Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle
so gut waren wie ein elektronischer Scanner.
Sollte jedoch irgendwelcher Ärger trotzdem an dem alten Expolizisten vorbeigelangen, war der Empfang die nächste Hürde. Er war mit einem pensionierten neununddreißig Jahre alten CID-Major besetzt, der eine sorgfältig verborgene .38er Chief’s Special an der linken Hüfte trug. Ploughman wußte, daß es die Kanone gab, weil er die Zulassung unterschrieben hatte. Und er wußte, daß es die linke Hüfte war, weil er den Exmajor auf einem Schießstand der Polizei hatte schießen sehen. Der Exmajor hatte mit der Linken geschossen und alles getroffen, auf was er gezielt hatte.
Hinter dem Empfang, auch das wußte Ploughman, gab es einen Raum mit einem internen Überwachungssystem. Eine ganze Galerie von Monitoren spähte rund um die Uhr in jede Ecke und jeden Winkel des Gebäudes, obwohl es natürlich in einem Rundbau nicht viele Ecken und Winkel gab, bis auf die Tiefgarage. Nichtsdestotrotz waren die Kameras ständig im Einsatz, was beträchtlich zum Mietpreis beitrug, von den Bewohnern jedoch klaglos hingenommen wurde. Sie hatten offensichtlich nichts dagegen, die Ungestörtheit ihrer Privatsphäre der Sicherheit zu opfern.
Obwohl der Exmajor genau wußte, wer Ploughman war, bat er den Polizeichef höflich, zu warten, bis er nach oben telefoniert habe, um sich zu vergewissern, daß Mr. Simms Ploughman wirklich erwartete. Während Ploughman wartete, besichtigte er die ziemlich protzig geratene Empfangshalle mit den zahllosen niedrigen Sesseln und Couchen, auf denen seinem Eindruck nach noch nie jemand gesessen hatte.
Als Ploughman passieren durfte, nahm er den Fahrstuhl zum zwanzigsten Stock und ging über den breiten, geschwungenen Korridor bis zu Penthaus B. Er klingelte, und die Tür wurde von einem würdigen Schwarzen in weißer Kellnerjacke geöffnet, der Ploughman durch eine Halle mit Marmorfußboden und kostbaren Orientbrücken geleitete, die direkt in den Wohnraum führte.
Penthaus B war im Grundriß geschnitten wie ein Tortenstück, von dem der erste Bissen fehlte. Der Wohnraum beanspruchte etwa drei Viertel vom Tortenrand, der seinerseits aus nichts als Glas bestand. Der Raum wirkte merkwürdig gedämpft, beinahe sparsam mit guten, aber unauffälligen Stücken möbliert. An den Wänden hingen nur zwei Gemälde, gemäßigt abstrakt. Ploughman begriff instinktiv, daß der Raum auf raffinierte Weise so eingerichtet war, daß nichts von dem hinreißenden Blick ablenken konnte.
Meile um Meile gab es nichts als blaues Meer, nur rechts eingefaßt von der geschwungenen Linie der Küste, die sich mit weißer Spitze schmückte, wenn die Wellen gegen den Strand liefen. Ploughman starrte fasziniert durch die gläserne Wand, als eine Stimme hinter ihm sagte: »Ziemlich eindrucksvoll, nicht wahr?«
Ploughman drehte sich um und entdeckte Reginald Simms an einer kleinen Bar am anderen Ende des Raums.
»Yeah«, sagte Ploughman, »dachte ich auch gerade. Verdammt schöner Blick.«
»Möchten Sie einen Drink, Chief?«
»Gern, ja.«
Simms wandte sich der Bar zu. »Warten Sie – Sie sind Gin-Trinker, richtig?«
»Richtig.«
»Gin pur, auch richtig?«
»Auch richtig.«
Ploughman sah zu, wie Simms die Gläser füllte. Simms trug ein weiches Tweedjackett in Graublau, dazu dunkelgraue Flanellhosen, schwarze Mokassins, die nicht zu blank poliert waren, und ein blaß cremefarbenes Hemd, in dessen offenem Kragen ein Paisley-Halstuch steckte. Fred Astaire, dachte Ploughman. Der Hurensohn versucht, sich wie Fred Astaire anzuziehen.
Als Simms ihm seinen Drink reichte, sah Ploughman, daß es fast ein Dreistöckiger war. Simms’ Drink war bernsteinfarben, und Ploughman entschied, daß er ein Scotch-Trinker war. Über die Jahre hatte er herausgefunden, daß er mit Leuten, die Bourbon tranken, besser zurechtkam als mit Scotch-Trinkern. Am wohlsten fühlte er sich natürlich mit Gin-Trinkern, aber davon gab es nicht mehr allzu viele. Wenn jemand Wodka trank, regte sich augenblicklich sein Argwohn; Wodka-Trinker hatten seiner Meinung nach etwas zu verheimlichen. Ploughman hatte viele solcher Vorurteile, und er hegte sie mit einem gewissen Stolz als unumstößliche Gewißheiten.
»Hier vielleicht?« sagte Simms und deutete mit seinem Drink in eine Ecke mit einer langen, sanft schimmernden Couch und dazu passendem, breitlehnigem Sessel. Ploughman nickte und nahm, nachdem Simms sich für die Couch entschieden hatte, im Sessel Platz. Er setzte sein Glas auf dem schweren Glastisch ab,
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