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Wuensch dir was

Wuensch dir was

Titel: Wuensch dir was Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adena Halpern Ursula C Sturm
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hineingespäht hatten, und erst da erkannte ich, was ich vor mir hatte.
    »Die Liberty Bell!«, quiekte ich.
    Ist es zu fassen, dass ich die in all den fünfundsiebzig Jahren, die ich nun schon in Philadelphia lebte, noch nie gesehen hatte? Da hatte ich Sehenswürdigkeiten auf der ganzen Welt bestaunt, aber die, die sich direkt vor meiner Nase befanden, hatte ich ausgelassen. Verrückt, nicht? Natürlich hatte ich Bilder davon gesehen, und Miniaturnachbildungen in den Souvenirläden am Flughafen, aber ich war nie auf die Idee gekommen, mir die echte Liberty Bell anzuschauen.
    Sie befand sich hinter einem hüfthohen Geländer aus Stahl, doch Gus gestattete uns, über die Absperrung zu steigen, solange wir die Glocke nicht berührten.
    »Die natürlichen Fette unserer Haut könnten ihr schaden, wie das bei so vielen Kunstwerken von unschätzbarem Wert der Fall ist«, raunte ich. Habe ich schon erwähnt, dass ich jahrelang Mitglied im Planungskomitee des Philadelphia Museum of Art war?
    »Sehr richtig.« Gus nickte.

    »Auf den Bildern sieht sie kleiner aus«, stellte ich verblüfft fest. Ich trat näher, um die Inschrift genauer in Augenschein zu nehmen.
    »Kannst du es lesen?«, fragte Zachary.
    »Mal sehen.« Ich kniff automatisch die Augen zusammen, um die Schriftzeichen zu entziffern, dann wurde mir bewusst, dass das bei meiner wiederhergestellten Sehkraft gar nicht nötig war.
    »Proclaim LIBERTY throughout all the Land unto all the Inhabitants thereof Lev. XXV X« , stand da in altertümlichem Englisch, also »Verkünde Freiheit im ganzen Land für alle seine Bewohner; Levitikus 25 , 10 « , und darunter wurden die Auftraggeber, der Name der Glockengießerei und das Entstehungsjahr genannt: »By Order of the ASSEMBLY of the Province of PENSYLVA-NIA for the State House in PHILAD A , Pass and Stow, PHILAD A MDCCLIII«.
    Was für ein Zufall, dass wir ausgerechnet hierher gekommen waren, nach allem, was heute passiert war! Die Liberty Bell ist ein Symbol der Unabhängigkeit. Ich sehnte mich danach, frei und unabhängig zu sein, frei von mir selbst, frei von all den Fehlern, die ich im Laufe meines Lebens gemacht hatte. Wie schade, dass ich noch nie zuvor hier gewesen war. Geradezu beschämend. Ich fragte mich, welche anderen Sehenswürdigkeiten mir wohl all diese Jahre entgangen waren.
    Wir standen noch eine Weile schweigend da, in die Betrachtung der Glocke versunken.

    »Danke, dass du mir das gezeigt hast, auch wenn ich keine Ahnung habe, wie du es angestellt hast.«
    Er lächelte. »War mir ein Vergnügen.«
    Gus hielt uns die Tür auf. »Vielen Dank, dass Sie uns hereingelassen haben«, sagte ich zu ihm.
    »Gern geschehen.«
    Während Gus hinter uns abschloss, fragte ich: »Wie hast du das nur eingefädelt?«
    »Ich habe eine Menge Geld gespendet, da sind die Leute ziemlich entgegenkommend.«
    »Verstehe. Howard hat viel Geld für die medizinische Forschung gespendet. Er musste im Pennsylvania Hospital nie lange warten.«
    Zachary blieb stehen. »Ach, Howard kommt aus Philadelphia?«
    »Äh, ja, aber er lebt schon lange … in Chicago«, sagte ich hastig.
    Zachary reichte mir den Helm und fragte: »Wie alt war er denn, als er all das Geld gespendet hat?«
    »Ähm … genau genommen haben natürlich seine Eltern gespendet«, korrigierte ich mich geistesgegenwärtig.
    »Und wie heißen seine Eltern? Philadelphia ist so ein Nest, da kennt jeder jeden.«
    »Ach, die kennst du bestimmt nicht; sie sind damals mit ihm weggezogen.« Rasch setzte ich mir den Helm auf.
    »Ah ja.« Dann wechselte er zu meiner Erleichterung das Thema: »Na, wie sieht es aus, bist du hungrig?«

    »Und wie!«, rief ich. »Ich könnte einen Ochsen verdrücken!«
    »Okay. Wir könnten natürlich in ein schickes Restaurant gehen, aber ich dachte, du willst vielleicht lieber eine örtliche Spezialität probieren.«
    »Ein Cheesesteak!«, kreischte ich. »Hach, ich habe seit Jahren kein Cheesesteak-Sandwich mehr gegessen!«
    »Sag bloß, du achtest auf dein Gewicht.«
    »Nein, auf meine Cholesterinwerte.«
    Was für ein großartiger Einfall. Die schicken Restaurants von Philadelphia kannte ich ohnehin alle. Also kletterte ich zum zweiten Mal in meinem Leben auf den Rücksitz eines Motorrads. Wenn mir die Fahrt auf einer dieser Höllenmaschinen nichts anhaben konnte, dann war das bisschen Cholesterin, das ein Cheesesteak enthielt, ein Klacks dagegen.
    »Das hör ich gern«, sagte er. »Wenn du allerdings schon so lange keines mehr gegessen hast,

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