Würstelmassaker
dass es gar nicht anders sein kann. Meine Tante hat mich nämlich zunächst gebeten, ihr den Kalender zu bringen. Und dann auch noch, eine Eintragung für sie nachzusehen. Was soll denn daran so Verdächtiges sein ?« Sie funkelte ihn böse an, dann hielt sie ihm beide Hände hin.
Sandegger war etwas irritiert. »Was wollen Sie mit Ihren Händen ?« wollte er wissen.
»Nun, Sie müssen mir doch die Fingerabdrücke abnehmen ?« , sie lachte zynisch, »oder sind Sie Hellseher?«
Der Inspektor war noch immer irritiert. Eher mehr als weniger. »Haben Sie Ihren Reisepass bei sich ?«
»Den habe ich immer bei mir«, sie lachte ihn böse an. »Und wissen Sie warum ?« Sie wartete die Antwort auf die wahrscheinlich nur rhetorisch gemeinte Frage nicht ab. »Damit ich sofort flüchten kann, sobald mir jemand so auf die Nerven geht wie Sie jetzt .«
Das war wohl in seinem Grundtenor eher als Scherz gedacht, wurde von Sandegger aber nicht so verstanden. »Darf ich Ihren Pass einmal sehen ?« , erkundigte er sich mit verwirrender Höflichkeit. Zögernd reichte ihm Verena Markovic das dunkelrot gebundene Papier.
Der Inspektor nahm das amtliche Dokument und steckte es in seine Tasche. »Ich ziehe Ihren Pass vorläufig ein. Sie bekommen im Büro eine entsprechende Bestätigung. Dann können Sie für heute nach Hause gehen .« Er stand jetzt ebenfalls auf. »Aber halten Sie sich zu unserer Verfügung. Wir sind noch nicht fertig miteinander .« Dann verließ er wortlos den Raum.
»Aber wieso, das …«, wollte die Markovic schon protestieren, doch Palinski besänftigte sie mit ruhiger Stimme .« Die Alternative wäre eine vorläufige Festnahme«, er flüsterte fast.
»Ist es so ernst«, flüsterte sie schockiert zurück.
Palinski nickte ernst. »Noch ernster. Suchen Sie sich unbedingt schon einen guten Anwalt. Das Match hat erst begonnen .«
*
Auf dem Weg zur ersten Adresse, die ihm Frau Labuda gegeben hatte, ließ Palinski das Taxi bei einer Blumenboutique anhalten. Nachdem man ihm versichert hatte, innerhalb zweier Stunden auch zu liefern, stellte er einen Strauss aus roten, rosa und gelben Rosen zusammen. Das Mischungsverhältnis von 12 zu 6 zu 3 entsprach exakt dem Code, mit dem er Wilma vor mehr als 24 Jahren seine Liebe mitgeteilt hatte. Er wusste zwar nicht mehr genau die Bedeutung, die er in die jeweilige Anzahl und Farbe hinein gelegt hatte, aber er erinnerte sich genau an rot/rosa/gelb/ 12/6/3. Und er hoffte, nein, war sich sicher, auch Wilma würde sich daran erinnern. Während er vorsorglich auch noch ein Billett mit den Worten: »Ich bin ein Riesenidiot, bitte sprich mit mir« voll kritzelte, blickte ihn die noch sehr junge Floristin an wie einen eben dem Irrsinn anheim gefallenen Weihnachtsmann.
»Da wird sich die Dame aber freuen«, meinte sie fast scheu. »Und Sie sind sicher, dass Sie nicht nur rote Rosen wollen ?«
An der ersten Adresse, einem riesigen hässlichen Altbau am Döblinger Gürtel, wo Werner Labuda eine kleine Studentenwohnung besaß, erfuhr Florian, der heute in Zivil angetreten war und den Palinski wegen des geringeren Altersunterschieds vorgeschickt hatte, dass man den Gesuchten seit zwei Wochen nicht mehr gesehen hatte. Der Hausmeister vermutete, dass »der Werner noch irgendwo Urlaub im Süden macht .«
Unter der zweiten Anschrift fanden Palinski und Florian eine dieser »Schulen« für fernöstliche Kampfsporttechniken. Hier war Werner bestens bekannt, dank seiner hervorragenden Platzierung bei der Kickboxmeisterschaft »the local hero .«
In dieser Situation erwies sich Palinskis alter Presseausweis als überaus hilfreich. Bereitwillig gab man ihm Auskunft auf alle Fragen, alleine der Gesuchte war auch hier nicht anzutreffen.
»Seit er Sandy kennt, hilft er viel in der Asylantenbetreuungsstelle in der Quellenstrasse mit«, gab ihm ein älterer Kämpfer («Ich bin Werners Trainer») einen guten Tipp.
Und wirklich, der Tipp war goldrichtig gewesen. In dem geräumigen Kellerlokal, in dem zahlreiche aus der Bundesbetreuung gefallene oder abgewiesene Asylbewerber verpflegt wurden und einige von ihnen auch die Nacht verbrachten, gab der mit seinen annähernd 2 Metern Körpergröße nicht zu übersehende Werner eben Suppe aus. Heute mit Gemüse und Nudeln als Einlage.
Während Palinski noch rätselte, welche der beiden älteren Frauen wohl Sandy sein mochte und welcher Art ihre Beziehung zu dem Gesucht/Gefundenen wohl sein könnte, betrat ein Bild von einem Schwarzafrikaner den
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