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Würde - Roman

Titel: Würde - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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ungeheuerlich vor. Es überraschte ihn, feststellen zu müssen, wie grauenvoll ihm diese Aussicht erschien - wie das brutale Entreißen eines Menschen, den er liebte. Dieser Gedanke quälte ihn unerwartet heftig.
    Er traf seine Entscheidung in einem Zustand der Erregung, in einer Mischung aus Angst vor Verlust und davor, dass seine Partner Sunday in seinem Büro antreffen könnten. Ohne ein Wort zu verlieren, fasste er in eine offene Schublade und holte sein Scheckbuch heraus. Sunday nippte nachdenklich an seinem Wasser. Fast schien es so, als hätte für ihn das Ergebnis seines Besuchs vom Betreten des Gebäudes an festgestanden. Richard spielte nur noch eine vorgegebene Rolle in diesem Drama, das er nicht verfasst hatte.
    »Ihren Namen solltest du nicht draufschreiben, Richard. Nenn sie nicht namentlich. Okay?«

    Richard nickte ungeduldig. Schwungvoll setzte er seine Unterschrift unter den Scheck, riss ihn aus dem Büchlein und hielt ihn Sunday hin. »Abayomi muss das nicht erfahren«, sagte er. »Bitte veranlasse alles, was nötig ist. Das ist ein Barscheck. Danke, dass du gekommen bist, Sunday, aber jetzt musst du bitte gehen.«
    »Bin schon weg, Bruder.« Sunday sprang auf und nahm Richard den Scheck mit einer eleganten Bewegung aus der Hand. Als sich sein Besucher zum Gehen wandte, nahm Richard den klaren Zitrusduft eines teuren Aftershaves wahr. »Ich werde mit diesen Leuten reden, mein Freund. Mich um die Papiere kümmern und diesen Mann bezahlen.«
    Sunday faltete den Scheck in der Mitte zusammen, schob ihn in die Brusttasche seines Hemds und verließ das Zimmer. Richard stand unter der Tür seines Büros und sah dem Mann hinterher, wie dieser mit federndem Gang den Flur entlanglief und durch die Glastüren verschwand. Draußen blieb Sunday an der Rezeption stehen und beugte sich zu Carmen, um ihr hinter dem Tresen etwas zuzuflüstern. Nach einer Weile tauchte sein Oberkörper wieder auf, er salutierte theatralisch vor ihr, drehte sich auf dem Absatz um und trat zu den Liften.
    Während Richard beobachtete, wie Sunday auf den Aufzug wartete, beschlich ihn eine dunkle Vorahnung. Amanda kümmerte sich um die Finanzen und würde bestimmt wissen wollen, wofür er so viel Geld ausgegeben hatte. Er musste sich eine Ausrede einfallen lassen. Sich die Schläfen massierend, beschloss er, nicht zum Meeting der Partner zurückzukehren. Stattdessen zog er sich in sein Büro zurück und schloss die Tür hinter sich.

19
    »Abayomi ist meine Frau. Wir haben einen kleinen Jungen. Khalifah.«
    Die Stimme des Mannes hallte im Beratungsraum des Gefängnisses wider und ließ seine schlichte Aussage gedämpft klingen. Die Worte schienen aus einer großen Tiefe zu ihm hochzudriften - wie Luftblasen aus einer Taucherlunge, die sich weit unten im Schlamm verbarg. Ifasen saß da und rieb langsam die Hände aneinander, ohne zu merken, welche Wirkung seine Worte hatten. Ein zerkratzter Tisch trennte ihn von Richard. Sie saßen beide auf Metallstühlen mit zerschlissenen grünen PVC-Sitzen, aus denen Schaumstoff quoll. Man konnte hören, wie die Häftlinge auf der anderen Seite der Tür vorbeiliefen, einander etwas zuriefen, die Wärter hänselten, fluchten und lachten. Der Lärm und der Geruch des Gefängnisses durchdrangen alles - die Ausdünstungen eingesperrter Menschen.
    »Khalifah ist noch klein. Er ist tagsüber in einer Krippe. Wir wohnen in einer Wohnung in Sea Point.«
    Richard hielt sich die Hand vor den Mund, um seinen Schock zu verbergen. Er war sich sicher, dass sein Gesicht eingefallen und bleich wirken musste. Instinktiv wollte er dem Mann erklären, dass er sich irren müsse, dass das alles nicht wahr sein könne. Sein Verstand weigerte sich zu akzeptieren, was er da hörte, und er begann sofort nach einer Erklärung
zu suchen, wie es zu einem solchen Missverständnis kommen konnte.
    Und dennoch sagte ihm dieser stolze, stille Mann nur das, was er bereits gewusst hatte: Abayomi führte ein Leben, das getrennt von dem seinen war, ein Leben, zu dem eine Familie und ein Mann gehörten. Trotzdem bestürzte ihn die Enthüllung, denn dieses Wissen würde, nein, musste seine Beziehung zu ihr grundlegend ändern. Erst jetzt verstand er, woher der quälende Sog rührte, den er stets empfand, wenn er mit ihr zusammen war: Sie waren kein Liebespaar, und er hatte keine Affäre. Er war einfach nur ein Kunde für sie, eine Verdienstmöglichkeit und nichts weiter. Aus diesem Grund war Abayomi auch nicht verpflichtet gewesen, ihm

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