Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle
aber wer soll sie ausführen? Die CIA-Denker vom Dienst beschließen, die geniale Idee an Leute weiterzureichen, die eine Menge verloren haben, als Castro Kuba übernahm, und bei den Leuten handelte es sich natürlich um die Syndikate. Okay, die Denker vom Dienst überlegen, wer von der CIA einen Kumpel in der Unterwelt hat. Simms natürlich. Er hat doch mit einem im College zusammen gewohnt. Also kriegt Simms Anweisung, mit Imperlino Verbindung aufzunehmen, und anschließend nimmt Imperlino Verbindung mit zwei anderen, schon älteren Jungs auf, echten Gangstern – Sam Consentino und Johnny Francini –, von denen schon gehört?«
»Sie sind tot«, sagte Durant, »alle beide.«
»Yeah, das ist auch irgendwie interessant«, sagte Conroy, »aber darauf komme ich später.«
Artie Wu hatte diesbezüglich starke Bedenken, denn Conroy sprach schon mit schwerer Stimme und hatte einen glasigen Blick. Trotzdem redete er weiter. Und trank weiter.
»Okay, es heißt, Consentino und Francini hätten drei- oder viermal versucht, vielleicht öfter, Fidel umzulegen, nur hätte es nie geklappt. Trotzdem waren die Jungs vom FBI ihnen so dankbar, daß sie sie laufen ließen, obwohl sie sie wegen Steuerhinterziehung am Haken hatten.«
»Mr. Conroy?« sagte Wu.
»Yeah?«
»Ich erinnere mich, das meiste davon letzte Woche im National Enquirer gelesen zu haben. Oder letztes Jahr.«
»Mit anderen Worten, ich sage Ihnen nichts Neues, Professor.«
»Könnte man sagen, ja.«
»Verstehe. Aber was halten Sie zum Beispiel davon? Ich habe umständ … unumstoß … also solide Beweise, daß Consentino und Francini in derselben Woche in Dallas waren, in der Kennedy erschossen wurde. Was sagen Sie nun, Professor?«
»Dazu sage ich schlicht: Woher wollen Sie das wissen?«
Conroy nickte zustimmend, beugte sich vor und wedelte mit einem Finger vor Wus Nase. »Ich habe meine Quellen, Professor. Aber ich kann sie nicht preisgeben. Niemand gibt seine Informanten preis.«
Otherguy Overby, der immer gern zum Kern der Sache kam, sagte: »Sie wollen doch nicht behaupten, daß die beiden Kennedy erschossen haben?«
Diesmal sah Conroy erst listig, dann durchtrieben aus. »Ich behaupte gar nichts. Ich habe hier noch keine festen Angebote gehört, also sage ich auch nicht, ob sie ihn erschossen haben oder nicht.«
Es wurde Zeit für Piers, einen fetten Köder auszuhängen, und er machte sich gekonnt ans Werk. »Wissen Sie, Herb, in einer Stadt dieser Größenordnung müßte jemand, der den Job übernimmt, von dem wir geredet haben, viel Zeit im Auto verbringen. Unproduktive Zeit. Ich habe mir überlegt, daß vielleicht ein Wagen mit Fahrer, Telefon und Aufnahmegerät eine kluge Investition wäre – vom Standpunkt der Effizienz aus betrachtet. Vielleicht sogar mit einer kleinen Bar, damit der arme Bursche sich dann und wann auch stärken kann. Wie finden Sie das?«
»Hört sich nicht schlecht an.«
»Aber ich habe Sie unterbrochen, Herb«, sagte Piers, »bitte fahren Sie fort.«
»Ich muß vorgreifen«, sagte Conroy. »Nach Dallas, also nach Dallas konnten Consentino und Francini sich schlicht alles leisten – jedenfalls, was das FBI anging. Consentino operierte von Chicago aus und Francini von Miami, und beide wurden reich, und beide wurden älter. Unterdessen läßt Imperlino sich hier an der Küste nieder. Dann passierte Watergate, und die Karten waren neu gemischt.«
»Wie meinen Sie das?« sagte Durant.
Ehe Conroy antworten konnte, servierte der Kellner die Vorspeise, die Shrimp-Cocktails. Conroy stierte in seine Glasschale und glaubte deutlich zu sehen, wie ein Shrimp noch zappelte. Er fischte ihn mit dem Finger aus der Schale und biß ihn in zwei Teile. Aber Conroy hatte das Gefühl, als zappelte der Shrimp noch auf der Zunge weiter, und er kaute entschlossen und schluckte dann tapfer. Nur der Hunger war ihm dabei vergangen, falls er je welchen gehabt hatte.
»Wie meinen Sie das mit Watergate?« sagte Durant.
»Ich meine, daß die Glacéhandschuhe ausgezogen wurden. Consentino und Francini fanden sich plötzlich im Brennpunkt einer Menge interessanter Spekulationen wieder. Vergessen Sie nicht, Dallas lag fast zehn Jahre zurück. Die Leute in der Regierung, zu denen sie gute Beziehungen hatten, waren tot, einige wenigstens. Oder pensioniert. Oder gefeuert. Die heiligen Kühe Consentino und Francini waren zum Abschuß freigegeben worden. Da saßen sie also, fast sechzig und voller Vorfreude auf einen geruhsamen Lebensabend. Und ganz
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