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Würde - Roman

Titel: Würde - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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ansonsten den Gästen Wein nach. Als er an diesem Nachmittag das Massagestudio verlassen hatte, war er davon überzeugt gewesen, dass ein wichtiger Einschnitt in seinem Leben stattgefunden hatte, der ihn auf eine andere Route führen müsste, ganz gleich, ob er Abayomi wiedersehen würde oder nicht. In gewisser Weise war es ihm in diesem Moment sogar so vorgekommen, als ob eine Wiederholung den starken Eindruck nur abschwächen würde und deshalb gar nicht erstrebenswert war. Es musste sich um ein einmaliges Erlebnis handeln, zu dem er in Gedanken immer wieder zurückkehren konnte.
    Doch einige Stunden später wurde ihm bewusst, dass sich das Ganze eher mit einer Droge vergleichen ließ, deren Wirkung so intensiv war, dass sich sein Körper bereits nach mehr sehnte. Allerdings hatte er das Gefühl, dass es im Gegensatz zu einer Droge jedes Mal noch befriedigender sein und die Wirkung nicht nachlassen würde. Eine Droge würde ihm emotional nicht ans Herz wachsen, sondern konnte nur dieselbe veränderte Wahrnehmung in ihm hervorrufen. Hierbei hingegen bestand die Möglichkeit einer wachsenden Vertrautheit und Intimität, ja vielleicht sogar einer tieferen Verbundenheit.
    Er musste sich zusammenreißen, um nicht erneut vom Tisch aufzustehen und die Gesellschaft zu verlassen. Er hatte keine Lust auf dieses banale Geplänkel, sondern sehnte sich danach, allein zu sein, um sich wieder ihren Duft vorzustellen, ihre Haut, die Berührung ihrer Lippen auf seinen Augenlidern.
    Auf einmal merkte er, dass David ihn neugierig ansah. »Alles in Ordnung, Richard? Du scheinst nicht ganz bei der Sache zu sein. Es ist doch nichts los, oder?«

    Richard schüttelte den Kopf. Amanda warf ihm vom anderen Ende des Tisches erneut einen finsteren Blick zu, ehe sie fortfuhr, sich mit Kristi über den neuen Fitnesstrainer zu unterhalten. Charmaine lauschte interessiert, wobei sie bereits ziemlich betrunken wirkte. Ihr Kopf sackte immer wieder ein wenig zur Seite. Cynthia hingegen hatte ihren Platz verlassen und versuchte gerade erfolglos, Raine in eine Unterhaltung zu ziehen.
    Irgendwie kam Richard alles seltsam fremd vor, als ob er einen grobkörnigen Videofilm von einer Dinnerparty anschaute. Die Gäste unterhielten sich miteinander, bewegten sich, aßen, während er sie dabei beobachtete und das bedeutungslose Geplauder ohne Interesse verfolgte. Vielleicht bekomme ich eine Grippe, dachte er und blinzelte, um sich zu sammeln.
    Ungeschickt stand er auf und ging zu dem weiß getünchten Sideboard, wo er sich viel Zeit ließ, eine edle Flasche gekühlten Syrah auszuwählen, deren goldene und silberne Aufkleber von den Preisen kündeten, die der Wein gewonnen hatte. Richard hatte auch diesmal, wie er das immer bei solchen Gelegenheiten tat, teure Weine ausgewählt. Lieber verließ er sich auf den Preis als auf das Renommee, um seine Gäste zu beeindrucken.
    Er sammelte die leeren Weißweingläser auf dem Tisch ein. Amanda ignorierte ihn, als er zu ihr trat und sich vorbeugte, um auch ihr Glas wegzuräumen, an dessen Rand sich Lippenstift abzeichnete. Dann stellte er ein bauchiges Rotweinglas vor jeden Gast. Nur Cynthia bekam keines, denn sie trank ausschließlich Wasser. Mechanisch ging er von einem Platz zum nächsten, ohne auf das dahinplätschernde Geplauder zu achten. Als er schließlich allen eingeschenkt hatte, blieb für ihn nur noch ein kleiner Rest mit Bodensatz übrig, den er in sein Glas goss. Dann ließ er die leere Flasche auf dem Tisch stehen, damit seine Gäste sie begutachten konnten, und öffnete eine weitere, um den Wein atmen zu lassen.

    »Nicht schlecht, Calloway«, sagte David laut, während er den anderen am Tisch die leere Flasche zeigte. Richard hatte das Gefühl, dass sich seine Laune sogleich ein wenig besserte. Er lächelte seinem Freund zu.
    »Auch noch gekühlt. Gutes Auge fürs Detail!«
    »Genießt es«, meinte Richard und kam sich dabei ein wenig steif vor.
    »Verdammt klasse, mate «, grölte Coetzee. Er zog dabei die Vokale in die Länge, um den australischen Akzent nachzuahmen, was Kristi zu einem weiteren Kicheranfall veranlasste.
    Amanda servierte den Hauptgang - schmale Streifen Seezunge auf einem Bett aus Wildreis, umrahmt von Spargel und grünen Bohnen. Richard kam die Präsentation infantil vor, als hätte seine Frau versucht, das Gesicht eines Clowns oder einer Puppe darzustellen, um damit ein widerwilliges Kleinkind zum Essen zu animieren. Die Gäste jedoch zeigten sich gebührend angetan. Sie

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