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Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Titel: Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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anderen abstellte. Die Filipino-Besatzung, Booth Stallings und annähernd drei Dutzend weitere Passagiere, darunter vierundzwanzig junge japanische Marineflieger in makellos weißen Uniformen, trieben langsam mit der Flut in die Manila-Bay.
    Einer der Marineflieger und Stallings hatten eine Art Unterhaltung angefangen, die sie fast schreiend führen mußten, um sich gegen das Kreischen der Motoren Gehör zu verschaffen. Das Englisch des jungen Fliegers war rudimentär, aber er schien entschlossen, seine Meinung anzubringen, die ungefähr darauf hinauslief, daß die Vereinigten Staaten sich glücklich schätzen konnten, in diesen Zeiten ernster internationaler Unbilden vom größten Präsidenten ihrer Geschichte geführt zu werden. Als Stallings erwidert hatte, daß der Präsident gewiß ein ungewöhnliches Geschichtsverständnis habe, hatte ihm der junge Flieger mit feierlichem Nicken zugestimmt.
    Sie trieben erst wenige Minuten auf dem Wasser, als ein zweites Tragflächenboot längsseits ging und die beiden Filipino-Besatzungen sich kurz beratschlagten. Da die japanische Flotte ein zuverlässiger Stammkunde war, wurde beschlossen, die Marineflieger zum anderen Tragflächenboot überzusetzen und nach Corregidor zu verschiffen. Das verbleibende Häufchen Passagiere sollte an Bord des lahmgelegten Bootes bleiben, das in den Hafen zurückdümpeln würde (Dümpeln Tragflächenboote? fragte sich Stallings), wo man ihnen selbstverständlich mit Vergnügen das Fahrgeld zurückerstatten werde.
    Die Ankündigung wurde von allen erfahrenen Touristen resigniert hingenommen, mit Ausnahme eines grauhaarigen Amerikaners, der augenblicklich eine Art Regentanz um die erstaunte Filipino-Mannschaft aufführte, während er sie der Unfähigkeit, Begünstigung und, vor allem, der Undankbarkeit zieh. Mit unerschütterlicher Höflichkeit nickte die philippinische Mannschaft und kicherte hinter vorgehaltener Hand.
    Als das Tragflächenboot in Manila anlegte, lag das Rückerstattungsgeld schon sorgfältig gebündelt bereit. Der aufgebrachte Amerikaner bestand darauf, zweimal nachzuzählen, während Stallings in der Reihe hinter ihm wartete. Anstatt nachzuzählen, faltete Stallings das Geld einfach zusammen und steckte es in die Hosentasche.
    »Wahrscheinlich hat man Sie um hundert Pesos beschissen«, sagte der grauhaarige Amerikaner.
    »Glauben Sie?«
    »Ist doch wirklich die Höhe«, sagte der Amerikaner. »Wir machen Corregidor zu einem verdammten Schrein und zu einer riesigen Touristenattraktion, und wer kriegt Vorzugsbehandlung? Die Scheiß-Japsen, ausgerechnet – dieselben Scheißer, die es im Krieg plattgemacht haben.«
    »Wahrscheinlich eher die Enkel von den Scheißern«, sagte Stallings.
    »Ist dasselbe. Wohin wollen Sie?«
    »Manila-Hotel.«
    »Ich auch. Teilen wir uns ein Taxi?«
    Stallings willigte ein, und sie waren fast schon an der Straße, als er stehen blieb, sich umdrehte und den Amerikaner eingehend musterte. »Was, wenn ich nein gesagt hätte?«
    Der Amerikaner schenkte ihm ein kleines verkniffenes Grinsen. »Dann müßte ich Sie eben später aufsuchen, Mr. Stallings.«
     
    Sie gingen in die nächste voll klimatisierte Bar statt ins Manila-Hotel. Es war ein flottes Lokal an der Uferpromenade mit Namen Shoreleave, das die üblichen Barmädchen im Teenageralter und extrem lauten Hard Rock zu bieten hatte. Als eines der Barmädchen herangetrippelt kam, um zu fragen, ob sie Gesellschaft wünschten, forderte der grauhaarige Amerikaner es auf, sich zu verpissen und jemanden mit zwei Flaschen San Miguel – aber ohne Gläser – vorbeizuschicken.
    »An den Gläsern holt man sich vielleicht noch Aids«, erklärte der Amerikaner Stallings. »Wissen Sie, all diese Tussis haben’s gern von hinten. Geburtenkontrolle auf philippinisch.«
    »Wie heißen Sie heute?« fragte Stallings.
    »Weaver P. Jordan.«
    Stallings nickte, als bestätige er damit einen düsteren Verdacht. »Ein echter Phantomname.«
    Jordan lächelte sein verkniffenes Lächeln und sagte: »Was ist ein Phantom?«
    In diesem Moment wurde das Bier gebracht, und Jordan wischte mit der Handfläche den Flaschenhals ab. Stallings nicht. Nachdem Jordan sein Bier zu einem Drittel geleert hatte, setzte er die Flasche ab, stützte sich auf die nackten Unterarme, die zu viel Fleisch und zu wenig Haare hatten, und lehnte sich über den Tisch.
    Das Haar auf seinem Kopf war, im Gegensatz dazu, lang, dicht und von schimmerndem Grau. Darunter war das noch immer unfertige Gesicht

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