Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt
Mit dem Kopf deutete er nach hinten. »Kommt mit.«
Overby und Georgia Blue folgten ihm durch einen kurzen Flur, von dem zwei Türen zu den Toiletten abgingen. Am Ende des Ganges war eine dritte Tür aus Metall. Der Rausschmeißer wandte sich an Overby. »Heb die Arme.«
Overby hob sie. Der Rausschmeißer begann mit Overbys Achselhöhlen und klopfte ihn bis unten ab. Als er bei den Knien angelangt war, sagte Overby: »Das reicht.«
Der Rausschmeißer schaute hoch, schüttelte seinen großen Kopf und hätte weitergemacht, wenn Georgia Blue ihm nicht die Walther ins linke Ohr gesteckt hätte. »Er hat gesagt, das reicht«, sagte sie zu ihm, während er sich langsam aufrichtete, die Mündung noch immer ein Stück im Ohr versenkt.
Overby musterte den Rausschmeißer. »Wenn wir jetzt reingehen und dieses Ding da aus deinem Ohr wächst, siehst du ziemlich blöd aus. Warum machst du also nicht einfach die Tür auf, und wir gehen rein, und du kannst hier draußen bleiben und alles im Auge behalten. Okay?«
Wegen der Pistole in seinem Ohr konnte der Rausschmeißer nur andeutungsweise nicken.
»Was muß ich jetzt machen?« sagte Overby. »Die Klingel drücken?«
»Einmal kurz, zweimal lang«, sagte der Rausschmeißer. Overby drückte wie angewiesen auf einen schwarzen Knopf. Einen Augenblick später summte ein Türöffner. Overby öffnete die Tür einen Spalt breit und wartete, bis er Georgia Blues Rücken an seinem spürte. »Okay?« sagte er.
»Okay«, antwortete sie, während sie die Walther benutzte, um den Rausschmeißer in den kurzen Flur zurückzuscheuchen.
Overby öffnete die Stahltür weit und blieb stehen, wobei er Georgia Blue einen Moment verdeckte. Sie drehte sich rasch um und stand jetzt Overby gegenüber, dann schob sie die Walther wieder unter ihr Hawaiihemd.
Das Zimmer, das sie betraten, war nicht größer als ein großer Teppich, zirka drei mal fünf Meter. Die gesamte Einrichtung schien aus Plastik, Chrom und Leder zu bestehen. Es gab keine Fenster. Die eine Wand war mattschwarz gestrichen, und auf ihr prangte ein großformatiges Gemälde, Acryl auf Samt, eines idealisierten tropischen Strandes mit einer Menge Kokospalmen und einem fetten Tiger, der sich an einen noch fetteren Büffel heranpirschte.
Boy Howdy stand vor einem Schreibtisch aus Chrom und Plastik, angetan mit einem langärmeligen barong tagalog, unter dem ein altmodisches Netzunterhemd hervorschaute. Rote, aber ergrauende Brustbehaarung schob sich kräuselnd durch die Maschen.
Bei einer Körpergröße von mindestens eins fünfundachtzig hatte Howdy die massigen, geschwungenen Schultern und locker baumelnden Arme eines Straßenschlägers. Sein Gesicht schien aus lauter rosa Knoten zu bestehen. An einem Ohr, dem rechten, fehlte das Läppchen. Kleine blaue, etwas wässerige Augen lagen tief versteckt unter buschig-dichten, roten Brauen, die ebenfalls allmählich grau wurden. Das Kopfhaar war kurz und drahtig und wirkte wie angeklebt. Es war viel roter als seine Brauen, und Overby vermutete, daß er es färbte.
»Wer ist sie?« sagte Boy Howdy zur Begrüßung, mit einer Stimme, die sich für Overby immer anhörte wie eine frisch zubeißende Holzraspel.
»Georgia Blue.«
Howdy zeigte grinsend zwei Goldzähne. »Is das so ähnlich wie Sweet Georgia Brown?«
»Wissen Sie, darauf ist bisher noch keiner gekommen«, sagte sie.
»Möcht ich wetten«, sagte Howdy und machte eine linkische Handbewegung. »Also, setzt euch – irgendwo.«
Georgia Blue wählte einen Sessel aus Leder und Chrom. Overby nahm einen Stuhl mit gerader Rückenlehne – den einzigen im Zimmer. Er setzte sich, die Füße fest auf den Boden gestemmt, die Arme vor der Brust verschränkt. Er blickte sich um und nickte zu dem Acrylbild. »Das ist neu«, sagte er.
»Sagt irgendwie alles, stimmt’s?« fragte Boy Howdy.
»Faßt alles zusammen.«
»Na, was darf’s denn sein, Otherguy? Ein Drink und dann zum Geschäft, oder erst das Geschäft und dann ein Drink?«
»Geschäft.«
Boy Howdy nickte und lehnte sich mit dem Hintern an den Schreibtisch. »Ich sag’s dir lieber gleich, daß ich furchtbare Mühe und Kosten hatte, um deine beiden Kumpel aufzutreiben. Furchtbare Mühe und beaucoup Kosten.«
»Vermutlich zwei Anrufe und etwa fünfzig Pesos für einen Hotelpagen.«
Howdy wandte sich mit verschwörerischem Blick an Georgia Blue. »Schon gemerkt, was für ’ne kesse Lippe der alte Otherguy hat?«
»Öfter.«
»Aber ich hab’s geschafft, Otherguy. Es hat mich
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