Wuensche Dir alles
Auch eine Familie funktioniert nur gut, wenn alle Familienmitglieder in diesem Sinne miteinander umgehen. Man spricht dann nicht von Geben und Nehmen, so als wäre es möglich, genau abzugrenzen, wer der Gebende und wer der Nehmende ist. Oft funktionieren Großfamilien in dieser Hinsicht besser, weil immer jemand da ist, der das eine oder andere ausgleicht. Wenn das Miteinander unter Menschen gut funktioniert, dann verwischt sich die Trennung zwischen Geben und Nehmen. Jeder ist mal Geber und ein anderes Mal Empfänger, und es lässt sich nicht mehr unterscheiden, wer mehr gibt oder mehr nimmt.
Wenn Geben und Nehmen eins werden
Bei meiner allerersten Reise in die Berge des Himalaja hatte ich ein prägendes Erlebnis. Die Gegend um meine Heimatstadt am Meer ist vollkommen flach, und Berge hatte ich noch nie gesehen. Ich unternahm die Himalajareise auf Empfehlung von Freunden und gelangte nach drei Tagen oben in den Bergen zu einer Dorfschule. Dort schloss ich mich einer Gruppe von Pilgern aus den umliegenden Bergdörfern an, die zu einer abgelegenen, heiligen Flussquelle in 3000 Metern Höhe wandern wollten. So war ich mit etwa 1000 Bergbewohnern drei Tage lang unterwegs und musste bei dieser Wanderung einige steile Aufstiege und Kletterpassagen bewältigen, obwohl ich ja keinerlei Erfahrung mit so etwas hatte. Da ich niemandem mit meiner Unerfahrenheit und Unsicherheit zur Last fallen wollte, nahm ich all meinen Mut zusammen und schaffte es auch irgendwie.
An einer Stelle packte mich dann aber doch die Angst: Da musste ein wilder Gebirgsfluss, der über große Felsen rauschte, überquert werden. Ich stand hilflos da und schaute zu, wie die meisten Mitwanderer bedenkenlos über die nassen Felsen liefen. Einer, der mein Zögern bemerkte, gab mir ein Zeichen, dass ich die Schuhe ausziehen solle. So nahm ich diese in die Hand und ging barfuß los. Die rutschigste und gefährlichste Stelle bei der Überquerung kam näher, und ich zögerte wieder. Da streckte mir eine ältere Frau, die vor mir ging, ihre Hand entgegen. Ich war im ersten Augenblick sehr erleichtert, dass jemand mir Halt bot, und nahm ihre Hand. Dann wurde mir jedoch klar, dass sie mir keine Stütze geben wollte, sondern selbst unsicher war und deshalb um meine Hilfe bat. Wie hätte ich es mir da leisten können, zaghaft oder ängstlich zu reagieren? Wir wären beide in den reißenden Fluss gefallen und vermutlich darin umgekommen. Also nahm ich ihre Hand, und wir liefen vorsichtig weiter über die Felsen. Ich war so froh, dass ich nicht allein war!
Es wäre anmaßend zu behaupten, ich hätte ihr geholfen, den Fluss zu überqueren. Ich gab und bekam gleichermaßen Hilfe. Als wir ans andere Ufer gelangt waren, dankte ich dem Himmel, dass er meinen Wunsch erhört und mir auf so elegante Weise geholfen hatte!
DAS LEBEN IST DANN BESONDERS SCHÖN, WENN DAS GEBEN UND DAS NEHMEN IHRE POLARITÄT VERLIEREN UND EINS WERDEN!
Das Ritual der Dankbarkeit
In früheren Zeiten haben die Menschen den Regen, die Sonne und andere Naturelemente angebetet. Es wäre herablassend von uns, zu meinen, dass sie primitiv waren, weil sie Angst vor den Elementen hatten und deshalb versuchten, sie durch Gebete zu beschwichtigen. Sicher haben sie auch zu ihnen gebetet, um ihren Dank auszusprechen. In Indien wie in vielen Kulturen haben die Menschen den Elementen in aufwendigen Ritualen Gaben geopfert. Der Bruch eines Rituals galt als Schande, weil dadurch den Elementen, die uns so viel geben, das entzogen wurde, was ihnen zusteht.
Eine ähnliche Bedeutung hat der Ahnenkult, der im Gegensatz zu vielen anderen Riten selbst in unserer modernen rationalen Welt noch eine große Rolle spielt. Menschen gehen zum Friedhof oder gedenken der Toten an ihrem Todestag oder an Allerseelen. Viele Menschen sind auch heute noch darauf bedacht, dass dieses Ritual von ihren Nachkommen weiter gepflegt wird. Auch mit diesem Brauch wollen wir für das Leben, das wir bekommen haben, danksagen und das Gefühl feiern, Teil einer langen Ahnenreihe, eines größeren Ganzen zu sein.
Verantwortung zu tragen, ist ein Geschenk
In der Bhagavadgita sagt Krishna, der hier nicht nur spiritueller Meister, sondern Gott selbst in menschlicher Gestalt ist: »Nachdem ich alles geschaffen habe, muss ich mich doch darum kümmern! Bin ich als Gott nicht ein Vorbild für die Menschen? Wenn ich nicht bereit bin, mich weiterhin einzubringen, was werden dann jene tun, die auf mich schauen?« Nein, ZU GEBEN IST KEINE SACHE DER
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