Würstelmassaker
riesigen Raum.
Mit einem Schlag kapierte Palinski, wovor sich der politkarrieregeile Ing. Labuda so fürchtete. Und er konnte seine Angst in Hinblick auf die politische Klientel des potenziellen Landrates sogar verstehen. Nicht gutheißen, auch nicht entschuldigen, aus der subjektiven Perspektive aber durchaus nachvollziehen.
Sandy war ein 24-jähriger, prachtvoll gebauter Bursche aus Nigeria und erkennbar mit Werner liiert.
*
Nachdem ihn der Anruf erreicht hatte, hatte sich Professor Strasshammer für seine Mitarbeiter völlig überraschend in sein Büro zurückgezogen und sich bis auf Widerruf jegliche Störung verbeten. Er hatte seine Sekretärin angewiesen, keinerlei Gespräche durchzustellen, die restlichen Termine des Tages zu verschieben und alle Besucher abzuwimmeln.
Obwohl ihn die eben erhaltene Nachricht im höchsten Maße erschüttert hatte und er das Gespräch am liebsten ungeführt gemacht hätte, war er seinem ehemaligen Studenten dankbar. Er konnte sich jetzt wieder gut an Christian Reithmayer erinnern. Der Bursche war ungemein begabt gewesen und sicher ein guter Arzt geworden. Dass er nach mehr als zehn Jahren noch die »Handschrift« des ehemaligen Lehrers erkannt haben wollte, schmeichelte dem Professor natürlich. Die näheren Umstände, die dazu geführt hatten, machten ihm dagegen Angst, schreckliche Angst.
Ungeduldig wartet er auf das angekündigte Fax mit dem Foto, das jeden Zweifel beseitigen oder seine Ängste bestätigen würde. Er wusste nicht ganz genau, wie viele Studenten er während seiner akademischen Laufbahn in die Aufdeckung der letzten Geheimnisse eines Menschen durch eine Autopsie eingeweiht hatte. Aber es mussten mindestens an die Tausend gewesen sein, eher mehr.
Hatte er irgendwelche Auffälligkeiten bei einem der jungen Menschen erkennen können, die auf ein derartiges abnormes Verhalten zu einem späteren Zeitpunkt hätten schließen lassen? An irgendwelche völlig aus jeder Norm gefallene Verhaltensmuster konnte er sich beim besten Willen nicht erinnern. Wäre ihm so ein Verhalten überhaupt aufgefallen? Und wie wären Merkmale wie spezielles Interesse oder besonderer Eifer vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse in Wien zu bewerten gewesen? Damals hatte er diese Eigenschaften ohne Zweifel positiv beurteilt und würde das heute sicher wieder tun. War es überhaupt vorstellbar, dass ein Mediziner sich so ungeheuerlich an Menschen vergreifen konnte? An Leben, das zu schützen und zu erhalten das Wesen der ärztlichen Ethik war?
Es war nicht nur vorstellbar, sondern es geschah auch, gab er sich selbst die Antwort. Immer wieder, wie genügend mehr und auch weniger bekannte Beispiele aus der Geschichte bewiesen.
Plötzlich musste er an Johannes denken, seinen Stiefsohn aus erster Ehe. Der Bub sollte jetzt, Strasshammer rechnet kurz nach, also mindestens 28 Jahre alt sein. Vor sieben Jahren hatte Hannes das Haus im Streit verlassen, weil er sich dem Stress des Medizinstudiums und dem vom Stiefvater ausgeübten Druck nicht länger gewachsen fühlte. Das letzte Lebenszeichen, das der Professor von dem Buben erhalten hatte, war eine Karte aus San Francisco gewesen. Das war jetzt auch schon sechs Jahre her. Mein Gott, was wäre Hannes für ein brillanter Chirurg geworden.
Strasshammer hatte dem enormen Interesse des Buben schon früh Rechnung getragen und ihn bereits mit 14 Jahren das erste Mal zu einer Obduktion mitgenommen. Und mit 16 hatte Hannes seine erste Autopsie durchgeführt. Beides natürlich ganz geheim. Der Bub war ein Jahrhunderttalent gewesen.
Ein fürchterlicher Zweifel befiel den Professor und bereitete ihm Gänsehaut. Konnte es möglicherweise sein, dass …? Nein, das ging ja gar nicht, Hannes war ja in Amerika. Der Gedanke wirkte ausgesprochen beruhigend auf ihn.
Leise summend schob das Faxgerät das Blatt mit dem dringend erwarteten Foto aus der dafür vorgesehenen Öffnung. Ein Blick genügte Strasshammer um zu erkennen, was Christian Reithmayer gemeint hatte. Und festzustellen, dass sein ehemaliger Schüler ein scharfes Auge hatte.
Was das Foto zeigte, war zweifellos die Arbeit von jemandem, der durch seine Schule gegangen war. Er nahm sich vor, seinen Rechtsanwalt mit Nachforschungen über den Aufenthaltsort seines Stiefsohns zu beauftragen. Vor allem sollte er feststellen, ob in Wien ein Johannes Grabitzer gemeldet war. Nicht, dass er ernsthaft daran glaubte, aber …
»Ich habe doch gesagt, ich will nicht gestört werden«, donnerte
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