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Titel: wsmt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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doch,
bitte.“
    In diesem Hause hatte man es
wohl gerne, daß man sich setzte. Seine Aufforderung wurde von keiner Geste
begleitet. Du hast die Wahl, Hélène. Stuhl oder Sofa. Ganz geschickt, dieser
Trick. Je nach Wahl konnte Monsieur Gauri sich seine Möglichkeiten ausrechnen.
Normalerweise hätte ich diesen beiden Möbelstücken nicht soviel Machiavellismus
beigemessen. Aber bei diesem Impresario...dickbäuchig, nicht mehr ganz jung,
feistes Kinn, dicke, aber spitz zulaufende Nase, schwarzes Haar, das wenig
natürlich aussah... Seit ich diesen Raum betreten hatte, zog Monsieur Gauri
mich mit seinen Blicken aus, Stück für Stück. Er machte wirklich den Eindruck,
als prüfte er durch den Rock hindurch, ob ich die Farbe des Slips auf die der
Augen abgestimmt hatte. Ich war so verlegen, daß ich mit einer Hand das wenige
zu verdecken suchte, was in meinem Jackenausschnitt zu sehen war. Nestor Burma
nennt es „das Guckloch des Teufels“. Übrigens entschied ich mich für den Stuhl.
    Monsieur Gauris Gesicht drückte
keinerlei Reaktion aus. Er sah auf seine Uhr, schien kurz seine Zeit zu
kalkulieren und zu überlegen, wieviel Zeit er mir, so über den Daumen gepeilt,
einräumen konnte. Dann nahm er sich eine Zigarette und schob mir die Schachtel
hin. Ohne ein Wort, ohne eine Bewegung zuviel. Ich stand auf, nahm auch eine
Zigarette. Er gab mir Feuer. Dann setzte ich mich wieder.
    „Sehr schön“, sagte er. „Sie
suchen ein Engagement?“
    Er lächelte. Der Ausdruck
seiner Augen hatte sich verändert. Kein lüsternes Schimmern mehr. Er sah mich
prüfend an. Das Lächeln seiner dicken Lippen kam aber nicht bis zu den Augen.
Allerdings war es auch nicht nur aufgesetzt. Es lag so etwas wie Spott darin.
    „Ja, Monsieur“, sagte ich.
    Er seufzte. „Wissen Sie, meine
Kleine, ich kann Ihnen nicht das Concert Mayol, das Casino de Paris oder die
Folies-Ber-gère anbieten. Ich arbeite mit Provinztheatern zusammen, wo sich
zwei oder drei Kolleginnen die Garderobe teilen. So hat man mir’s jedenfalls
erzählt. Ich selbst war noch nicht dort. Sie sehen, ich versuche nicht, Ihnen
etwas vorzumachen.“
    „Ja, Monsieur.“
    „Haben Sie irgendwelche
Unterlagen?“
    „Unterlagen?“
    „Frühere Verträge. Erzählen Sie
mir nicht, daß Sie Anfängerin sind.“
    „Doch.“
    Er verzog das Gesicht.
    „Ich weiß nicht, ob ich etwas
für Sie finden werde. Eine Anfängerin...“
    Er sah wieder auf die Uhr.
Mußte wohl gleich eine wichtige Verabredung haben. Wie hatte noch der
Angestellte gesagt? ,Monsieur Gauri ist sehr beschäftigt’. Er fuhr fort:
    „Natürlich, auch die größten
Stars mußten einmal klein anfangen, aber, na ja... Wofür sind Sie denn begabt?
Singen? Theaterspielen?“
    „Mehr Theaterspielen.“
    Das war nur halb gelogen.
    „Haben Sie nie versucht zu
singen?“
    Er lächelte noch immer.
    „Aber...nein.“
    Er warf seine Zigarette in den
Aschenbecher und trommelte nervös auf der Schreibtischplatte.
    „Würden Sie bitte aufstehen und
auf und ab gehen?“
    Ich gehorchte, nachdem ich auch
meine Zigarette losgeworden war.
    „Sie haben einen erstklassigen
Gang“, befand er kennerhaft.
    Jetzt stand er auf und trat zu
mir.
    „Einen erstklassigen Gang“,
wiederholte er. „Kann ich mal Ihre Beine sehen?“
    „Meine Beine?“
    „Ja, Ihre Beine. Was ist daran
so ungewöhnlich? Kann sein, daß ich Ihnen eine Rolle in einem etwas
freizügigeren Stück gebe. Also muß ich Ihre Beine sehen. Ich sehe mir alle
Beine an…“ Er seufzte, als wär das so ermüdend für ihn, den ganzen Tag auf
Beine zu schielen. „...Das gehört zu meiner Arbeit. Sie brauchen keine Angst zu
haben, kommen Sie. Zum Schluß widern mich Beine an!“
    „Und jetzt ist Schluß!“
    „Oho! Wie witzig!“
    „Wenn man das witzig nennen
kann.“
    „Doch, doch. Sie könnten
Klatschweib in einer Revue spielen oder beim Theater die Auftritte ankündigen. Um
wieder auf die Beine zurückzukommen: für mich sind das Arbeitsgeräte, ebenso
aufregend wie Zahnstocher. Kommt noch so weit, daß ich mich außerhalb der
Bürozeit nur noch für Beinamputierte interessiere. Leider gibt’s davon so
wenige...“
    Ich hätte die Hand dafür ins
Feuer gelegt, daß das nie passieren würde.
    Auf einen Wink von ihm zog ich
meinen Rock bis zu den Knien hoch.
    „Höher, wenn es Ihnen nichts
ausmacht.“ Seine Stimme war jetzt kühl und unpersönlich.
    Bitte. Er konnte feststellen,
daß ich einen schwarzen Nylonstrumpfhalter und ein Spitzenhöschen

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