das klingt logisch... doch... wer ist
Nefarian?
Du weißt es. Ich spüre, dass du es weißt...«
So war dem Zwielichtdrachen also ebenfalls aufgefallen, dass Sinestra diesen Namen benutzt hatte. »Er war auch ihr Sohn, der Sohn, den sie und ihr Gefährte Todesschwinge hatten. Nefarian war das älteste und mächtigste ihrer Kinder...«
»Ich möchte Nefarian kennenlernen«, murmelte die Kreatur. »Ich will meinen Bruder kennenlernen...«
»Nefarian ist tot.« Zumindest glaubte Kalec das. Er versuchte, die Erwähnung von Sinestras mörderischem Sohn zu seinem Vorteil zu nutzen. Deshalb fügte der blaue Drache hinzu: »Er hat sie enttäuscht, und sie überließ ihn seinen Feinden.«
Stille breitete sich aus. Dargonax hatte entweder nicht verstanden, was Kalec sagte, oder er brauchte Zeit, um die Nachricht zu verdauen. Der Zwielichtdrache war erstaunlich schlau, doch vielleicht verstand er nicht alles, weil er hier eingesperrt war.
»Mein Bruder ist tot. Alle meine Brüder sind tot.«
Die Endgültigkeit in Dargonax' Feststellung erschütterte Kalec ebenso sehr wie der Begriff
Brüder...
»Sie entkamen ihr. Sie entkamen ihr, bevor ich geboren wurde. Wir waren weit, weit weg, aber wir konnten einander fühlen, ja, wir konnten das Innere des anderen fühlen.«
Er sprach von den beiden Zwillingen, die Todesschwinges Gefährtin erschaffen hatte, jene beiden, an deren Vernichtung Kalec beteiligt gewesen war.
»Doch sie waren nicht wie ich«, fuhr Dargonax fort. Ein leichter Anflug von Verachtung lag in seiner Stimme. »Sie dachten nicht nach. Hatten nur Hunger. Sie ließen den Hunger für sie denken. Sie waren Narren und starben wie Narren... Ich will nicht sterben... und du wirst mir helfen... Freund...«
»Ja... natürlich werde ich das...«
Ohne Vorwarnung ertönte Dargonax' Stimme wieder in Kalecs Kopf.
Ich werde dich deinen Freund suchen lassen. Du und er, ihr werdet mich befreien. Ich werde nicht zurücktreten für die... anderen...
Kalec wurde genauso wie der Kadaver der Drachenbrut in die Luft geworfen. Er schoss aus der Grube und landete nahe dem stinkenden Körper auf den Füßen. Kaum war er oben angekommen, sah er, wie der Leichnam – von Dargonax' Magie getragen – zurück in die Grube schwebte.
Kalec wandte sich der Grube zu. Eine unsichtbare Kraft drängte ihn in einen der Gänge, der von der Kammer wegführte. Dargonax' Wille war so unglaublich stark, dass der müde blaue Drache nicht gegen ihn ankämpfen konnte.
Sie ist in der anderen Richtung. Da musst du hin.
Da er ohnehin keine andere Wahl hatte, gehorchte Kalec. Er wollte Korialstrasz suchen, obwohl er Angst hatte, zu viel zu denken und so die wahren Gründe für seine Suche offenzulegen. Kalec wusste nicht, wie gut Dargonax seine Gedanken lesen konnte. Vielleicht hatte er ihm längst all seine Geheimnisse preisgegeben...
Der blaue Drache spürte, wie ihn eine magische Flut durchströmte. Seine eigene Magie war endlich wieder verfügbar. Trotzdem geschah es gegen seinen Willen, dass er als nächstes die Hand hob und die magische Klinge erschuf.
Geh...
Kalec umklammerte das Schwert fester und ging.
KAPITEL SIEBZEHN
Vereesa und die Zwerge blieben weiterhin Gefangene. Sie hatten ihren Fluchtplan nicht aufgegeben, doch war es einfach noch nicht möglich gewesen, ihn in die Tat umzusetzen. Selbst jetzt, Stunden später, waren immer noch alle bereit und warteten auf ihr Signal.
Doch es gab einen wichtigen Grund, weshalb die Hochelfe noch nicht losschlagen durfte. Bei den Skardyns und der Drachenbrut befand sich ein Drakonide. Es war weder Rask noch derjenige, der Udin geholt hatte. Aber er hatte ähnlich scharfe Augen. Vereesa wusste, dass es schwieriger sein würde, ihn hinters Licht zu führen als die Drachenbrut. Er musterte die Waldläuferin zudem häufig, und als sie sich erheben wollte, hatte er sofort nach seinen Waffen gegriffen.
Vereesa hatte nicht aufgegeben, doch sie musste sich in Geduld üben. Solange der Drakonide derart wachsam war, würde die Hochelfe nicht einmal bis zur Tür kommen, geschweige
Weitere Kostenlose Bücher