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Wozu wollen Sie das wissen?

Wozu wollen Sie das wissen?

Titel: Wozu wollen Sie das wissen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Munro
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oder unterhält sich mit Walter. Am Tage nach all den Feiern und Tänzen, als viele Leute schlechter Laune sind, teils aus Erschöpfung, teil vom Whiskytrinken, und kaum jemand zum Ufer schaut, macht er Walter ausfindig, um mit ihm zu reden.
    »Nettie ist so von Ihnen angetan«, sagt er, »dass ihr der Gedanke gekommen ist, Sie müssen uns nach Montreal begleiten.«
    Er lacht entschuldigend auf, und Walter lacht auch.
    »Dann muss sie annehmen, dass Montreal sich in Westkanada befindet«, sagt Walter.
    »Nein, nein. Ich scherze nicht. Ich habe bewusst nach Ihnen gesucht, um mit Ihnen zu reden, wenn Nettie nicht dabei ist. Sie sind ihr ein guter Gefährte, und es macht sie glücklich, mit Ihnen zusammen zu sein. Und ich merke, Sie sind ein intelligenter junger Bursche und ein umsichtiger und einer, der es in meinem Handel weit bringen kann.«
    »Ich bin mit meinem Vater und meinem Bruder hier«, sagt Walter, so erschreckt, dass seine Stimme kickst. »Wir werden uns Land besorgen.«
    »Je nun. Sie sind nicht der einzige Sohn, den Ihr Vater hat. Auch mag es nicht genug gutes Land für alle geben. Und vielleicht mögen Sie nicht Ihr ganzes Leben lang Ackersmann sein.«
    Walter sagt sich, das ist wahr.
    »Meine Tochter, was meinen Sie wohl, wie alt sie ist?«
    Walter kann nicht denken. Er schüttelt den Kopf.
    »Sie ist vierzehn, fast fünfzehn«, sagte Netties Vater. »So hätten Sie nicht geschätzt, nicht wahr? Aber darauf kommt es nicht an, davon spreche ich nicht. Nicht von Ihnen und Nettie, nicht von Dingen in kommenden Jahren. Verstehen Sie? Von kommenden Jahren kann nicht die Rede sein. Aber ich würde mich freuen, wenn Sie mit uns kommen und sie das Kind sein lassen, das sie ist, und sie jetzt mit Ihrer Gesellschaft glücklich machen. Danach würde ich mich selbstverständlich erkenntlich zeigen, es gäbe Arbeit für Sie, und Sie könnten, wenn alles gut geht, auf Ihr Fortkommen rechnen.«
    Beide bemerken in diesem Augenblick, dass Nettie auf sie zu kommt. Sie streckt Walter die Zunge heraus, so rasch, dass ihr Vater es offenbar nicht bemerkt.
    »Genug für jetzt. Denken Sie darüber nach und nehmen Sie sich Zeit für Ihre Antwort«, sagt ihr Vater. »Aber früher wäre besser als später.«
    Wir gerieten am 21 . und 22 . in eine Flaute, dann kam am 23 . Wind auf, aber am Nachmittag wurden wir alle von heftigen Windstößen aufgeschreckt, die von Blitz und Donner begleitet waren, es war ganz entsetzlich, und eines unserer Großsegel, das gerade geflickt worden war, wurde wieder in Fetzen gerissen. Die Windstöße hielten etwa 8 oder 10 Minuten an, und am 24 . hatten wir einen günstigen Wind, der uns ein gutes Stück den Fluss hinaufbrachte, wo er schmaler wurde, so dass wir zu beiden Seiten des Flusses Land sahen. Aber wir gerieten erneut in eine Flaute bis zum 31 ., wo nur zwei Stunden lang eine Brise ging …
    Walter hat nicht lange gebraucht, um sich zu entscheiden. Er ist klug genug, sich bei Mr Carbert zu bedanken, sagt aber, dass er nicht daran gedacht hat, in einer Stadt zu arbeiten oder in geschlossenen Räumen. Er hat vor, mit seiner Familie zu arbeiten, bis sie es zu einem Haus und Ackerland gebracht hat, und wenn sie seine Hilfe nicht mehr so nötig braucht, möchte er sich aufmachen und Handel mit den Indianern treiben, das Land erforschen. Oder nach Gold graben.
    »Wie Sie wünschen«, sagt Mr Carbert. Sie gehen noch einige Schritte nebeneinander her. »Ich muss sagen, ich hatte Sie für wesentlich ernsthafter gehalten. Zum Glück habe ich Nettie nichts davon gesagt.«
    Aber Nettie hat sich über das Thema ihrer Zwiegespräche nichts vormachen lassen. Sie liegt ihrem Vater so lange in den Ohren, bis er gestehen muss, wie es ausgegangen ist, und dann stöbert sie Walter auf.
    »Ich werde von jetzt an nicht mehr mit dir reden«, sagt sie in so erwachsenem Ton, wie er ihn bislang noch nicht von ihr gehört hat. »Nicht, weil ich dir böse bin, sondern, wenn ich weiter mit dir rede, werde ich die ganze Zeit daran denken müssen, wie bald ich dir Lebewohl sagen muss. Aber wenn ich jetzt aufhöre, werde ich schon Lebewohl gesagt haben, und so wird es früher zu Ende sein.«
    Sie verbringt die restliche Zeit damit, in ihren schönsten Kleidern gemächlich mit ihrem Vater auf und ab zu gehen.
    Walter macht es traurig, sie zu sehen – in diesen damenhaften Umhängen und Hauben sieht sie mehr denn je wie ein Kind aus, und ihre betonte Hochnäsigkeit ist rührend, aber es stürzen so viele Dinge auf ihn

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