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Wozu wollen Sie das wissen?

Wozu wollen Sie das wissen?

Titel: Wozu wollen Sie das wissen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Munro
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nicht umgänglicher gemacht. Solange der Helfer da war – und er war kein völlig Fremder, nur ein Mann aus der Stadt, der nicht ihrer Kirche angehörte, weigerten sich Lizzie und Maggie, zum Stall hinauszugehen, obwohl sie mit dem Melken dran waren. Susan musste gehen. Sie war diejenige, die immer den Mund aufmachte, wenn sie ein Geschäft betreten und etwas kaufen mussten. Und sie kommandierte die Brüder herum, wenn sie im Haus waren. Sie war es auch, die alle darauf eingeschworen hatte, Forrest in den Anfangsstadien seines Unternehmens keine Fragen zu stellen. Sie schien gedacht zu haben, er werde es aufgeben, wenn niemand Interesse zeigte oder Einwände erhob. Das macht er nur um aufzufallen, sagte sie.
    Und er fiel in der Tat auf. Weniger seinen Brüdern und Schwestern – die es vermieden, aus den Fenstern auf jener Seite ihres Hauses zu schauen – als den Nachbarn und sogar den Leuten aus der Stadt, die sonntags extra seinetwegen vorbeifuhren. Die Tatsache, dass er sich außerhalb des Hofes Arbeit gesucht hatte, dass er im Hotel aß, obwohl er dort nie etwas trank, dass er sich praktisch von seiner Familie getrennt hatte, war ein weit verbreitetes Gesprächsthema. Es war solch ein Bruch mit all dem, was über den Rest der Familie bekannt war, dass man es schon fast einen Skandal nennen konnte. (Duncans Weggang war zu diesem Zeitpunkt bereits so gut wie vergessen.) Die Leute stellten Fragen über das, was geschehen war, anfangs hinter Forrests Rücken und schließlich ihm ins Gesicht.
    Hatte es Streit gegeben? Nein.
    Ah so. Aha. Trug er sich mit Heiratsplänen?
    Falls das ein Witz war, so fasste er es nicht so auf. Er sagte weder ja noch nein, noch vielleicht.
    Es gab im Heim der Familie keinen Spiegel, nur einen kleinen, welligen, vor dem sich die Männer rasierten – die Schwestern konnten sich gegenseitig sagen, ob sie ordentlich aussahen. Aber im Hotel gab es hinter dem Tresen einen riesigen Spiegel, und Forrest hätte sehen können, dass er ein stattlicher Mann Ende dreißig war, schwarzhaarig, groß und breitschultrig. (Tatsächlich waren die Schwestern noch wohlgestalteter als die Brüder, aber niemand betrachtete sie je eingehend genug, um das zu bemerken. So können sich Kleidung und Gebaren auswirken.)
    Warum sollte er also nicht denken, dass eine Heirat möglich war, falls er es nicht schon gedacht hatte?
    In jenem Winter hauste er nur mit den Bretterwänden zwischen sich und dem Wetter, dazu mit provisorischen Brettern vor den Fensterhöhlen. Er errichtete Trennwände und baute die Treppen und darunter Schränke und verlegte Dielenböden aus Eichen- und Kiefernholz.
    Im nächsten Sommer mauerte er aus Ziegelsteinen den Schornstein auf, der das aus dem Dach ragende Ofenrohr ersetzte. Und er bedeckte den ganzen Bau mit neuen roten Ziegeln, die er so gut zusammenfügte wie nur je ein Maurer. Fenster wurden eingesetzt, Brettertüren entfernt und vorgefertigte Türen eingehängt, vorn und hinten. Ein moderner Herd wurde eingebaut, mit Backofen und Wärmeröhre und Warmwasserbehälter. Die Rohre wurden in den neuen Schornstein eingepasst. Die größte noch verbliebene Arbeit war das Verputzen der Innenwände, und das nahm er sich vor, als das Wetter frostig wurde. Zuerst eine Schicht Rauputz, darüber dann der sorgsam geglättete Gipsputz. Er begriff, dass Tapete darauf gehörte, wusste sich aber keinen Rat, wie er sie aussuchen sollte. Alle Zimmer waren nun wunderbar hell, innen leuchtete weiß der Gips und draußen der Schnee.
    Jetzt fehlten noch die Möbel, eine Erkenntnis, auf die er nicht vorbereitet war. In dem Haus, in dem er mit seinen Brüdern und Schwestern gelebt hatte, herrschten spartanische Vorlieben. Keine Gardinen, nur dunkelgrüne Rouleaus, kahle Fußböden, harte Stühle, keine Sofas, Regale anstelle von Schränken. Die Kleidung hing an Haken innen an der Tür – mehr Kleidungsstücke, als so untergebracht werden konnten, wurden für Übertreibung gehalten. Er wollte diesen Stil nicht unbedingt übernehmen, aber er hatte so wenig von anderen Häusern gesehen, dass er nicht wusste, was er anderes anfangen sollte. Er konnte es sich schwerlich leisten – oder anstreben, das Haus so einzurichten, bis es aussah wie das Hotel.
    Er behalf sich fürs Erste mit ausrangierten Möbelstücken aus der Scheune. Ein Stuhl, dem in der Lehne zwei Sprossen fehlten, einige rohe Regalbretter, ein Tisch, auf dem die Hühner gerupft worden waren, eine Pritsche mit Pferdedecken als Matratze. All

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