Wuensch dir was
die Tatsache, dass ich Kinder hatte, außer Acht lassen. Morgen würde wieder alles ganz anders aussehen.
»Na, was geht in deinem Kopf vor?«, erkundigte sich Lucy.
»Ich werde tun, was du gesagt hast. Ich werde meinen Tag auskosten. Ich gehe jetzt ins Schlafzimmer und krame mein Make-up hervor, und dann mache ich mich schön für den Abend. Ich habe ein Date.«
»Ich bin immer noch der Meinung, dass ich mich
auf die Suche nach Mom und Tante Frida machen sollte.«
»Lucy, weißt du noch, was wir heute früh gesagt haben?«
»Dass heute dein Tag ist.«
»Genau. Heute ist mein Tag, und den will ich mit dir verbringen. Diskussion beendet. Themenwechsel.«
Lucy schwieg. Jetzt war sie es, die sich den Kopf zerbrach.
»Morgen, Lucy«, sagte ich. »Morgen.«
»Aber …«
»Und das ist das letzte Mal heute, dass wir darüber sprechen. Deine Mutter muss selbst mit ihren Problemen fertig werden.« Ich nahm ihre Hand. »Und jetzt lass uns meinen Tag fortsetzen. Allzu viel Zeit haben wir nicht mehr.«
Ehrlich gesagt, wusste ich selbst nicht so recht, wie ernst ich das alles gemeint hatte, aber ich musste zumindest versuchen, meinen Tag so weit wie möglich zu genießen. Wenn ich schon mit einem solchen Aussehen gesegnet war, dann sollte ich mich auch entsprechend verhalten.
Lucy ergriff meine Hand, und wir begaben uns in meinen begehbaren Kleiderschrank.
Ich zog Lucys Unterwäsche an und schlüpfte in das schwarze Kleid. Dann betrachtete ich mich im Spiegel.
»Ich glaube, ich werde den Saum einmal umschlagen, damit es ein bisschen verspielter aussieht und
nicht ganz so elegant«, sagte Lucy mit einem prüfenden Blick.
»Ja!«, rief ich. »Mach es kürzer! Ich muss doch meine jungen Beine herzeigen!«
Sogleich holte Lucy meine Nähmaschine hervor, die bestimmt schon dreißig Jahre auf dem Buckel hatte. Lucy war die Einzige, die sie gelegentlich benutzte, aber in diesem Augenblick war ich froh, dass ich sie noch hatte.
Wir suchten auch gleich noch die passenden Schuhe aus – unsere Wahl fiel auf ein Paar Pumps mit sieben bis acht Zentimeter hohen Stöckeln. Ich hätte ja am liebsten meine Plateauschuhe aus den Siebzigern getragen, die noch drei Zentimeter höher waren, aber Lucy protestierte. Sie steckte den Kleidersaum ab, und ich wollte in meinen Morgenmantel schlüpfen, um nach nebenan zu gehen, doch dann überlegte ich es mir anders. Während Lucy mit der Nähmaschine hantierte, schlenderte ich in der Unterwäsche durch meine Wohnung, bewunderte mich kurz im Spiegel aus Paris und ging dann in die Küche, um mir eine Kleinigkeit zu essen zu holen.
»Gram«, tönte es aus dem begehbaren Schrank. »Was hältst du davon, wenn du mich in Zukunft immer zu den Einkäufern begleitest, als meine Agentin sozusagen?«
»Liebend gern!«, rief ich zurück. Ich fühlte mich geehrt.
Ich nahm das Hühnchen aus dem Kühlschrank, zerkleinerte es und verteilte das Fleisch zwischen zwei
Scheiben Toastbrot. Ein leckeres Sandwich war jetzt gerade recht, um die Zeit zu überbrücken. Ich füllte zwei Gläser mit Eistee, stellte alles auf ein Tablett und ging damit zu Lucy, nicht ohne mich im Vorbeigehen noch einmal im Spiegel zu bewundern.
»Ich hab uns einen Happen zu essen gemacht, damit wir nachher nicht solchen Hunger haben«, verkündete ich.
»Aber wir gehen doch zum Italiener«, erinnerte mich Lucy.
»Ich weiß, aber wer isst schon richtig bei einem Date?«
»Ich zum Beispiel.« Lucy lachte.
»Eine Frau, die etwas auf sich hält, schlägt sich bei einer Verabredung nicht hemmungslos den Magen voll.«
»Warum nicht?«
»Das ziemt sich nicht«, erklärte ich ihr.
»Sagt wer?«
Ich überlegte.
»Weißt du was?« Ich lächelte. »Keine Ahnung.«
Ich ging in die Küche, stellte das Hühnersandwich in den Kühlschrank und nahm stattdessen die Flasche Sekt heraus, die ich immer auf Vorrat zu Hause hatte, weil man ja nie wissen kann. Diesbezüglich konnte mir Lucy nichts vorwerfen.
Mit der Flasche und zwei Gläsern bewaffnet kehrte ich zurück zu Lucy.
Lucy lachte. Sie nähte gerade die letzten Stiche. »Das gefällt mir schon besser.«
»Nur ein Gläschen für die Nerven«, sagte ich.
»Und natürlich zum Feiern.«
Ich ließ den Korken knallen, schenkte ein und reichte Lucy eines der Gläser.
»Worauf sollen wir anstoßen?«, fragte ich, wie ich so dastand, in meinem neunundzwanzigjährigen Quasi-Eva-Kostüm.
»Auf uns?«
»Auf uns, und auf die Jugend!« Ich lächelte.
Wir stießen an und nippten an unserem
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