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Würde - Roman

Titel: Würde - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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und kippte sich das Bier in den offenen Mund. Die Flüssigkeit lief über sein Kinn den Hals hinab und machte den Kragen seines Hemds nass.
    »Dein neues Spielzeug gefällt mir nicht«, sagte er und warf Richard einen Blick zu, der diesen an eine züngelnde Schlange denken ließ.

13
    Abayomi kniete sich in einer Ecke des Wohnzimmers auf den Holzboden. Ihre Knie schmerzten, während sie die Spitze eines Messers in die Fuge zwischen zwei Fußleisten schob. Das Holz war weich und bereits etwas verfault, so dass sich die Leisten leicht von der Wand lösen ließen. Abayomi riss mit dem Messer so lange an dem Holz, bis es vor ihr auf dem Boden lag. Jetzt konnte sie das raue Mauerwerk und das untere Ende des Verputzes sehen, wo sich eine schwarze Lücke zwischen Wand und Boden auftat.
    Draußen rollte der frühe Morgenverkehr hupend die Main Road von Sea Point entlang. Abayomi schob ihre Finger in den Spalt und biss die Zähne zusammen, als eine Kakerlake über ihre Hand huschte. Sie tastete eine Weile nach dem Umschlag, der dort versteckt war, und zog dann eine Rolle mit Geldscheinen heraus. Das Geld war in eine Plastiktüte eingewickelt und wurde von einem schmutzigen Gummiband zusammengehalten. Sunday stand hinter ihr und hüpfte ungeduldig von einem Fuß auf den anderen, wodurch sich die Bodenbretter immer wieder hoben und senkten. Sorgfältig drückte Abayomi die Fußleiste an die alte Stelle zurück und schlug dann energisch mit dem Messergriff dagegen, um sie festzuklopfen. Schließlich stand sie mit steifen Knien auf.
    »Komm, gehen wir. Es ist an der Zeit«, sagte sie zu Sunday.
Er nickte eifrig und sah zu, wie sie das Geld in ihre Tasche stopfte.
    Von Sea Point aus nahmen sie ein Taxi, das sie bis zum Taxistand oberhalb des Bahnhofs brachte. Von dort aus gingen sie zu Fuß weiter. Ein starker Südostwind blies ihnen über die Hügel entgegen. Sunday lief eng neben Abayomi her und wirkte wie ein übervorsichtiger Leibwächter.
    Im Gericht wurden sie unfreundlich empfangen. Wenige Sekunden, nachdem Abayomi den Saal betreten hatte, begann die Staatsanwältin schrill zu protestieren. »O nein, Lady! Sie können hier nicht mehr rein!«
    Der Gerichtsdiener blickte erschrocken auf. Er hatte gerade den Inhalt seiner Brotzeitdose begutachtet und klappte jetzt mit einem Klicken den Deckel zu, ehe er aufsprang.
    Die Stimme der Staatsanwältin klang nun noch schriller. »Nein, Lady! Der Richter hat Ihnen ausdrücklich verboten, den Saal noch einmal zu betreten. Nicht nach Ihrem letzten Auftritt! Haben Sie ihn denn nicht gehört?«, kreischte sie beinahe hysterisch, während der Gerichtsdiener langsam auf Abayomi zukam.
    Er erwischte sie im Gang zwischen den Zuschauerbänken und baute sich vor ihr auf. »Sie müssen draußen warten«, erklärte er mürrisch. Sunday zog an ihrem Kleid. Für einen Moment blieb sie erhobenen Hauptes stehen. Dann drehte sie sich schweigend um und verließ den Saal.
    Im Gang setzte sie sich gemeinsam mit Sunday auf eine Bank und beobachtete die lange Reihe von niedergeschlagen wirkenden Frauen, die das benachbarte Familiengericht betraten und wieder verließen. Abayomi massierte sich die Schläfen. Nach einer Weile tauchte der Gerichtsdiener auf und begann Namen von einer Liste herunterzuleiern. Abayomi hatte keine Ahnung, ob man auch sie aufrufen würde. Der Mann sprach die einzelnen
Namen so ungenau aus, dass sie ihn kaum verstand. Als er fertig war, hängte er die Liste an eine Tafel neben der Tür. Abayomi überflog sie hastig: Ifasens Name war darauf vermerkt, ihrer hingegen nicht.
    Sobald das Gericht mit dem üblichen Procedere begonnen hatte, schickte sie Sunday alle paar Minuten in den Saal, um herauszufinden, was dort vor sich ging. Jedes Mal kehrte er mit einem Kopfschütteln zurück.
    Kurz vor zehn schlich er erneut hinein. Er war kaum eine Minute verschwunden, ehe die Bank neben ihr wieder knirschte. »Die Schrei-Lady meinte, man würde ihn erst später aufrufen«, erklärte Sunday. »So gegen zwölf.«
    »O nein. Warum so spät, Sunday?«, klagte Abayomi. »Warum so spät? Dann kann ich nicht bleiben, Sunday. Ich kann nicht warten.«
    »Aber sie hat gesagt, dass er auf Kaution frei kommt«, entgegnete Sunday, um sie zu beruhigen. »Jedenfalls glaubt sie das. Die macht mir wirklich Angst. Deshalb habe ich auch keine weiteren Fragen gestellt.« Er sah Abayomi grimmig an.
    Sie umschlang ihre Knie und begann nervös auf der Bank vor und zurück zu wippen. Dann stampfte sie wie ein

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