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Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle

Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle

Titel: Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Sie – ich sage also: ›Die Kleine da, die kann singen‹. Und damit habe ich gemeint, daß sie so was singen könnte.« Er richtete sich kurz auf und zeigte mit dem Daumen auf die Lautsprecherbox, aus der Rigoletto tönte. »Natürlich hätte sie eine solide Ausbildung gebraucht, wenn Sie verstehen, was ich meine. Man singt nicht einfach Oper ohne Ausbildung. Aber sie hatte dies … dies Stimmvolumen, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    »Aber gesehen haben Sie sie nicht?« sagte McBride.
    »Nein. Aber ich sage Ihnen noch was. Sechs Wochen nach der Sullivan-Show, auf den Tag genau, ist meine Frau an Krebs gestorben. Und vor vier Jahren war ich doch drauf und dran, wieder zu heiraten. Aber dann habe ich mich gefragt: ›Wozu, verdammt, willst du noch heiraten? In deinem Alter tut sich doch nicht mehr viel.‹ Ich bin vierundsechzig.«
    »Sieht man Ihnen nicht an«, sagte McBride.
    »Aber ich merke es. Es ist diese verdammte Steherei, die einen fertigmacht. Ich stehe, seit ich vierzehn war. Ich wollte gern, daß meine beiden Kinder mit ins Geschäft einsteigen, aber meinen Sie, die hätten arbeiten wollen? Einer ist auch noch Drummer geworden. Drummer. Ich frage Sie, was für eine Sorte Musiker ist das? Ein Drummer.« Angeletti schüttelte in Trauer um den verlorenen Sohn den Kopf.
    »Trotzdem vielen Dank für Ihre Hilfe«, sagte McBride. »Gern geschehen«, sagte der Bäcker.
    Weniger als zwei Minuten, nachdem McBride die Bäckerei verlassen hatte, kam Gesini in den Laden und kaufte erst mal ein Dutzend Plätzchen mit Schokoladenüberzug und Walnüssen. Während er zahlte, sagte er: »Sagen Sie, der junge Typ, der eben rausgekommen ist, er kommt mir irgendwie bekannt vor.«
    »Sind Sie aus Washington?« sagte Angeletti.
    »Nein, wieso?«
    »Weil er aus Washington ist. Reporter für die Washington Post , und er sucht wen.«
    »Wen?«
    »Silk Armitage. Die kennen Sie doch bestimmt auch, oder?«
    »Die Sängerin? Sicher.«
    »Yeah, also er sagt, sie soll hier irgendwo wohnen.«
    »Hier?«
    »Yeah, habe ich auch gesagt. Sie hören sich übrigens gar nicht an, als wären Sie von hier.«
    »Wie meinen Sie das, ich höre mich nicht nach hier an?«
    »Ich meine, Sie hören sich nach New York an, wie ich. Kommen Sie aus New York, ursprünglich, meine ich?«
    »Yeah, ursprünglich aus New York.«
    »Ich auch, ursprünglich«, sagte Angeletti. Dann schoß ihm ein Gedanke durch den Kopf. »Ob es in Washington viele Italiener gibt?«
    Solly Gesini sagte, das wisse er nicht.

Vierunddreißig
    Der Woodbury Club lag um die Ecke vom Campton Drive auf der Little Santa Monica in Beverly Hills und sah aus wie eine Bank; und genau das war er gewesen. Als Franklin D. Roosevelt 1933 den Bankholiday verfügte, hatte die Liberty Bank and Trust Company zu jenen Banken gehört, die nie wieder aufmachten, Opfer von billigen Kreditvergaben auf eine Menge Land, das zu einem Ort gehörte, der Westwood hieß, und das damals niemand haben wollte.
    Das Bankgebäude wurde von einer Gruppe wohlhabender Geschäftsleute erworben, die den Club gründeten, um ein angenehmes, günstig gelegenes Domizil zu haben, ohne von Filmleuten, sprich Juden, behelligt zu werden. Also wurde der Woodbury Club ein arisches Eden und ließ erst 1951 seinen ersten Juden zu. Filmleute waren weiterhin ausgeschlossen, weil man allgemein fand, daß gewisse Maßstäbe einfach gewahrt werden müßten. Niemand wußte inzwischen noch genau, wie der Club zu seinem Namen gekommen war, folglich gab man sich mit der Story zufrieden, daß die Gründungsmitglieder sich nicht auf einen Namen hatten einigen können, bis ein bärbeißiger alter Herr ins Badezimmer ging, sich die Hände mit einem Stück Woodbury-Seife wusch, in die Versammlung zurückkehrte und den Namen durchboxte.
    Durant und Wu trafen kurz vor eins ein. Die Fassade des einstöckigen Hauses aus Granit gab sich vornehm und diskret. Nur die Hausnummer und ein kleines Messingschild, auf dem PRIVAT stand, waren an der Hauswand angebracht. Wer allerdings genauer hinsah, konnte noch LIBERTY BANK & TRUST CO. über dem Eingang entziffern, obwohl die Schrift 1933 gründlich mit einem Sandstrahlgebläse bearbeitet worden war.
    Im Club gab es jede Menge Wandtäfelungen aus Walnußholz und Teppiche und Ledermöbel, und überall herrschte die gedämpfte Atmosphäre nüchtern getätigter, gediegener Kapitalanlagen. Randall Piers, im grauen Geschäftsanzug, begrüßte Durant und Wu in der Empfangshalle, und gemeinsam schrieben sie sich

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