WoW 12 - Die Nacht des Drachen
bemerkte Iridi, dass die meisten Verletzungen trugen. In einigen Fällen waren es auch frische Wunden. Iridi erinnerte sich wieder an die Schlacht beim Hafen von Menethil.
Die Raptoren waren immer noch nervös. Ab und zu brüllte einer. Das kehlige Knurren hatte verschiedene Nuancen, die vom jeweiligen Raptor abhingen. Iridi streckte die Hand aus, um den Stab zu rufen. Sie hoffte, dass er ihr helfen würde, diese Wesen zu verstehen.
»Da sind noch weitere draußen«, sagte Rhonin und unterbrach ihren Gedankengang.
»Weitere? Wie viele?«
»Schwer zu sagen.
Genug,
für meinen Geschmack.« Er sah sich um. »So, wie sie aussehen, hatten sie wenig Glück am Hafen von Menethil. Zwerge sind klein, aber in ihren kompakten Körpern steckt eine Menge Muskelmasse. Und Kampfkraft. Selbst mit Geschwindigkeit, scharfen Klauen und Zähnen kann man ihnen nicht beikommen.« Rhonin straffte sich. »Hmm. Sieht so aus, als käme ihr ,Häuptling'...«
Vom Rand der Lichtung näherte sich ein größerer und geschmeidigerer Raptor. Er hatte mehr Federn als der Rest am Leib, der rot war, mit goldenen und blauen Streifen. Er bewegte sich mit der Zuversicht eines Königs... oder einer Königin. Iridi konnte nicht feststellen, welches Geschlecht er hatte.
Die anderen Raptoren hielten ihre Köpfe gesenkt, während sie beobachteten, wie ihr Anführer auf die beiden zuging. Mehrere der Reptilien neigten die Hälse, als wollten sie ihre leichter verwundbaren Nacken darbieten.
»Sie erkennen seine Dominanz über sie an«, erklärte der Zauberer.
»Ist er männlich oder weiblich?«
»Eine verdammt gute Frage.«
Iridi wartete, aber der Zauberer sagte nichts mehr dazu. Jetzt war wichtig, was der Anführer wollte... und ob sie entkommen konnten, wenn die ganze Herde angriff.
»Ich habe ein paar Tricks auf Lager, keine Sorge«, sagte Rhonin, als lese er ihre Gedanken. »Ich bin nur neugierig, warum eine Gruppe fleischfressender Echsen uns behandelt, als wären
wir
größer und gefährlicher.«
Der Anführer blieb genau gegenüber der Lichtquelle stehen. Er fixierte zuerst Iridi, dann den Zauberer. Zuletzt knurrte er Rhonin an.
Die Priesterin wollte etwas tun, doch Rhonin berührte sie mit den Fingern am Arm.
»Unser Freund hier möchte reden. Schauen wir mal, ob wir herauskriegen, was genau er will.«
Der Raptor knurrte erneut. Diesmal änderte sich sein Tonfall. Iridi hörte genau hin und meinte, keinerlei Aggression darin zu erkennen.
»Ich glaube, er will Frieden mit Euch«, schlug sie dem Zauberer vor.
»Das glaube ich auch. Komisch, über Frieden mit einem Fleischfresser zu verhandeln. Aber ich habe schon Merkwürdigeres erlebt.«
Zu ihrer Überraschung trat er auf den Raptor zu. Rhonin behielt die Kreatur im Auge. Als er seine Position anpasste, rief er ihr zu: »Schaut ihnen stets in die Augen. Es ist immer ein Kampf um Überlegenheit, und wenn Ihr den verliert, sinkt Ihr in ihrem Ansehen. Und das kann man nur schwer wiedergutmachen.« Er lachte. »Das habe ich während meiner paar Jahre als Diplomat gelernt...«
Der Mensch und der Raptor blickten sich eine weitere Minute lang an... und dann sah das Reptil leicht zur Seite. Rhonin nickte einmal.
Diese Bewegung schien das Zeichen für eine neue Phase der Kontaktaufnahme zu sein. Der Raptor verneigte den Kopf, dann schaute er in eine andere Richtung.
Trotz des Risikos blickte Rhonin wie beiläufig auch dorthin.
»Es blickt nach Grim Batol«, sagte er. »Was für eine Überraschung.«
»Will er, dass wir dorthin zurückgehen? Sind wir ihre Gefangenen, die sie dem Blutelf und der Frau in Schwarz übergeben werden?«
»Das glaube ich nicht.« Der Zauberer betrachtete den Raptor erneut. »Es wäre gut, wenn wir ihre Sprache verstehen könnten.«
Iridi dachte erneut an den Stab. »Vielleicht kann ich helfen.«
Sie rief das Geschenk der Naaru. Die Raptoren zischten, reagierten aber sonst nicht. Rhonin schwieg, als die Draenei vorsichtig den großen Kristall auf den Anführer ausrichtete.
»Verstehst du, was ich sage?«, fragte sie die Kreatur.
Der Raptor knurrte.
Im Kopf der Priesterin bildeten sich plötzlich eine Reihe von Bildern: Die Raptoren auf der Jagd nach Nahrung. Eine plötzliche Unruhe. Grim Batols düstere Konturen. Zwei schreckliche, fledermausähnliche Raptoren stürzten vom Himmel, packten die glücklosen Wesen am Boden und nahmen sie mit, um sie in der Luft zu verspeisen.
Iridi erkannte die Monster trotz der unterschiedlichen Sichtweise. Sie erkannte die
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