Würstelmassaker
noch genug Zeit für einen guten Cappuccino.
Während das Spitzengerät italienischer Provenienz noch sein typisches »Chchchrrrrrrr« von sich gab und die Milch vor sich hin schäumte, hörte er, wie Margit und Florian im Büro eintrafen. Vorsorglich stellte er zwei weitere Häferln bereit und öffnete eine Packung Kekse. Die in Schokolade getunkten, die er so gerne mochte.
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Dr. Christian Reithmayer war Mitarbeiter am gerichtsmedizinischen Institut der Universität Graz. Er war gestern Abend in Wien eingetroffen, um einem Hilferuf der Kollegen des hiesigen Instituts zu entsprechen, die mit der durch den Schlächter verursachten Mehrarbeit nicht zurande kamen.
Nach einem kurzen Antrittsbesuch beim Leiter der Gerichtsmedizin stand er bereits kurz nach 8 Uhr an einem der Tische und nahm sich einen der gestern aufgefunden Arme vor. Widerwillig musste er die chirurgisch einwandfreie, ja hervorragende Amputation bewundern. Der Schlächter hatte sogar die durch das Abtrennen entstandenen Hautlappen am Ende des Oberarms wieder fein säuberlich und kunstgerecht vernäht. Irgendetwas veranlasste ihn, sich die fast zierlichen Nähte unter einer starken Lupe genauer anzusehen, als dem Anlass eigentlich entsprochen hätte.
Irgendetwas stimmte da nicht. Oder es stimmte ganz besonders. Nach einigen Minuten glaubte er zu wissen, was sein spezielles Interesse geweckt hatte. Die Schlussnaht erinnerte ihn an seine Ausbildungszeit an der Uniklinik Innsbruck, wo er unter dem legendären Professor Strasshammer viel Zeit in der Pathologie verbracht hatte. Der Professor hatte einen ganz besondern Kniff, die Naht so abzuschließen, dass selbst führende Haute Couture Schneider in Paris in Jubel darüber ausgebrochen wären. Und die Schlussnaht bei diesem Oberarm sah ganz genau so aus. Reithmayer schloss zwar definitiv aus, dass sein alter Mentor mit der Sache zu tun hatte oder gar mit diesem wütenden Monster ident war. Dazu glaubte er den Alten viel zu gut zu kennen. Vor allem war er nach wie vor in Innsbruck und derzeit sicher noch in seinem Ferienhaus in Umbrien. Aber warum sollte nicht einer aus der Legion von Studenten und Jungärzten, die im Lauf von zwanzig und mehr Jahren durch die Schule Strasshammers gegangen waren, auf Abwege geraten sein. Ganz schlimme Abwege. Reithmayer organisierte sich eine Kamera mit einem starken Objektiv und machte einige Fotos.
Der Institutsvorstand wunderte sich nicht wenig, dass der junge Kollege aus Graz nach nur einer halben Stunde schon wieder vor ihm stand. Nachdem er den Grund dafür gehört hatte, griff er sofort zum Telefon und ließ sich mit dem Bundeskriminalamt verbinden.
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Obwohl der genetische Fingerabdruck, der dank einer mit Haaren verfilzten Bürste ermittelt werden sollte, noch nicht vorlag, ging die Polizei bereits davon aus, dass es sich bei einem der Opfer des Schlächters um Susanne Bartl, der Nichte der Mayerhofers aus Urfahr handelte. Das gebrochene Wadenbein des Opfers, Schuhgröße 38 und vor allem das Tattoo in Form einer Rose an der Innenseite des linken Oberschenkels sprachen – leider – nur eine allzu deutliche Sprache.
Die 22-jährige junge Frau war Studentin an der Wirtschaftsuniversität Wien gewesen und hatte eine kleine Studentenwohnung am Döblinger Gürtel bewohnt. Diese Meldung war kurz nach Palinskis und Florians Eintreffen im Kommissariat Hohe Warte eingelangt. Gegen Mittag wurde das von einem Polizeizeichner nach den Angaben des »Flotten Heinz« erstellte Phantombild des Schlächters erwartet. Das Verkehrsamt hatte inzwischen herausgefunden, dass in Wien derzeit 22 ehemalige Bundesheersanitätsfahrzeuge zugelassen waren und eine Liste der entsprechenden Fahrzeughalter übermittelt.
Ersuchen um Bekanntgabe der entsprechenden Daten waren auch an die Behörden der an Wien angrenzenden Bezirke Niederösterreichs gegangen. Die Antworten darauf würden erfahrungsgemäß allerdings einige Zeit auf sich warten lassen. Das bedeutete immer mehr Arbeit für die SOKO, aber alle Anwesenden hatten das gute Gefühl, dass in dem Fall nun endlich einiges in Bewegung geraten war.
Pardon, nicht alle, denn Verena Markovic, die mit steinernem Gesichtsausdruck auf ihre Einvernahme wartete, hatte sicher andere Sorgen. Für sie ging es immerhin um ›Lebenslang‹ und das wusste die 42-jährige sicher auch.
Die attraktive Frau war geschieden, kinderlos und Eigentümerin einer aus 7 Betrieben bestehenden Kette von Nagelstudios in Wien. Sie war teuer und
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