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Wozu wollen Sie das wissen?

Wozu wollen Sie das wissen?

Titel: Wozu wollen Sie das wissen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Munro
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hat«, sagte Mary.
    Ein Mann sagte, Squaws seien bekannt dafür, dass sie sich kleine weiße Mädchen aneigneten.
    »Sie ziehen sie als Indianerinnen auf, und dann verkaufen sie sie an irgendeinen Häuptling für einen großen Haufen Wampum.«
    »Nicht, dass sie nicht gut für sie sorgen würde«, sagte Mary, die das vielleicht gar nicht gehört hatte. »Becky ist eine gute Indianerin.«
    Andrew fragte, wo Becky jetzt am ehesten hingehen würde, und Mary sagte, wahrscheinlich zurück nach Hause.
    »Ich meine, nach Joliet«, sagte sie.
    Der Gastwirt sagte, bei Nacht könnten sie die Straße nicht benutzen, niemand könne das, nur Indianer. Seine Frau pflichtete ihm bei. Sie hatte Mary eine Tasse Tee gebracht. Freundlich streichelte sie jetzt Tommys Kopf. Andrew sagte, sie würden sich bei Morgengrauen auf den Weg zurück machen.
    »Es tut mir leid«, sagte Mary.
    Er sagte, das sei nicht zu ändern. Ebenso wenig wie vieles andere, sollte das wohl heißen.
     
    Der Mann, der in dieser Gemeinde die Sägemühle errichtet hatte, besaß eine Kuh, die er frei in der Siedlung herumlaufen ließ, und abends schickte er dann seine Tochter Susie aus, sie zu suchen und zu melken. Susie wurde fast immer von ihrer Freundin Meggie begleitet, der Tochter des Schulmeisters. Diese Mädchen waren zwölf und dreizehn Jahre alt und einander in einer engen Beziehung verbunden, die geprägt war von geheimen Ritualen und Spezialscherzen und fanatischer Treue. Allerdings gab es niemanden sonst für Freundschaften, da sie die beiden einzigen Mädchen ihres Alters in der Gemeinde waren, aber das hielt sie nicht davon ab, überzeugt zu sein, sie hätten einander gegen den Rest der Welt erwählt.
    So liebten sie es zum Beispiel, andere mit falschen Namen anzureden. Manchmal ersetzten sie einfach einen Namen durch einen anderen, so, wenn sie einen George
Tom
nannten oder eine Rachel
Edith
. Manchmal trugen sie einer bestimmten Eigenart Rechnung – so, wenn sie den Gastwirt Zahn nannten, wegen seines langen Schneidezahns, der bis auf die Unterlippe ragte, oder sie suchten sich genau das Gegenteil von dem aus, was jemand sein wollte, wie bei der Frau des Gastwirts, die sich viel auf ihre sauberen Schürzen einbildete. Die nannten sie Fettfleck.
    Der Junge, der die Pferde versorgte, hieß Fergie, aber sie nannten ihn Birdie. Das ärgerte ihn ganz wie gewünscht. Er war klein und stämmig, mit schwarzem Kraushaar und weit auseinanderliegenden, unschuldigen Augen, und war erst vor etwa einem Jahr aus Irland gekommen. Er scheuchte sie immer, wenn sie seine Sprechweise nachahmten. Aber das Beste, was sie einmal zustande gebracht hatten, war ein Liebesbrief, den sie mit Rose unterschrieben – was zufällig der richtige Name der Tochter des Gastwirts war – und auf die Pferdedecke legten, unter der er in der Scheune schlief. Sie hatten sich allerdings nicht klargemacht, dass er nicht lesen konnte. Er zeigte ihn Männern, die in den Stall kamen, und es war ein Riesenwitz und ein Skandal. Rose wurde fortgeschickt, um Putzmacherin zu werden, obwohl sie nicht verdächtigt wurde, den Brief tatsächlich geschrieben zu haben.
    Auch Susie und Meggie wurden nicht verdächtigt.
    Ein weiteres Ergebnis war, dass der Stalljunge an die Tür von Meggies Vater klopfte und verlangte, lesen zu lernen.
    Es war Susie, die Ältere, die sich auf den mitgebrachten Schemel setzte und sich daranmachte, die Kuh zu melken, während Meggie umherwanderte, um die letzten wilden Erdbeeren zu pflücken und zu essen. Die Stelle, die sich die Kuh ausgesucht hatte, um am Ende dieses Tages zu grasen, lag dicht beim Wald, ein Stück vom Gasthaus entfernt. Zwischen der Seitentür des Gasthauses und dem Wald stand ein Hain aus Apfelbäumen, und zwischen dem letzten dieser Apfelbäume und den Bäumen des Waldes stand ein kleiner Schuppen, dessen Tür offen in den Angeln hing. Er wurde die Räucherkammer genannt, obwohl er schon lange nicht mehr dafür benutzt wurde, nicht dafür und auch für nichts anderes.
    Was veranlasste Meggie, zu diesem Zeitpunkt den Schuppen zu untersuchen? Es blieb ihr rätselhaft. Vielleicht war es die Tür, die geschlossen war oder so fest zugezogen, wie es nur ging. Denn erst, als sie an der Tür zerrte, um sie zu öffnen, hörte sie einen Säugling greinen.
    Sie trug ihn hinaus, um ihn Susie zu zeigen, und als sie einen Finger in die frische Milch tunkte und ihn dem Säugling hinhielt, hörte er auf zu greinen und sog gierig daran.
    »Hat eine ihn bekommen und

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