Würstelmassaker
Handkuss tief in die Augen schaute und dabei etwas von »unverschämtem Glück« faselte, das dieser Mario hatte, nahm sich Palinski vor, ein strenges Auge auf die weitere Charmeoffensive dieses Machtmenschen haben zu wollen. Wilma war für diese Art Komplimente durchaus empfänglich.
Während des exzellenten Essens, Mama Maria hatte wirklich wieder einmal alle Register ihres Könnens gezogen, ließ sich der Minister über den aktuellen Stand im »Schlächter«-Fall informieren. Mit leichtem Ärger registrierte Palinski die geschickt zwischen den Zeilen, aber auch direkt platzierten kleinen Komplimente, die Fuscheé in Richtung Wilma auf die Reise schickte. Nach einiger Zeit wurde es ihm zu blöd und er begann, auf die subtilen Signale und die darin versteckte Einladung der Frau Magistra, einer echten Apothekerin zu reagieren.
Der nun einsetzende Monolog Palinskis über das klassische Schönheitsideal und wie erstaunlich die Frau Minister diesem entspräche, wurde wiederum von Wilma fast schon seismografisch registriert. Die ihrerseits mit einem noch glockenhelleren Lachen auf die inzwischen immer müder werdenden Scherze des Innenministers reagierte und dem mit höchstens 1,80 gar nicht so »großen Mann« sogar gestattete, für ein, zwei Sekunden ihre Hand zu berühren.
Keine Ahnung, wie weit sich Palinski und Wilma noch gegenseitig hochgeschaukelt hätten. Aber das infantile, eifersüchtige Verhalten der beiden fand ein abruptes Ende, als plötzlich ein Mann zum Minister trat und ihm etwas ins Ohr flüsterte.
»Danke, Bosmeier«, murmelte der Minister, »ich brauche Sie heute nicht mehr. Meine Frau ist ja mit dem Wagen da .« Er blickte auch die Uhr. »Können wir uns irgendwo unter vier Augen unterhalten, Herr Palinski ?«
Da das Lokal voll war, fiel dem Befragten nur das Besprechungszimmer im Institut ein. »Wenn Sie mir folgen wollen, Herr Minister« forderte er Fuscheé auf und ging voran. Da die Nacht so mild und der Hof vor Palinskis Büro so ruhig war, nahmen die beiden dann allerdings auf »Palinskis Bank« Platz. Jener Bank, auf der er im Mai vorigen Jahres die Leiche Jürgen Lettenbergs gelegen war. Mit der sein kriminalistischer Höhenflug begonnen hatte.
»Im Gegensatz zu allem, was du über deinen Neffen Werner gehört hast oder noch hören wirst«, kam Palinski dann gleich auf den Punkt, »ich halte ihn für einen ganz patenten, sympathischen Burschen mit vernünftigen Ideen. Die einzige Sorge, die ihn plagt, ist, dass sein Vater Landesrat werden könnte .«
Er erläuterte Fuscheé die einzelnen Vorbehalte und der Minister nickte immer wieder dazu.
»Vor allem sorgt sich Werner in dem Zusammenhang um seine Mutter, deine Schwester. Er fürchtet, dass die Ehe, die offenbar ohnehin nicht mehr ganz intakt ist, dann endgültig den Bach hinunter geht. Das würde aber seine Mutter, die diesen Mann aus unerklärlichen Gründen immer noch liebt, sehr treffen .«
Wieder nickte Fuscheé. »Und was schlägt Werner vor ?«
»Entweder du bringst deinen Schwager dazu, von sich aus auf den Landesrat zu verzichten. Oder den Landeshauptmann, Ing. Labuda einfach nicht zu nominieren«, stellte Palinski fest. »In den Landtag gewählt kann er ruhig werden, das stört Werner nicht. Aber in der Landesregierung will er ihn nicht sehen .«
Der Minister überlegte nicht lange. »Ich bin ohnehin nicht begeistert von diesem Vorschlag meiner Parteifreunde in Niederösterreich. Also das sollte sich machen lassen. Falls es mir nicht gelingt, was hat Werner denn in petto ?«
»Ein unschönes Video über das praktizierte Umweltbewusstsein seines Vaters«, das mit dem Video war gemogelt. »Und dann noch etwas, was eurer ländlichen, überwiegend katholischen Klientel nicht gefallen würde. Er würde sich mit Sandy den Medien stellen .«
Der Minister verstand nicht. »Na, so schlimm kann seine Freundin doch nicht sein. Oder ist sie gar praktizierende Kommunistin ?« Er lachte dieses besonders selbstgefällige Lachen, das es Palinski so schwer machte, den Mann wirklich zu mögen.
»Sandy ist ein äußerst fescher, gebildeter Bursche aus Nigeria. Hat genau die richtige Hautfarbe für deine Partei .« Wie Palinski vermutet hatte, war das Lächeln mit einem Schlag aus dem Gesicht Fuscheés verschwunden. Nach einer Schrecksekunde flüsterte er »Und die beiden sind … ?«
»Und wie«, Palinski genoss die Situation. »Ich weiß, dir als toleranten, aufgeklärten Menschen ist das völlig egal. Aber den Wählern?«
Der
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