Wuensch dir was
es kein Zurück mehr gab. Ich war hochoffiziell keine junge Frau mehr.
Bis heute natürlich.
Wir waren auf dem Weg in Lucys Schneiderwerkstatt, als ich plötzlich stehen blieb. »Oh, Lucy, ich muss noch schnell zur Bank, ehe sie schließt.«
»Wozu brauchst du denn Geld?«
»Für heute Abend.« Ich klimperte mit den Wimpern. »Eine Frau sollte immer genügend Bares mit sich führen, für den Fall der Fälle. Als ich noch jung war, hieß es, ein Mädchen muss immer ein Zehncentstück dabeihaben, um Daddy anrufen zu können, falls der Junge auf dumme Gedanken kam. Ich schätze, heute braucht frau eine ganze Menge mehr als das.«
»Wir kommen unterwegs an einem Geldautomaten vorbei.«
»Oh, die benutze ich nicht.«
»Was?« Lucy starrte mich perplex an.
»Diese Geldautomaten sind mir suspekt. Ich gehe lieber zu meiner Bank, wo mich die Angestellten kennen.«
»Äh, heute wohl eher nicht«, erinnerte mich Lucy.
»Ach, richtig. Wie komme ich jetzt an Geld?« Auf einmal bereitete mir das Thema großes Kopfzerbrechen.
»Ich kann dir was borgen, Gram. Keine Sorge.«
»Nein, es wäre mir unangenehm, wenn du meinetwegen knapp bei Kasse bist. Weißt du was? Wir fahren kurz bei mir vorbei – ich habe in meiner Unterwäscheschublade einen Notgroschen versteckt.«
In Lucys Werkstatt angekommen, suchten wir uns Kleider für den Abend aus.
»Wir haben ja ganz vergessen, Dessous für mich zu besorgen!«, fiel mir plötzlich ein.
Lucy öffnete eine Schublade. »Ich habe immer welche auf Reserve da, für den Notfall.«
»Was denn für ein Notfall?« Ich zwinkerte ihr zu.
»Für den Fall, dass mal eines meiner Models ein anderes Höschen benötigt, weil es unpassenderweise einen uralten Schlüpfer trägt … Meine Güte, Gram hast du deine Hormone denn gar nicht im Griff? Das ist ja nicht auszuhalten.«
»Entschuldige«, murmelte ich verlegen. »Dieses ganze Östrogen macht mir zu schaffen.«
Wir packten unsere Siebensachen und schlugen den Weg zu mir nach Hause ein.
Ich erspähte Ken, den Portier, schon von weitem (hach, es war einfach herrlich, ohne Brille sehen zu können). Als wir näher kamen, stellte ich fest, dass sein Gesicht aschfahl war. Es musste irgendetwas vorgefallen sein, aber diesen Verdacht behielt ich vorerst für mich.
»Lucy«, rief Ken schon von weitem.
»Hey, Ken«, rief Lucy zurück.
»Ist Ihnen klar, dass Ihre Mom und Mrs. Freedburg Sie schon überall suchen? Sie machen sich ziemliche Sorgen.«
Ich schnaubte und murmelte, zu Lucy gewandt: »Deine Mutter kann dich wohl keine zwei Sekunden in Ruhe las…«
»Moment«, unterbrach sie mich. »Ken, wissen Sie, wo die beiden hingegangen sind?«
»Ich weiß nur, dass sich Mrs. Freedburg erst aus ihrer eigenen und dann aus der Wohnung Ihrer Großmutter ausgesperrt hat, so dass am Ende weder sie noch Ihre Mutter einen Schlüssel hatte. Deshalb haben sie sich auf die Suche nach Ihnen gemacht.« Er wandte sich an mich. »Ihretwegen habe ich übrigens ganz schön Ärger bekommen. Sie haben sich als Mrs. Jeromes zweite Enkelin ausgegeben.«
»Bin ich doch auch«, sagte ich wenig überzeugend.
»Für wie dumm halten Sie mich eigentlich?«, fragte er.
»Ken, das ist jetzt sehr wichtig: Haben Sie eine Ahnung, wo meine Mutter und Mrs. Freedburg hinwollten?«, wiederholte Lucy.
»Haben sie nicht gesagt. Ihre Mom war ziemlich aufgebracht, und Mrs. Freedburg musste sie wohl oder übel begleiten.«
»Ach herrje. Los, komm mit, wir sehen mal oben nach, ob sie uns eine Nachricht hinterlassen haben.« Ich fischte meine Schlüssel aus der Tasche und bedeutete Lucy, mir zu folgen.
»Ab jetzt übernehme ich. Vielen Dank, Ken.« Damit ging ich zum Aufzug und drückte den Knopf mit dem Pfeil nach oben.
»Aber wer sind Sie?«, rief Ken mir nach. »Und was soll ich den beiden sagen, wenn sie zurückkommen?«
»Sagen Sie ihnen, dass Sie Mrs. Jerome gesehen haben
und dass sie sie ihrerseits sucht«, erwiderte ich, während sich die Aufzugtüren öffneten.
»Aber wo ist Mrs. Jerome?«, fragte er.
»Unterwegs, auf der Suche nach den beiden«, antworteten Lucy und ich wie aus einem Munde, kurz bevor sich die Aufzugtüren wieder schlossen.
Als ich meine Wohnung betrat, sah ich sogleich Barbaras Tasche, die auf dem Tischchen vor dem Spiegel aus Paris stand. Der Anblick versetzte mir einen Stich. Fridas Blutzuckerspiegel musste gesunken sein, denn daneben lagen Käse und Cracker. Wenn Fridas Blutzuckerspiegel sank, war sie nicht wiederzuerkennen. Sie drehte
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