Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle
jedenfalls behauptet. Haben Sie mal jemand mit einem Gummischlauch geschlagen?«
Durant räusperte sich. »Schon lange nicht mehr.«
Ploughman nickte so zufrieden, als hielte er Durant für ein besonders aufgewecktes Bürschchen. »Eben. Wenn man einen Typen aufarbeiten will, nimmt man keine Gummischläuche. Das ist doch Quatsch. Kinoquatsch. Soll ich Ihnen sagen, was man nimmt?« Er steckte die Zigarette in den Mund, streckte die Hände mit den Handflächen aufwärts gekehrt aus und ballte sie zu Fäusten. »Die nimmt man.«
Artie Wu seufzte. »Kommen Sie zur Sache«, sagte er.
Ploughman lächelte, als hätte Wu ihn an eine angenehme, aber noch nicht abgeschlossene Tätigkeit erinnert.
»Aber nicht mal das machen wir mehr, weil wir es nicht nötig haben. Wissen Sie, was wir machen, wenn wir was erreichen wollen? Wir stecken die Typen einfach in den Käfig. Und wissen Sie, was wir uns da halten?«
»Tiere«, sagte Durant.
Durant blieb Ploughmans Musterschüler. Das gelbe Grinsen tauchte wieder auf – und nicht nur als Ausdruck der Freude, sondern auch der Anerkennung. »Yeah, ich kann mir denken, daß ihr beiden schon mal ein bißchen Zeit in einem Käfig verbracht habt. Nicht bei uns, natürlich, anderswo. Jede Stadt hat so einen Käfig, wo man Typen wie euch einsperrt.« Ploughman nickte aufmunternd. »Okay, ihr wißt, wovon ich rede – es verdad, wie der Mexikaner sagt?«
»Es verdad« , sagte Wu.
Ploughman blickte zu Lake hin. »Wen haben wir denn unten? Irgendwen von Interesse?«
»Der Türke ist noch da«, sagte Lake.
»Und was ist mit Jimbo?«
Lake nickte. »Yeah, der auch noch.«
Ploughman blickte wieder Durant an. »Wie Sie sagen, Tiere, echte Tiere.« Er richtete seinen Blick auf Lake. »Lieutenant, ich glaube, Sie sollten die Herren jetzt nach unten bringen, um sie auszunüchtern. Und wenn sie wieder nüchtern sind, können sie vielleicht wieder raufkommen, und wir setzen unser Gespräch fort. Ich weiß nicht, wie Sie das sehen« – er blickte Durant und Wu an – »aber ich finde es wirklich interessant. Und Sie?«
»Äußerst interessant«, sagte Artie Wu.
Vierundzwanzig
Etwa im gleichen Augenblick, als Wu und Durant von Ploughman an den Bordstein dirigiert wurden, bog Reginald Simms mit seiner hellbraunen, drei Monate alten geleasten Jaguar Limousine vom Sunset Boulevard nach rechts zum westlichen Einfahrtstor von Bel Air ab.
Simms machte sich nicht viel aus Bel Air. Für seinen Geschmack war es zu protzig und indiskret, obwohl der Reichtum hier durch üppig wuchernde Büsche und Sträucher abgeschirmt wurde, die ein Mindestmaß an Privatsphäre garantierten, anders als in Beverly Hills, wo der nackte Reichtum Neid und Mißgunst förmlich herausforderte.
Simms war der Meinung, daß Reichtum und Macht sich angemessen bedeckt halten sollten, und folglich bevorzugte er für ein Leben in der Stadt die ruhigere Wohnlage der East Sixties und Seventies in New York, oder Georgetown in Washington, oder in London fast jeden Teil von Mayfair.
Aber hier war nun mal Kalifornien, Südkalifornien, und hier, fand Simms, war man das, was man sichtbar zu sein schien. Kalifornien war ein Stück Amerika, das hohe Prämien auf den äußeren Schein zahlte.
Simms war auf dem Weg zu einem Besuch bei seinem ehemaligen Zimmergenossen im College und jetzigen Geschäftspartner, Vincent Imperlino, den er seit den alten Studentenzeiten Imp nannte, obwohl er sich ziemlich sicher war, daß er als einziger im ganzen Land Imperlino mit dieser Kurzform anredete. Sie beide waren seit jenen Tagen in Bowdoin getrennte Wege gegangen, aber es hatte Simms nicht im mindesten überrascht, als das Schicksal sie wieder zusammenführte. Ihm schien es, wenn er darüber nachdachte, fast unvermeidlich. Während der langen Jahre in Südostasien hatte Simms sich eine ganze Portion Fatalismus angeeignet, den er jetzt recht tröstlich fand.
Es gab verschiedenes mit Imperlino zu besprechen, als wichtigsten Punkt jedoch, wie Silk Armitage zu töten wäre. Simms ließ sein Hirn das Wort »ermorden« denken, und die Tatsache, daß das Wort bei ihm keinen wahrnehmbaren Abscheu hervorrief, verschaffte ihm ein zynisches Vergnügen. Schon seit vielen Jahren hatte das Wort oder die darin verborgene Absicht in ihm überhaupt keine Empfindungen mehr auszulösen vermocht, und er nahm sich vor, im Gespräch mit Imperlino das Wort selbst, und nicht irgendeinen Euphemismus, vorzubringen. Imps Reaktion – wenn es denn eine gäbe – könnte sich
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