WoW 12 - Die Nacht des Drachen
Kind...«
Dargonax ging zu ihr, achtete aber darauf, dass sein Körper zwischen Kalec und der dunklen Frau blieb. »Herrrrrrinnn...«
Die Wandlung in Dargonax' Sprache erschreckte Kalec fast so sehr wie Sinestras merkwürdige und abrupte Änderung des Verhaltens. Die Kreatur klang viel jünger, viel weniger entwickelt.
Viel weniger bedrohlich?
»Mein Dargonax... mein Erstgeborener einer neuen Welt. Willst du deiner
Mutter
irgendetwas sagen?«
»Hungerrrrr...«
Sinestra lachte. »Natürlich. Keine Angst, mein Liebling. Bald schon sollst du fressen, fressen, wie du es noch nie zuvor getan hast, oh ja... Doch von da an musst du lernen, deinen Hunger zu zügeln. Bald schon müssen andere gefüttert werden, jede Menge Brüder und Schwestern...«
Viele Brüder und Schwestern.
Kalec stellte sich ein Dutzend, nein
Hunderte
weiterer Drachen wie Dargonax vor. Was würde dann aus Azeroth werden? Er bezweifelte, dass diese neueren Exemplare derart instabil waren wie die beiden Zwillinge, die er gemeinsam mit Krasus bekämpft hatte. Und selbst wenn man diese Bestien vielleicht aufhalten konnte, wie viel Blutvergießen und Zerstörung würden sie bis dahin schon verursacht haben?
Kalec dachte an Anveena und das Opfer, das sie gebracht hatte, um ihrer Welt zu helfen. All diese Hingabe würde umsonst gewesen sein, wenn diese Drachenbrut schlüpfte.
Er erinnerte sich an eine kurze Unterhaltung, die er, Krasus und Iridi nach dem Kampf geführt hatten. Während sie aßen, hatte Iridi ihre Eindrücke über die neuen Drachen geschildert. Das Wort
Zwielicht
war ihr eingefallen. Ein Begriff, der gut zu diesen Monstren passte, selbst wenn Dargonax und die beiden Zwillinge nur die schwächsten Vertreter ihrer Art waren. Die Draenei hatte sie
Zwielichtdrachen
getauft. Denn durch sie konnte das Zwielicht, die Dämmerung, über ganz Azeroth hereinbrechen.
In seinen Gedanken versunken bekam er nicht mit, was Sinestra als Nächstes sagte. Doch Dargonax' Antwort ermöglichte es ihm, dies zu erahnen.
»Ja... Mutter...«, antwortete die Kreatur in ihrem falschen kindlichen Tonfall. »Will teilen... will, dass sie stark sind...«
Sinestra hatte Dargonax offensichtlich eröffnet, dass er nicht länger im Mittelpunkt stehen würde. Dass er sich damit abfinden musste, weniger magische Energie zu bekommen, damit Sinestra sie für die nächste Generation nutzen konnte.
Sie schien den winzigen Anflug von Wut in Dargonax' Stimme nicht zu bemerken. Kalec hingegen entging er nicht... und jetzt wusste er auch, warum der Zwielichtdrache seine schnelle Entwicklung vor Sinestra verbarg.
Dargonax war eifersüchtig auf die zukünftigen Geschwister.
Obwohl er kein Geräusch verursachte, keine Bewegung machte, spürte der blaue Drache eine Veränderung bei Sinestra. Seine Vermutung wurde einen Augenblick später bestätigt, als sie blaffte: »Was hast du da unten bei dir?«
»Ggggar nichtssss...«
»Gar nichts?«
Dargonax schrie, und nur, weil sein Brüllen so laut war, blieb Kalecs eigener Schrei ungehört. Der blaue Drache fühlte sich plötzlich, als würde geschmolzener Stein, Lava, anstelle von Blut durch seine Adern fließen. Er musste sich beherrschen, um nicht noch einmal loszuschreien. Dargonax brüllte erneut, und sein Kreischen endete in einem Winseln.
»Lüge deine Mutter nicht an. Es tut mir mehr weh als dir, wenn ich dich bestrafen muss. Zeige mir, was du da unten hast, Kind...«
»Jaaa...«
Kalec bereitete sich darauf vor, von der Frau in Schwarz aus der Grube herausgezogen zu werden und ein Schicksal zu erleiden, das den gegenwärtigen Schmerz im Rückblick einem Vergnügen gleichkommen lassen würde.
Doch nichts geschah. Dargonax hob stattdessen ein schweres Bündel an, das Kalec in der Dunkelheit nicht aufgefallen war.
»Ist das...«, fragte Sinestra in fast schon enttäuschtem Tonfall, »... alles? Eine der verschwundenen Wachen? Sie haben sie dir überlassen?«
»Jaaaa...«
»Betrachte sie als Appetitanreger für das, was noch kommt. Du wirst von jetzt an gehorchen – oder, mein Lieblingssohn?«
»Jaaaa...«
»Ja, was?«
Dargonax zögerte nicht. »Ja...
Mutter
...«
»Sehr gut, Nefarian. Endlich lernst...«
Kalec hörte, wie sie sich entfernte, und dann herrschte Stille. In dieser Stille dachte er über die interessante Tatsache nach, dass Sinestra Dargonax beim Namen ihres ersten Sohns gerufen hatte. Ob aus Zufall oder ob mehr dahintersteckte, konnte er nicht sagen.
Es dauerte eine weitere Minute, bevor Dargonax
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