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Würde - Roman

Titel: Würde - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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dafür als oberflächlich oder eitel abstempeln. Immer wieder versuchte er Abayomi klarzumachen, dass seine Liebe für sie entflammt war, ehe er ihre Schönheit wahrgenommen hatte. Aber sie hatte nur gelacht und ihm vorgeworfen, sein Begehren vor ihr verstecken zu wollen.
Und es ließ sich auch nicht leugnen: Die Erkenntnis ihrer äußeren Attraktivität hatte eine physische Begierde in ihm ausgelöst, wie er sie noch nie zuvor erlebt hatte. Sein Wunsch, mit ihr zu diskutieren, verwandelte sich in ein körperliches Bedürfnis nach ihrer Gegenwart. Er verspürte eine unendliche Leere, wenn sie nicht in seiner Nähe war, und die Sehnsucht nach ihr lähmte seinen Verstand.
    Als Ifasen jetzt so vor ihr saß, wusste er allerdings auch, dass sie ohne ihn an seiner Seite, ohne seine Kraft und seine Liebe, hoffnungslos ins Schlingern kommen würde. Trotz ihres abenteuerlustig wirkenden Wesens war sie durch die traumatisierenden Erlebnisse in ihrer Jugend zutiefst verletzt worden. Sie brauchte einen sicheren Hafen, in dem sie immer wieder vor Anker gehen und sich ausruhen konnte. Doch die Vergewaltigung hatte es ihm für immer unmöglich gemacht, ihr diesen Schutz weiterhin zu bieten.
    Stattdessen war sie es, die ihm Sicherheit zu geben versuchte. »Du musst dir keine Sorgen machen, Ifasen«, sagte sie. »Ich habe einen Anwalt organisiert. Einen guten Anwalt. Er wird dich hier rausholen.«
    Ifasen lief es bei Abayomis dürren Worten der Hoffnung und dem Gedanken, was aus ihrer beider Leben geworden war, kalt den Rücken hinunter. Noch während sie sprach, versagte ihr fast die Stimme. Er erkundigte sich weder, wer dieser Anwalt war, noch wie sie ihn sich leisten konnten oder woher sie ihn kannte. In ihren Worten lag keinerlei Beruhigung, keinerlei Hoffnung auf Erlösung, denn auf der anderen Seite dieser hohen Mauern gab es niemanden, der ihm noch helfen konnte. Er war jeglicher Zuflucht, jeglicher Hoffnung beraubt worden und wusste nichts von den zwei Welten, die unaufhaltsam aufeinander zurasten.

18
    Auch Richard war ahnungslos. Zur Abwechslung war er in Gedanken einmal nicht bei Abayomi. Er saß gereizt und frustriert in einem Meeting der Kanzleipartner und hörte Igshaan zu, wie dieser berichtete, welche Kandidaten in die engere Auswahl für die Position eines Seniorpartners gekommen waren. Quantal Investments und der Black-Empowerment-Fokus der Firma standen im Mittelpunkt der Debatte. Von den fünf Bewerbern hatten vier Privatschulen besucht und drei ihren Abschluss an renommierten ausländischen Universitäten gemacht. Alle kamen aus der gehobenen Mittelschicht, sprachen makelloses Englisch und erwarteten einen Gehaltsscheck, der selbst den von Selwyn Mullins übertraf. Richard hatte als Einziger Bedenken hinsichtlich der Auswahlkriterien der Kandidaten geäußert.
    »Es handelt sich hier nicht um ein Projekt für den sozialen Aufschwung, Richard«, bemerkte Igshaan bissig.
    »Nun, jedenfalls nicht für diese Leute«, gab Candice Reeves, die ebenfalls gereizt wirkte, zurück, »aber doch für uns.«
    »Ganz genau«, erwiderte Igshaan, der den Sarkasmus in Candices Stimme nicht bemerkt hatte. »Es geht um einen BEE -Deal, damit wir für Quantal das richtige Profil haben. Nicht mehr und nicht weniger. Wir bieten hier keine finanzielle Unterstützung für Kuhhirten aus der Transkei an. Und falls das doch Ihre Absicht
ist, sollten Sie sich vielleicht besser einen anderen Arbeitsplatz suchen, Richard.«
    Richard rutschte auf seinem Stuhl nach vorn. Die unverschämte Bemerkung erzürnte ihn zutiefst, aber noch ehe er etwas erwidern konnte, hob Selwyn mahnend die Hand.
    »Igshaan, ich glaube, Sie sollten verstehen, dass für einige von uns die Firma wie ein Kind ist, das wir von Geburt an bis zu diesem Punkt in seinem Erwachsenenleben begleitet haben. Was Sie sagen, stimmt natürlich. Aber ich denke, dass Sie sich bewusst sein sollten, wie viel leichter Ihnen dieser Schritt fällt als so manchem anderen hier. Sie sind der Kanzlei erst recht spät beigetreten. Einige andere von uns haben sich hingegen schon viele Jahre lang in diesen Gewässern herumgetrieben.«
    Richard hätte Igshaan am liebsten eine Ohrfeige verpasst. Aber das beherzte Eingreifen des Seniorpartners hatte ihn so weit beruhigt, dass er nur noch empört schnaubte und sich dann wieder auf seinem Stuhl zurücklehnte.
    Igshaan zuckte mit den Schultern, zuerst mit der einen und dann mit der anderen - wie ein Vogel, der sein Gefieder schüttelt. »Vielleicht

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