Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Würde - Roman

Titel: Würde - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
vergesse ich in meinem Bestreben, diese Firma dazu zu bringen, das Richtige zu tun - das einzig Richtige -, tatsächlich manchmal die Empfindsamkeiten einiger Kollegen.« Richard spürte erneut Zorn in sich aufsteigen, als Igshaan das Wort »Empfindsamkeiten« so betonte, als ob er selbst über solchen Belanglosigkeiten stünde. »Und das tut mir natürlich leid. Aber es ist trotzdem klar, dass wir nach vorn blicken müssen, und zwar ohne lange zu zögern. Quantal wird nicht ewig auf uns warten.« Er verteilte die Mappen mit den Unterlagen der Kandidaten. »Also - beginnen wir mit dem Ersten, mit Eunice Bongani Qhele. Was mir an ihm gefällt …«
    In diesem Moment wurde die Tür des Konferenzzimmers geöffnet, und Nadine steckte den Kopf herein. Sie warf Richard
einen bohrenden Blick zu und zog dabei ihre Augenbrauen hoch.
    »Was?«, fragte dieser gereizter als beabsichtigt.
    Igshaan seufzte laut genug auf, dass es alle hören konnten.
    Nadine starrte ihren Chef einen Moment lang finster an. »Jemand möchte Sie kurz sprechen«, erklärte sie dann. »Er meint, es sei wichtig und könne nicht warten.«
    »Ein Klient?« Richard wusste, dass sein Terminkalender für den Nachmittag keine Einträge aufwies. Er hatte gehofft, das Treffen der Partner würde nicht allzu lange dauern, damit er das Büro frühzeitig verlassen konnte.
    Nadine schüttelte den Kopf.
    »Also gut, ich komme. Ich bin mir sicher, dass Sie hier auch ohne mein Zutun weiterkommen.« Es war als sarkastische Bemerkung gedacht, doch sie klang nur mürrisch. Richard wartete die Antwort nicht ab, sondern verließ schnellen Schritts das Konferenzzimmer. Noch ehe er die Tür hinter sich geschlossen hatte, hörte er, wie Igshaan wieder das Wort ergriff.
    Gereizt eilte Richard zur Rezeption, wo gewöhnlich die Besucher warteten. Abrupt blieb er stehen. Vor Überraschung verschlug es ihm einen Moment lang fast die Sprache. Sunday saß auf dem Ledersofa und plauderte lässig mit der Rezeptionistin Carmen, deren Wangen gerötet waren und die immer wieder angetan kicherte. Der Mann verlor auch nichts von seinem Charme, als er jetzt aufsprang und seine Aufmerksamkeit nicht mehr der angeregt wirkenden Frau, sondern Richard zuwandte.
    » Oyinbo! Richard, mein Freund. Ich sehe wie ein Parra aus, Bruder, ich weiß. Aber das Huhn vergisst nie, wo es sein Ei gelegt hat, mein Freund. Chei! Das wird mich ganz schön reinreiten, aber was kann ich tun? Du bist jetzt der einzig Richtige für mich, mein Freund, my man .«
    Er eilte Richard voller Energie entgegen, wobei sein nigerianischer
Slang in starkem Kontrast zu der nüchtern eleganten Umgebung stand. Richard begriff, dass er diesen Mann und sein gefährliches Mundwerk dringend wegbringen musste, ehe ihn einer der Partner bemerkte.
    »Sunday, du kannst hier nicht einfach so aufschlagen, man .«
    Carmen widmete sich inzwischen wieder dem Feilen ihrer Nägel, kicherte aber noch immer hinter ihrer erhöhten Empfangstheke.
    »Komm mit.« Richard trat durch die gläsernen Schwingtüren, auf denen das neue Logo und der Name der Kanzlei mit einem Sandstrahlfräser eingeritzt worden waren. Er führte Sunday in sein Büro und schloss hastig die Tür, allerdings nicht, ohne vorher Nadines eisigen Blick bemerkt zu haben.
    »Oh, ist das Protzerei oder bist du echt so? Ajebota - ich will dein Haus sehen, Bruder, denn eins ist klar: Du weißt, wie man lebt, man. Aber komm mir nicht laik dat , als ob du nicht wüsstest, warum ich hier bin. Du weißt, worum es geht, man .«
    Sunday machte es sich auf einem Sessel bequem, nur um eine Sekunde später wieder aufzuspringen und sich ein Glas Wasser aus einer Kristallkaraffe einzugießen.
    »Sunday, du kannst nicht einfach … Du kannst nicht einfach hier hereinplatzen und erwarten, dass ich Zeit für dich habe.« Richard war über diesen unerwarteten Überfall verärgert.
    »Chei! Das ist uncool, Bruder. Joke na joke , mein Freund. Ich sitz jetzt hier in deinem Büro, und du redest mit mir, no bi?« Sunday ließ sich wieder auf dem Sessel nieder und grinste ihn freundlich an.
    Richard schwieg. Ihm war schlagartig bewusst geworden, wie weit er gegangen war und wie sehr er es zugelassen hatte, dass die bisher getrennten Welten, in denen er sich bewegte, aufeinandertreffen konnten. Bis vor kurzem war ihm die Vorstellung derart verschwimmender Grenzen noch aufregend erschienen.
Doch jetzt entsetzte ihn die bloße Anwesenheit Sundays in seinem Büro zutiefst.
    »Was willst du?« Es klang

Weitere Kostenlose Bücher