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Titel: wsmt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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ich gedacht hatte. Wie ein Kartoffelsack war
er von oben runtergerollt. Jetzt lag er vor mir, die linke Hand in meinen Rock
gekrallt.
    Mit übermenschlicher
Anstrengung schaffte er es, sich mit der rechten Hand am Geländer hochzuziehen.
Der Blutfleck vorn auf seinem weißen Hemd wurde immer größer. Auch sein
gutgeschnittener Mantel war voller Blut. Die Augen in seinem braungebrannten
Gesicht mit dem dünnen pechschwarzen Schnurrbart leuchteten schwach. Sie hatten
wohl eben noch grausam geblitzt. Jetzt, angesichts des Todes, war ihr Blick
glasig. Der goldene Ring an seinem rechten Ohr schien ebenfalls seinen Glanz zu
verlieren.
    „ Hijo de puta! “ brachte der Verwundete mühsam
hervor.
    Dann fiel er auf mich. Seine
Hände krallten sich in meine Kostümjacke, riß sie in Stücke. Fast hätten sie
mir auch noch meinen Büstenhalter runtergerissen. Noch so ein Liebhaber, ein
Kenner! Noch so einer, der hübsche Brüste bei mir vermutete. Also wirklich! War
das denn der richtige Augenblick dafür? Ich packte seine Handgelenke und
versuchte, ihn abzuschütteln. Über seiner Schulter, durch den goldenen Ohrring
hindurch, der hin und her schaukelte, sah ich eine Gestalt. Eine Stichflamme
blendete mich. Den Schuß hörte ich sozusagen nicht. Der Mann aber, der mich
festhielt, zuckte so heftig zusammen, als hätte er einen elektrischen Schlag
bekommen. Seine Finger entkrampften sich. Er ließ mich los und faßte sich an
seine Hüfte. Ein letzter furchtbarer Schmerzensschrei. Der Mann drehte sich um
seine eigene Achse, sackte dann endgültig zusammen.

10

Zuhälterkrieg
     
    „Begreifen Sie nun, Hélène?“
fragte ich und zeigte mit der pfeife auf die Zeitung.
    Neben anderen Tageszeitungen
meldete die Morgenausgabe des Crépuscule vom Dienstag, 18. Oktober, fettgedruckt auf der Titelseite:
     
    ZUHÄLTER RECHNEN AB
    ANTONIO JUAREZ, BESITZER
MEHRERER BORDELLE IN ARGENTINIEN, WURDE IN DER PASSAGE DE L’INDUSTRIE
ERSCHOSSEN!
    ZWEI WEITERE MÄNNER, DARUNTER
DER LEIBWÄCHTER DES SÜDAMERIKANERS, FANDEN BEI DER SCHIESSEREI DEN TOD.
     
    Der Artikel von Marc Covet
walzte die Titelzeilen nur geschickt aus. Nichts, was ich nicht schon von
Hélène erfahren hätte. Sie war noch immer ganz benommen von ihrem blutigen
Montag. Ihre Kaltblütigkeit war schon ziemlich bemerkenswert gewesen, als der
Südamerikaner zu ihren Füßen gestorben war. Nebenbei bemerkt hatte er einen
angenehmen Anblick mit rübergenommen. Hélène kämpfte aber noch jetzt mit den
Nachwirkungen ihrer Erlebnisse, trotz der von mir verordneten Behandlung mit
Whisky. Wie sie mir selbst gesagt hatte, war sie nicht lange bei dem Toten
geblieben. Nachdem sie, so gut es ging, ihre Kleidung wieder in Ordnung
gebracht hatte, war sie sofort abgehauen, ohne sich um den Rest zu kümmern und
darauf zu warten, daß die Hausbewohner das Drama entdeckten und die Hüter des
Gesetzes eintrafen. Der Crépu schrieb wie die anderen Zeitungen nichts von einer eleganten jungen Frau. Das
war auch gut so.
    „Begreifen Sie nun?“
wiederholte ich. „Juarez hatte in dem Haus eine Verabredung. Die beiden Ganoven
warteten in der dritten Etage, um ihn niederzuschießen. Was meinen Sie: wohin
ist Juarez gegangen? Zu dem unternehmungslustigen Lüstling Gauri natürlich!
Impresario, Veranstalter von Reisen innerhalb Frankreichs, in die Kolonien und
ins Ausland. Vor allem ins Ausland. Ihre Freundin Gin hat Ihnen erzählt, daß
man nie wieder was von den Mädchen aus dem Gil-Andréa-Fanclub gehört hat, die
zu dieser Agentur gekommen sind, um zum Theater- oder Varietéhimmel
aufzusteigen. Gin meint, daß diese dummen Gänschen wieder nach Hause zu ihren
Eltern gehen, desillusioniert, geheilt. Von wegen nach Hause! Die sind in
Buenos Aires! Da sind seit neuestem wieder Sperrbezirke. Oder sonstwo. Hier
geht’s um Mädchenhandel, nichts anderes. So was Ähnliches hab ich geahnt. Und
irgendwie hängt auch Gil Andréa mit drin.“
    Hélène blieb vor Überraschung
der Mund offenstehen. Sie gab zu bedenken:
    „Sind Sie nicht ein wenig
vorschnell? Geht nicht Ihre Phantasie mit Ihnen durch? Gil Andréa ist ein Star.
Ein Topstar. Sicher kein Ausbund an Tugend und moralischem Anstand. Wie er, zum
Beispiel, seine Wohltäterin Clara Nox behandelt hat! Aber deshalb gleich auf
Mädchenhandel zu schließen...“ Skeptisch verzog sie das Gesicht.
    „...Ich weiß wirklich nicht,
welches Interesse...“
    „Er ist Spieler. Vielleicht
braucht er Geld. Aber im Augenblick, meine kleine Hélène, halte ich

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