Wozu wollen Sie das wissen?
niemanden, der sich um sie kümmert? Sie dürfte überhaupt nicht tanzen.«
Er steht auf, um das Mädchen, das Walter an der Reling stützt, im Auge zu behalten.
»Ah, sie erholt sich«, sagt er. »Kein Blutsturz. Jedenfalls nicht diesmal.«
Agnes schenkt den meisten Leuten keine Beachtung, aber sie hat ein Gespür für jeden Mann, der an ihr interessiert ist, und sie merkt jetzt, dass ihm das Urteil, das er gerade über das junge Mädchen gefällt hat, Genugtuung bereitet. Und sie begreift, dass es etwas mit seinem eigenen Gesundheitszustand zu tun haben muss – dass er offenbar denkt, er sei im Vergleich dazu nicht so schlimm dran.
Ein Schrei ist von der Reling zu hören, der nichts mit dem Mädchen und Walter zu tun hat. Dann noch ein Schrei, viele brechen den Tanz ab und eilen, um aufs Wasser zu schauen. Mr Suter geht ein paar Schritte und folgt der Menge, dann dreht er sich um.
»Ein Wal«, ruft er. »Sie sagen, drüben ist ein Walfisch zu sehen.«
»Du bleibst da«, schreit Agnes wütend, und er wendet sich überrascht zu ihr um. Doch er sieht, dass ihre Worte an den kleinen James gerichtet sind, der auf den Beinen ist.
»Also das ist Ihr Sohn?«, fragt Mr Suter, als habe er gerade eine bedeutende Entdeckung gemacht. »Darf ich ihn hinübertragen, damit er den Wal sieht?«
Und so kommt es, dass Mary – die im Gedränge der Passagiere zufällig das Gesicht hebt – den kleinen James erblickt, verdutzt wird er auf den Armen eines Fremden hastig übers Deck getragen, eines blassen und entschlossenen, dunkelhaarigen Mannes von schmieriger Höflichkeit, der ganz bestimmt ein Ausländer ist. Ein Kinderdieb, ein Kindermörder, auf dem Weg zur Reling.
Sie stößt einen derart wilden Schrei aus, dass man meinen sollte, sie sei vom Teufel besessen, und die Leute machen ihr Platz wie für einen tollwütigen Hund.
»Haltet den Dieb, haltet den Dieb«, ruft sie. »Nehmt ihm den Jungen weg. Fangt ihn. James. James. Spring runter!«
Sie stürzt vor, packt die Fußgelenke des Jungen und reißt an ihm, so dass er vor Angst und Empörung aufheult. Der Mann, der ihn trägt, verliert fast das Gleichgewicht, lässt ihn aber nicht los. Er umklammert ihn und tritt mit dem Fuß nach Mary.
»Haltet ihre Arme fest«, ruft er den Umstehenden zu. Er ist außer Atem. »Sie hat einen Anfall.«
Andrew hat sich einen Weg gebahnt, zwischen den Leuten, die immer noch tanzen, und jenen, die aufgehört haben, um das Drama zu beobachten. Er schafft es irgendwie, sich Marys und des kleinen James zu bemächtigen und deutlich zu machen, dass der eine sein Sohn und die andere seine Schwester ist und von einem Anfall keine Rede sein kann. Der kleine James wirft sich von seinem Vater in Marys Arme und tritt dann nach ihr, um hinuntergelassen zu werden.
Alles wird kurz mit Artigkeiten und Entschuldigungen von Mr Suter erklärt – während der kleine James, schon wieder ganz er selbst, immer wieder schreit, dass er den Wal sehen muss. Er besteht darauf, als wüsste er ganz genau, was ein Wal ist.
Andrew sagt ihm, was passieren wird, wenn er nicht mit diesem Radau aufhört.
»Ich sah nur kurz bei Ihrer Frau vorbei, um mich nach ihrem Wohlergehen zu erkundigen«, sagt der Wundarzt. »Ich nahm mir nicht die Zeit, mich von ihr zu verabschieden, also müssen Sie es für mich tun.«
Es gibt den ganzen Tag lang Wale für den kleinen James zu sehen und für jeden, der sich damit abgeben will. Die Leute sind es langsam müde, sie zu betrachten.
»Gibt es jemanden außer einem ausgemachten Halunken, der sich hinsetzen und mit einer Frau reden würde, deren Brüste entblößt sind?«, sagt der alte James, zum Himmel gewandt.
Dann zitiert er die Bibel zu Walfischen.
»
Dort ziehen die Schiffe dahin, und dort ist der Leviathan, den du geschaffen hast, darin zu spielen. Jene gewundene Schlange, jener Drache, der im Meer ist
.«
Aber er rührt sich nicht, um hinzugehen und einen Blick auf sie zu werfen.
Mary lässt sich von der Geschichte des Wundarztes nicht überzeugen. Natürlich musste er Agnes sagen, dass er das Kind mitnahm, um ihm den Wal zu zeigen. Aber das macht es nicht zur Wahrheit. Jedes Mal, wenn ihr das Bild von dem teuflischen Mann mit dem kleinen James auf dem Arm durch den Kopf geht und sie in ihrer Brust die Kraft ihres eigenen Schreis spürt, ist sie erstaunt und glücklich. Sie glaubt immer noch, dass sie ihn gerettet hat.
Netties Vater heißt Mr Carbert. Manchmal sitzt er da und hört Nettie beim Vorlesen zu
Weitere Kostenlose Bücher